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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Ich die Konsequenzen, na schön. Aber du bist mit deiner Blödheit und mit deiner Borniertheit noch viel mehr beladen.«
    Jetzt fiel Kalynytschenko in seine Muttersprache. Auch wenn Lüder es nicht verstand, so erkannte er doch, dass es nicht schmeichelhaft gemeint war. Dieser Meinung musste auch Kapitän Syrjanow gewesen sein, denn nach dessen harscher Zurechtweisung schwieg der Erste Offizier.
    Danach sammelte Syrjanow Teile der Mannschaft um sich und erklärte ihnen seine Entscheidung zur Beerdigung Bayanis. Soweit Lüder es mithören konnte, sollte der Tote hier in Hafun beigesetzt werden. Der Kapitän bedauerte, dass es keine würdigere Methode gäbe, aber zum Schutz der Lebenden und zur Vorbeugung der Seuchengefahr sehe er keine andere Möglichkeit.
    Den Landsleuten des Toten war anzumerken, dass sie nicht glücklich über diese Entscheidung waren, sich aber der Notwendigkeit beugten. Einer der Philippiner stimmte ein Gebet an, und andere fielen ein. Der Rest schwieg. Lüder beobachtete Hans-Günter Schöster, der noch immer den Kopf gesenkt und die Hände auf den Oberschenkeln abgelegt hatte. Wang Li hatte ebenso wie Hein Piepstengel die Finger ineinander verschränkt. Lüder glaubte, auf den Lippen Piepstengels kaum merklich zu erkennen, dass der Maschinist das Vaterunser mitsprach.
    In das undeutliche Gemurmel der Männer mischte sich ein kaum vernehmbares »Flapp-flapp«. Nicht nur Lüder schien es bemerkt zu haben. Er sah, wie andere den Kopf in die Höhe streckten. Auch die Betenden hatten es vernommen, und ihr monotones Gemurmel wurde asynchron. Die Geräusche wurden immer lauter und näherten sich rasch. Innerhalb kürzester Zeit schwollen sie zu einem lauten Knattern an.
    »Hubschrauber«, rief der Erste. Andere wiederholten es.
    »Die holen uns raus!« Piepstengel gab sich keine Mühe, seine Freude zu unterdrücken. Gleich mehrere drängten an das Fenster, um Ausschau zu halten.
    Lüder war nicht wohl in seiner Haut. Wenn es sich um einen weiteren Versuch der Söldner handelte, deren erster Angriff fehlgeschlagen war? Die verfügten heute über modernste Kampfmittel. Eine auf ihr armseliges Gefängnis abgefeuerte Rakete würde keine der Geiseln überleben. Trotzdem schob Lüder die Männer zur Seite und verschaffte sich einen Platz am Ausguck. Die anderen murrten, leisteten aber keinen Widerstand.
    In diesem Moment tauchte der Hubschrauber auf. Im Tiefflug überquerte er das Areal. Die graue Maschine mit der bulligen Schnauze, die an die Motorhauben alter Lkws erinnerte, kreuzte über das Gelände, drehte unsichtbar für die Gefangenen hinter der fensterlosen Rückwand des Gefängnisses, kehrte zurück und schwebte über dem Innenhof.
    Lüder hatte sich schon beim Anflug des Hubschraubers blitzschnell das Hemd ausgezogen und schwenkte es jetzt, indem er seinen Arm durch das Fensterloch streckte. Nie zuvor hatte er sich so über das Erscheinen des stilisierten schwarzen Tatzenkreuzes auf weißem Grund gefreut, das die Bundeswehr als Hoheitsabzeichen auf ihren Einheiten führt.
    »Die Deutsche Marine«, sagte er laut auf Englisch. Seine weiteren Erklärungen gingen in einem Freudengeschrei unter.
    Aus dem Seitenfenster des Hubschraubers erschien eine Hand. Deutlich war der nach oben gestreckte Daumen zu erkennen.
    Man hatte sie gefunden!
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Lüder, wie in der halb zerstörten Ruine ihrer Bewacher die Läufe von Schnellfeuergewehren auftauchten und eine Serie auf den Hubschrauber abgegeben wurde. Die Männer schossen schlecht und verfehlten das Ziel, während der Pilot des Westland Sea Lynx seine Maschine ein wenig nach vorn abkippte und mit dem Bordmaschinengewehr eine Garbe vor der Hütte streichen ließ. Das reichte, um die Piraten zu beeindrucken, sodass sie sich in die Deckung zurückzogen.
    In das laute »Flapp-flapp« der Rotoren mischte sich das Geräusch eines zweiten Hubschraubers, der jetzt sichtbar über der Stadt kreuzte und Nebelgranaten warf. Trotz des Lärms, den die beiden Maschinen verursachten, konnte Lüder keinen Schusswechsel vernehmen. Die Bordhubschrauber der Marine schienen ihre Bewacher ebenso zu ängstigen wie die anderen Piraten, die sich im Ort verschanzt hatten.
    Die ganze Aktion dauerte jetzt schon zehn Minuten, ohne dass es eine Gegenwehr gab. Dann tauchten Soldaten in Kampfanzügen und Stahlhelmen im zerstörten Tor auf. Während Piraten und Guerillakämpfer ihre Waffen oft mit ausgestreckten Armen hielten und damit zum Glück weniger Kontrolle

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