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Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)

Extrem: Die Macht des Willens (German Edition)

Titel: Extrem: Die Macht des Willens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Bücher
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konkrete Vorbereitung aus? Ich nahm mein Lauftagebuch zur Hand und überprüfte mein Training für diesen Wettkampf. Ich hatte ohne Frage ein großes Pensum an langen Läufen, als auch an Einheiten am Berg, absolviert. Im Wesentlichen hatte ich aber nicht viel anders trainiert als für Läufe mit ähnlichem Profil. Mit einer Ausnahme: Exakt eine Woche vor dem Swiss Jura Marathon lief ich noch den Fidelitas Nachtlauf in Karlsruhe, einen Ultramarathon um Karlsruhe und durch Teile des Schwarzwaldes über insgesamt achtzig Kilometer. Diesen lief ich zwar sehr verhalten in 10 Stunden und 12 Minuten, doch für meine Regeneration bis zum Wettkampf in der Schweiz war dieser „Trainingslauf“ sicherlich nicht optimal. Der zweite Schritt nach dem Abbruch beim Swiss Jura Marathon beinhaltete, dass ich meine Fehler analysierte. Was habe ich falsch gemacht? Woran lag es? Was kann ich beim nächsten Mal besser machen? Durch das Eingeständnis der eigenen Fehler eröffnete ich mir die Möglichkeit, mich weiterzuentwickeln, wenn ich aus diesem Fehler lernte und ihn nicht noch einmal mache.
    Wir sprechen die ganze Zeit über Fehler. Sind für Sie Fehler eigentlich etwas Negatives? Betrachten Sie ein Scheitern immer als Misserfolg? Ein riesengroßes Problem in unserer Gesellschaft ist die Fehlerkultur und unser Umgang mit Fehlern. Wir dürfen doch alle keine Fehler machen. Fehler sind schlecht, negativ, kontraproduktiv, ineffizient, nicht wirtschaftlich und so weiter. Durch Fehler entwickeln wir uns aber weiter. Fehler zu machen, ist in meinen Augen klug, doch den gleichen Fehler zweimal zu machen, ist dumm. Durch den Swiss Jura Marathon lernte ich, mich und meine Leistungsfähigkeit besser einzuschätzen. Ich habe seit diesem Rennen keinen langen Trainingslauf ein paar Tage vor einem wichtigen Wettkampf mehr absolviert.
    So schmerzhaft die Rennabbrüche beim Jungle Marathon und beim Swiss Jura Marathon auch waren, betrachte ich sie heute doch als wichtige Lernerfahrung. Heute kann ich sagen, dass ich durch das Scheitern viel mehr profitiert habe, als wenn ich ins Ziel gekommen wäre. Ich habe beispielsweise gelernt, Verantwortung für mich, meine Handlungen, meine Fehler und mein gesamtes Leben zu übernehmen. Ich habe auch gelernt, dass man durch Niederlagen seine Erfolge wieder aufwertet und sie mit ganz anderen Augen sieht. Man nimmt seine Siege wieder ganz anders wahr: viel bewusster, viel intensiver. Ein Rückschlag schärft erneut die Sinne für zukünftige Erfolge. Ein Scheitern stellt auch sicher, dass man nie abhebt und immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird. Und das ist gut so, denn es gibt nichts Schlimmeres als überhebliche und erfolgsgeile Menschen. Das Scheitern zeigte mir deutlich, dass ich ein ganz normaler Mensch bin wie Sie auch. Ich bin kein Übermensch und keine Maschine. Nobody is perfect. Scheitern ist einfach menschlich und bildet einen wichtigen Teil unseres Lebens.

Nur der lange Atem führt zum Ziel
    Was für ein Genuss, hier sein zu dürfen. Die mediterrane Luft kribbelt in meiner Nase und erzeugt ein Wohlbefinden. Es ist der 27. Oktober 2002. Ich befinde mich in Stra, einer kleinen Ortschaft in der Nähe von Venedig. In fünf Minuten geht für mich der Lauf der Läufe los: der Venedig Marathon. Dieser stellt für mich keinen gewöhnlichen Marathon dar, denn bei diesem Rennen will ich meine persönliche Marathonbestzeit laufen: unter drei Stunden. 2 Stunden, 59 Minuten und 59 Sekunden! Das ist mein großes Ziel. Drei Stunden, eine der magischen Grenzen im Marathonlauf, zu unterbieten! Bei diesem Gedanken steigt ein leichtes Kribbeln in mir auf, zunächst ganz sanft in meinen Beinen und dann wird es immer intensiver und wandert in meine Magengegend. Meine Anspannung steigt, mir wird langsam warm und mein Puls rast. Hier im Läuferpulk kann man die Vorfreude, aber auch den Druck in den einzelnen Gesichtern ablesen. Die kühle Morgenluft weicht der konzentrierten Energie, die hier auf engstem Raum versammelt ist. Seit Monaten träume ich jede Nacht von meinem Ziel „Marathon unter drei Stunden“. Ich habe mir meine Zielzeit ganz groß auf meine Pinnwand in meinem Zimmer geschrieben: 2:59:59! Diese Zahl findet man auch auf meinen Laufschuhen. Ich denke an nichts anderes mehr. Ich will es unbedingt erreichen und habe noch nie so hart für einen Lauf trainiert wie für diesen Marathon. Körperlich absolvierte ich lange Dauerläufe, Intervalleinheiten, Läufe in meinem Marathontempo

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