Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 4 - Der Kristall des Chaos
steht unter Hausarrest, Arkady«, erinnerte er sie. »Ohne meine Erlaubnis geht Ihr nicht mal pissen. Also, wenn Ihr Euren Vater sehen wollt, müsst Ihr mich gefälligst nett darum bitten.«
Arkady gestattete sich ein stummes Stoßgebet, auch wenn sie wusste, dass niemand sie erhören würde. Gezeiten, Declan -wenn du da unten in jelidien wirklich rauskriegst, wie man einen Unsterblichen killt, kannst du dann bitte Jaxyn ganz oben auf die Liste setzen? Aber sie sagte nichts dergleichen, denn ihr war völlig klar, dass Jaxyn nur nach einem Vorwand suchte, um sie zu traktieren und zu demütigen.
»Dürfte ich bitte gehen und nach meinem Vater sehen, Euer Gnaden?«, knurrte sie mit zusammengebissenen Zähnen. In Wahrheit machte dieser Befehl Arkady weit weniger aus, als sie vorgab. Schließlich war das nur ein Spiel mit Worten, und es gab viel gefährlichere Spiele, die man mit Jaxyn Aranville spielen konnte. Aber er sollte ruhig annehmen, dass es sie wurmte, ihn um Erlaubnis bitten zu müssen. Er sollte sicher sein, dass es sie insgeheim wahnsinnig machte, ihm so ausgeliefert zu sein. Denn dann beschränkte er vielleicht – zumindest für eine Weile – seine Schikanen auf so relativ simple und harmlose Spielchen wie dieses. Das Wohlbefinden, wenn nicht gar das Leben ihres Vaters mochte davon abhängen, dass sie Jaxyn im Glauben ließ, er könne sie mit Worten peinigen, sodass er es nicht nötig fand, härtere Mittel anzuwenden, um sein Ziel zu erreichen.
»Gut, Ihr dürft«, sagte Jaxyn nach einer extra langen Spannungspause, in der er tat, als müsse er ihre Bitte durchdenken.
»Danke, Euer Gnaden«, sagte Arkady und verbeugte sich mit offenkundigem Widerstreben. Dann eilte sie durch den Raum und blieb vor Lyna stehen. »Dürfte ich mir für den Weg Euren Leuchter borgen, Mylady?«
Lyna reichte ihr den silbernen Kerzenhalter und trat von der Tür weg. »Er ist oben. Dritte Tür links.«
»Ich kenne den Weg, Mylady.«
»Ach, natürlich.« Lyna lächelte breit. Doch bevor die Unsterbliche noch etwas hinzufügen konnte, trat Arkady in den Flur und schlug ihr die Tür vor der Nase zu.
Arkady holte einmal tief Luft, verbannte Jaxyn Aranville und seine elende Verlobte aus ihren Gedanken und eilte die Halle hinunter auf die Haupttreppe zu, immer noch beunruhigt von der rätselhaften Botschaft ihres Vaters. Was genau hatte er damit gemeint, dass sie sich keine Sorgen mehr über die Zukunft zu machen brauchte? Und die Aussage, dass er sich zur Abwechslung als Vater erweisen und seine Pflicht tun wolle, war genauso kryptisch.
Was bildet er sich nur ein? Was denkt er denn, was er tun kann? Jaxyn zum Duell fordern?
Obwohl sie während ihrer gemeinsamen Kerkerhaft viel Zeit mit dem Versuch verbracht hatte, ihm die Unsterblichen zu erklären, wusste sie, dass ihr Vater ihr nicht glaubte. Was sie ihm nicht einmal verdenken konnte. Dass Gezeitenmagie und Unsterblichkeit wirklich existierten, war ein harter Brocken und für einen Mann der Wissenschaften nicht leicht zu schlucken.
Gezeiten, Cayal musste sich erst ein paar Finger abhacken, ehe ich ihm geglaubt habe.
Die Wachtposten an der Tür zum Gemach ihres Vaters ließen sie anstandslos durch. Offenbar hatte Lyna die Feliden nicht instruiert, den Kontakt zwischen ihnen zu verhindern. Die getigerte Kampfkatze rechts von der Tür zog aus dem Beutel an ihrem Gürtel einen Schlüssel und öffnete, dann trat sie beiseite, um Arkady einzulassen. Das Zimmer war dunkel und kalt, nur erleuchtet vom schwachen Schein der Glut im Kamin, der rechter Hand in die Mauer eingelassen war. Die schweren Brokatvorhänge des Himmelbetts an der rückwärtigen Wand waren gegen die Kälte zugezogen.
»Papa? Schläfst du?«
Keine Antwort. Arkady musste über sich selbst lächeln. Gab es eine lächerlichere Frage, als sich bei einem Schlafenden zu erkundigen, ob er schlief?
»Papa?«
Sie ging zum Bett und stellte den Leuchter auf den Nachttisch. Wenn ihr Vater wirklich schlief, wollte sie ihn jetzt nicht stören. Die paar Tage seit Jaxyns erstem Besuch im Kerker waren anstrengend gewesen, und er war sehr unglücklich mit dem Handel, den sie eingegangen war, um ihre Kerkerzelle gegen Hausarrest im Palast von Lebec einzutauschen.
Teil des Problems war, dass ihr Vater nicht verstehen konnte, warum Jaxyn Interesse am Aufenthaltsort dieser imaginären Gezeitenfürsten haben sollte – auch wenn Arkady ihm dutzendfach versichert hatte, dass Jaxyn selbst einer von ihnen war –, und somit ergab
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