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Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition)

Titel: Falkenschwur: Die Fortsetzung des Bestsellers »Pestsiegel« (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ransley
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habe geantwortet. Ich habe bei der Börse gewartet. Zweimal.«
    »Beim ersten Mal fürchtete ich eine Falle. Ich musste Euch überprüfen.«
    »Und beim zweiten Mal?
    Er spielte mit seinem Glas. »Als Ihr auftauchtet, wusste ich nicht, was ich hätte sagen sollen. Wusste nicht mehr, was zum Teufel ich dort eigentlich zu suchen hatte. Ich folgte Euch. Ich war neugierig, schätze ich, das ist alles. Neugierig.«
    Er wollte sein Glas ergreifen, machte indes eine Miene, als sei der Wein sauer geworden. Zum ersten Mal blickte er mir in die Augen.
    »Ich sah Euer Gesicht, als Ihr mit leeren Händen von Eurem Schneider kamt. Wie oft habe ich das durchgemacht, wenn mein Geizhals von Vater mir mein Taschengeld gekürzt hat!« Er schlug sich auf die Schenkel und lachte, bis ihm die Tränen kamen. »In dem Moment wäre ich beinahe an Euch herangetreten.«
    Er hatte an derselben Stelle auf dem Teppich gestanden. Hatte dieselben Schimpftiraden über sich ergehen lassen, dasselbe geknurrte Lob, das nur zerschlagene Hoffnungen und noch grimmigere Schuldzuweisungen nach sich zog. Allmählich wurde es immer schwerer, nicht mit ihm gemeinsam das Gesicht zu verziehen, zu lachen und sich mit ihm anzufreunden. Ich trank mehrere Gläser Wein, während er nichts mehr anrührte.
    »Wenn er das Siegel zur Hand nimmt, duckt Ihr Euch dann?«
    »Niemals.«
    Er nickte zustimmend. »Ein Zeichen der Schwäche.«
    Er wischte sich über die Augen. »Ich folgte Euch zu Eurem Haus.« Ich versteifte mich. Er schüttelte den Kopf. »Ziemlich schäbig. Ein Kaufmann würde besser für seine armen Verwandten sorgen.« Er missbilligte die Entscheidung seines Vaters, aber zugleich zeigte er eine gewisse Befriedigung, weil ich in so bescheidenen Verhältnissen lebte. »Nicht einmal ein Stallbursche. Euer Sohn hielt mich für den neuen.«
    Ich wurde sehr still, schob mein Glas von mir weg und umklammerte die Tischkante, um mich zu beherrschen, während er fortfuhr.
    »Er hat sich verplappert. Der Bursche ist nicht auf den Kopf gefallen. Sitzt gut auf dem Pferd. Konnte glänzend …«
    Er sah meinen Gesichtsausdruck. Nur mit Mühe hielt ich meine Stimme gesenkt. »Rührt meinen Sohn noch einmal an, und ich lasse Euch in den Tower werfen, was immer dann auch mit mir geschehen wird. Ich sollte es ohnehin tun. Ich bin ein Narr, mich hier mit Euch zu unterhalten.«
    »Kein größerer Narr als ich.« Sein Ton war ebenso grob, wie er einen Moment zuvor noch umgänglich gewesen war. »Angeblich seid Ihr doch so scharfsinnig, aber Ihr merkt nichts.«
    »Ich merke, wenn jemand mich ausspioniert.«
    »Ausspionieren? Der Junge ist mein Enkel. Glaubt Ihr, ich würde ihm etwas antun?«
    Dass er mir das so offen ins Gesicht zu sagen wagte, raubte mir den Atem. »Ihr habt versucht, mich zu töten.«
    »Das war etwas anderes.«
    »Inwiefern?«
    »Ich weiß nicht. Einfach anders. Ich war jung. Dachte, ich wüsste alles. Jetzt denke ich, dass ich nichts weiß, außer, dass der König eines Tages das zurückerhalten muss, was ihm zusteht. Das ist alles, was zählt. Alles, woran ich mich festhalte. Ihr seid wie dieser verdammte Priester. Treibt mich wie einen Fuchs in die Ecke.« In seiner Stimme lag ein neuer, bitterer Unterton. »Also gut. Ich verstehe, warum Ihr glaubt, ich würde Eurem Sohn etwas antun. Aber ich wäre ein verfluchter Narr, wenn ich es täte. Ich weiß, dass mein Vater glaubt, die Sonne würde aus seinem verdammten kleinen Arsch scheinen.«
    Er verstand es, die Dinge so auszusprechen, dass sie beruhigend und verstörend zugleich wirkten. »Weiß Lord Stonehouse, dass Ihr hier seid?«
    »Nein! Um Gottes willen, erzählt es ihm bloß nicht! Er hat alles riskiert, um mich damals außer Landes zu schaffen. Ich will nicht, dass der alte Arsch noch mehr Ärger bekommt.«
    Trotz ihrer stürmischen Beziehung und ihrer radikal gegensätzlichen Ansichten schien Richard sich aufrichtig um seinen Vater zu sorgen. Wie die Adlernase der Stonehouse, schien sich auch etwas von dieser Uneindeutigkeit der Gefühle auf die Beziehung zwischen Richard und mich übertragen zu haben. Über den Tisch hinweg belauerten wir einander, wie zwei Kämpfer, die keine Kraft mehr hatten, zu einem Schlag auszuholen, aber zu misstrauisch waren, um einander den Rücken zu kehren. Vorausgesetzt, er war kein ausgezeichneter Schauspieler, kam mir die Mühe, die er auf das Schreiben des Briefes verwandt hatte, aufrichtig vor. Ich konnte ihn nicht zurückweisen. Ich konnte es nicht. Zudem hatte er

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