Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
Dutzend Priester in dunklen fließenden Gewändern.
»Gezeiten«, murmelte Arryl, als sie sie sah. »Damit hätte ich rechnen sollen.«
»Wer sind die?«, fragte Declan.
»Kleriker. Von der Kirche des Fürsten der Askese.«
Dank Azquils und Tijis Warnung warteten sie bereits am Kai, als die Schiffe eintrafen. Die drei Unsterblichen standen am Ende der Mole, als das Mutterschiff“ Leinen auswarf, die die Amphiden eiligst aus dem Wasser zogen und an den Pollern vertäuten. Die übrigen Schiffe blieben in Reservestellung, um den Ausgang der Verhandlungen abzuwarten, bevor sie einliefen.
»Das sind die Priester von Jaxyns Sekte?« Auch wenn Declan von der Kirche des Fürsten der Askese wusste und einige ihrer Mitglieder, die durch Glaeba gezogen waren, unschwer hätte identifizieren können, waren sie doch ein geheimnistuerischer Haufen. Fast so verschwiegen wie die geheime Bruderschaft. Tatsächlich hatte er bisher noch nie einen ihrer Priester getroffen.
»Sie wären ein großer Witz, wenn sie es nicht so verdammt ernst meinen würden«, berichtete ihm Cayal, während sie zusahen, wie die Landungsbrücke auf den Kai krachte. »Sie sind bekannt dafür, dass sie Ehebrecherinnen steinigen lassen und Sektenmitglieder, die ihre Lehre in Zweifel ziehen, grausam bestrafen. Sie glauben, jeder Sex, der nicht dem Zweck der Fortpflanzung dient, ist Sünde – dabei können sich die Männer so viele Sklavinnen ins Bett holen, wie sie wollen, weil das ja nicht wirklich Menschen sind. Sich sinnlos zu betrinken ist streng verboten, und auch sonst ist eigentlich alles verboten, was Spaß macht.«
Declan schmunzelte über die Ironie des Schicksals. »Offenkundig sind sie wirklich niemals dem leibhaftigen Fürsten der Askese begegnet.«
»Ich glaube kaum, dass sie das wollen«, sagte Arryl. »Sie beten ihre Vorstellung von ihm an, nicht den, der er wirklich ist.« Dann erspähte sie zwei an den Mast gefesselte nackte Frauen, und Declan spürte, wie die Gezeiten um sie zornig aufwallten. »Da sind Ambria und Medwen. Diese Schurken.«
Declan betrachtete die Frauen neugierig, etwas überrascht, wie jung Medwen aussah. Ambria mochte etwa Mitte dreißig sein, doch die dunkle Medwen sah wie ein Mädchen aus. Allerdings wirkte keine der beiden Frauen sonderlich beeindruckt von ihrer misslichen Lage. Ambria schien leicht verärgert, Medwen eher gelangweilt.
Wie oft haben sie sich wohl schon in ähnlicher Lage befunden?, fragte er sich. Wie oft in der Vergangenheit sind sie als Hexen aus der Stadt gejagt worden, gefoltert, weil sie nicht alterten …
Gezeiten, wie oft muss man wohl nackt an einen Pfahl gefesselt und johlend umtanzt, erniedrigt und geschmäht werden, bis einen so etwas nur noch langweilt?
Als die Landungsbrücke befestigt war, verließen die Priester im Gänsemarsch das Schiff. Sie stellten sich den Unsterblichen gegenüber auf der Mole auf. Unterdessen lösten zwei weitere Kleriker die Fesseln der beiden unsterblichen Frauen, schleiften sie die Landungsbrücke hinab und zwangen sie zum Niederknien vor den Priestern. Ulag Pardura und die anderen blieben an Bord, offensichtlich zufrieden, ihre Kleriker mit diesen anmaßenden Unsterblichen verhandeln zu lassen. Als Letzter verließ ein Mann mit langer schwarzer Robe und einem großen Spitzhut das Schiff. Er trug einen prachtvoll mit Juwelen besetzten Stab, der in Declans Augen nicht gar so sehr nach Askese aussah.
Der Hohepriester trat vor und zeigte auf die nackten Unsterblichen. »Die Ausgeburt des Bösen ist über uns gekommen!«
»Die Ausgeburt des Bösen ist über uns gekommen!«, wiederholte die Reihe der Kleriker hinter ihm in eintönigem Singsang.
»Wir verfluchen diese üblen Wesen!«
Wieder echoten die Kleriker seine Worte im gleichen öden Genäsel.
»Sie vergeuden keine Zeit mit Höflichkeiten, wie ich sehe«, bemerkte Arryl.
»Mit dem Bösen verhandelt man nicht«, sagte Cayal. »Erste Regel aus dem Handbuch des religiösen Eiferers, Arryl. Sich mit einem Dämon auf ein Gespräch einzulassen bedeutet nur, ihm Gelegenheit zur Täuschung und Verführung zugeben. Das solltest du doch wissen.«
»Wir rufen die Macht des Allmächtigen an, den mächtigen Jaxyn, den Fürsten der Askese, uns Kraft zu geben!« Der Hohepriester übertönte sie mit seinem Singsang und gab sich sichtlich Mühe, keinem der vor ihm stehenden Unsterblichen ins Gesicht zu bücken.
»Wir verfluchen diese üblen Wesen!«, wiederholt pflichtschuldig der Chor.
»Wir rufen die Kraft
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