Farben der Liebe
Er ist noch nicht richtig wach und will es eigentlich auch nicht werden. Der Traum war so schön. Starke Arme hatten ihn umfangen, und das wohlige, kuschlige Gefühl hätte er gerne noch festgehalten.
„Wie geht es deinen klapprigen, morschen Knochen? Bist du wieder fit? Lust, nachher ins Checkers zu gehen? Ich muss mal wieder unters Volk und wer weiß, vielleicht ist mir das Glück ja hold.“
„Blödmann. Ich bin jedenfalls fitter als du alter Sack. Okay, bin dabei. Ich brauche definitiv Entspannung.“ Sein lüsternes Lachen lässt keine Fragen offen.
„Du geiler Bock, aber so mag ich dich. Treffen wir uns um Neun vor dem Club?“
„Japp, alles klar. Bis nachher.“
Heiko kriecht unter die Decke, doch an eine weitere Runde Schlaf ist nicht zu denken. Die Gedanken kreisen wie in einem Hamsterrad. Dieser verfluchte Arzt geht ihm nicht aus dem Kopf. Mann wie armselig. Heute Abend wird er sich einen anständigen Fick suchen. Wann hat er das letzte Mal einen weggesteckt? Er erinnert sich nicht daran. Die emotionslose Rammelei ist seit Langem nicht mehr sein Ding. So rattig, wie er momentan ist, kann er Uli morgen jedoch nicht gegenübertreten.
Grummelnd krabbelt er aus dem Bett. Erst eine kalte Dusche und dann Essen fassen. Sein Magen grollt bereits bösartig. Die Wohnung braucht dringend eine Grundreinigung. Aufräumen ist ebenfalls bitter nötig. Irgendwie wird es ihm gelingen die Zeit totzuschlagen, ohne ständig die braunen Augen im Kopf zu haben.
Pünktlich erscheint er vor dem Club. Peter wartet bereits.
„Wow, mein Alter. Was hast du vor? Ich sabbere gleich, wenn ich dich weiter anschaue.“
Heiko trägt eine verboten tief sitzende, schmale, seitlich geschnürte Lederhose. Ein enges Muskelshirt bringt die kräftigen Oberarme gut zur Geltung und betont die geile Figur. Die Fleecejacke hat er sich für den späteren Heimweg um die Schultern gelegt. In weichen, glänzenden Wellen fällt ihm das offene Haar über den Rücken.
„Mach dir keine Hoffnungen, du bist nicht mein Typ.“ Es ist stets das gleiche Spiel zwischen ihnen.
Peter ist ein guter Freund, mehr nicht. Obwohl Heiko weiß, dass dieser keinesfalls abgeneigt ist, sein Bett zu wärmen. Klein, blond und blaue Augen - definitiv nicht sein Beuteschema. Außerdem hat Peter Speck angesetzt, zu viel Bier und Fast Food. Darauf kann er erst recht nicht. Wie oft hat Heiko den Kumpel bisher zurechtgestutzt, allerdings ist der auf diesem Ohr absolut taub.
„Let’s rock. Ich werde neidisch neben dir stehen und die Reste einsammeln, die du mir übrig lässt.“
„Spinner.“ Heiko stupst dem Freund liebevoll den Ellenbogen in die Seite.
Gemeinsam stürzen sie sich ins Gewühl. Im Prinzip meidet Heiko diese Clubs schon lange. Die Schwulenszene unterliegt einem frenetischen Jugendwahn. Ab Vierzig zählt man heute zum alten Eisen, wird von den knackigen, jungen Typen übersehen oder mit abwertenden Blicken betrachtet. Im Checkers hat man manchmal Glück. Hierher verirrt sich hin und wieder auch älteres Publikum, besonders an Themenabenden, wenn die Musik der entsprechenden Jahrgänge gespielt wird.
Heute ist nur grünes Gemüse anwesend. Darauf hat Heiko absolut keinen Bock. Angepisst bestellt er Wodka Cola. Er greift selten zu Alkohol, doch jetzt will er den Frust ertränken.
Peter wirft ihm einen unglücklichen Blick zu, zuckt mit den Schultern und sagt: „Kein guter Tag. Sollen wir abhauen, uns eine nette Kneipe suchen?“
„Nein. Ich werde mir jetzt die Kante geben und nachher einsam und allein in mein Bett fallen.“
Heiko wendet dem bunten Treiben den Rücken zu und bedeutet dem Barkeeper durch Handzeichen, sein Glas erneut zu füllen. Dieser Arsch kommt der Aufforderung mit geringschätzigem Grinsen nach. Blöder Wichser! Komm du in mein Alter, dann will ich sehen, wie beschissen du dich dabei fühlst.
War er früher auch so? Hat er ältere Menschen als minderwertig betrachtet? Heiko kann sich nicht erinnern, je einem reiferen Mann kaltschnäuzig und brutal eine Abfuhr erteilt zu haben. Klar, er hat nicht wahllos alles genagelt, was ihm vor die Flinte kam. Das Baujahr eines Sexpartners war jedenfalls absolute Nebensache.
„Hm, meinst du nicht, es wäre billiger, sich woanders volllaufen zu lassen?“
„Du glaubst nicht ernsthaft, dass ich in diesen Klamotten eine Kneipe betrete. Auf dämliche Anmache bin ich nicht scharf.“
Trübsinnig starrt Heiko in sein Glas. Welcher Teufel hat
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