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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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bekommen haben.«
    »Steckte Kapitän Syrjanow dahinter?«
    »Mit Sicherheit nicht. Der hat nur Befehle ausgeführt.«
    »Von wem hatte der Kapitän die Anweisung, Dschidda anzulaufen?«
    »Das wissen wir nicht«, gab Rukcza zu. »Und den unwissenden Kapitän zu befragen schien uns zu gewagt. Niemand hatte geglaubt, dass Sie so weit vordringen würden. Uns ist angst und bange geworden, als wir Ihre Ermittlungsschritte verfolgten. Nachdem Sie so forsch in Garoowe aufgetreten waren, hat sich Minister Shiikh mit Berlin in Verbindung gesetzt.«
    »Mit Ihnen?«, unterbrach Lüder.
    »Mit Berlin «, antwortete der Staatsminister betont. »Es herrschte allgemeine Ratlosigkeit. Ich wollte Sie aus dem Verkehr ziehen. Das hat leider nicht geklappt.«
    »Dafür haben Sie mich entführen lassen.«
    »Um Gottes willen. Nein! Ich war schockiert, als ich davon hörte.«
    »Wer steckte dann dahinter?«
    »Das weiß ich nicht. Es entzieht sich meiner Kenntnis. Aber ich verurteile jede Art von Gewalt, insbesondere wenn sie in so infamer Weise wie Ihnen gegenüber ausgeübt wird.«
    »Und den anderen Geiseln«, erinnerte Lüder Rukcza.
    »Natürlich.«
    Überzeugend klang es nicht.
    Lüder widerte das Ganze an. Niemand hatte in Berlin einen Gedanken daran verschwendet, was die Besatzung in Hafun hatte erdulden müssen. Vor Lüders geistigem Auge tauchte das dunkle Verlies auf, die stickige Luft, der ekelerregende Gestank, die Ungewissheit und schließlich der tote Matrose. Vermutlich hatte man es sich anders vorgestellt, hatte geglaubt, die Piraten würden das Schiff vorübergehend an der Weiterfahrt hindern. Niemand konnte sich in die Mentalität der Somalier hineindenken, wusste, wie man dort die Situation gestalten würde.
    »Denken Sie an das Wohl der Bundesrepublik«, mahnte ihn der Staatsminister zum Abschied, »was immer Sie auch weiter beabsichtigen. Ich appelliere an Ihr Verantwortungsbewusstsein.«
    Und wer von euch hat an das Wohl der Menschen gedacht?, überlegte Lüder voll Bitternis. Sylvester Graupenschlager vom Wirtschaftsministerium hatte eher das Wohl der Rüstungsindustrie in seinem bayerischen Wahlkreis im Auge.
    War er Abu Talha – der Deutsche? Oder hatte ihm Rukcza geschickt etwas vorgespielt? Ungeklärt war auch noch, wer die Söldner beauftragt hatte, die Lüder und die Geiseln ermorden sollten. War es denkbar, dass deutsche Spitzenpolitiker so weit gingen? Wer hatte dem Kapitän die Weisung erteilt, Dschidda anzulaufen?
    Vielleicht fand sich bei der GAEL in Flensburg eine Spur. Auf der Fahrt in die ehemalige Rumstadt telefonierte Lüder mit Hauptkommissar Herdejürgens von der Flensburger Kripo.
    »Alle Hinweise deuten auf ein Motiv hin, das im beruflichen Umfeld des Opfers zu suchen ist«, erklärte der Leiter des K1. »Aber einen konkreten Tatverdächtigen haben wir noch nicht.«
    »Das ist eine vertrackte Sache«, tröstete ihn Lüder. »Dazu fehlen Ihnen wichtige Informationen, die Sie an der Förde nicht finden können.«
    »Dann lassen Sie mich an Ihrem Herrschaftswissen teilhaben.«
    »Sie werden von mir alle erforderlichen Informationen erhalten. Ich muss nur noch ein paar Dinge klären.«
    Herdejürgens seufzte. »Warum muss das LKA es immer so spannend machen?«
    »Ich kann Ihnen versichern, dass Sie und Ihre Leute hervorragende Arbeit geleistet haben«, sagte Lüder.
    In den Nachrichten wurde nichts zur Freigabe der »Holstenexpress« berichtet. Die Nachricht war einen Tag alt. Lüder erinnerte sich an die Sprüche von Frederik Beck vom NDR . »Nur wer die Nachricht als Erster bringt, ist the winner . Nachplappern zählt nicht.« Selbst im Boulevardblatt seines Intimfeindes Leif Stefan Dittert gab es nur eine kleine Randnotiz, dass das Schiff sich nicht mehr in der Hand der Piraten befand.
    Wieder einmal bewunderte Lüder den Charme des alten Gebäudes am Flensburger Hafendamm, wenn es auch schwierig war, an der vierspurigen Straße einen Parkplatz zu finden. Gegenüber befanden sich Parkmöglichkeiten, die nach dem Passieren einer Schranke genutzt werden konnten. Doch wer dort sein Auto abstellte, musste aus einer vermögenden Familie stammen. Die einheimischen Piraten kaperten keine Schiffe mehr, sondern plünderten Autofahrer aus.
    Lüder klingelte an der Tür und wurde von einer freundlichen älteren Frau empfangen.
    »Ich möchte zu Herrn Jessen«, sagte er.
    »Nils oder Ole?«
    Wer war in Berlin gewesen?, überlegte Lüder.
    »Nils.«
    »Der ist vor wenigen Minuten weggefahren.«
    »Und der

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