Farben der Liebe
richtig verloren. Stellte ich überhaupt die richtigen Fragen? Nachher würde ich ihn noch ermutigen. Während ich ihm Fragen stellte, schaffte ich es ja nicht einmal ihn dabei anzusehen.
Sven lehnte sich zurück und zuckte mit den Schultern. „Es hat sich nie richtig angefühlt, wenn ich mit einem Mädchen im Bett war. Ich hab zwar mit ihnen geschlafen, aber irgendwas hat immer gefehlt. Sie anzufassen, sie zu küssen, das alles hat sich immer eigenartig angefühlt. Und zuletzt musste ich mich dazu zwingen und hab keinen hochgekriegt.“ Er errötete wieder und zog den Kopf leicht ein. „Meine Ex hat eine Party geschmissen, irgendwann haben wir uns auf ihr Zimmer verzogen. Das ist jetzt zwei Wochen her." Er trank einen Schluck Cola. „Jedenfalls wollte sie mit mir schlafen, weißt du? Also sie wollte es richtig wild und so.“
Danke, so eine detaillierte Auskunft wollte ich gar nicht hören.
„Aber ich konnte nicht. Irgendwie war es so, als ob ich etwas tue, was ich eigentlich gar nicht will.“ Sven rieb sich das Gesicht, sogar seine Ohren waren jetzt hochrot angelaufen. „Und als sie gemerkt hat, dass ich nicht konnte, naja du weißt schon …“ Er suchte nach den richtigen Worten. „... als er nicht stand, ist sie ausgerastet. Sie hat mir voll die Szene gemacht, dass es genug Typen gäbe, die sie geil genug fänden, um einen Steifen zu kriegen und so. Dann hat sie sich wieder angezogen und ist aus dem Zimmer gerannt.“
Kein Wunder, mich hätte so eine Situation als Jugendlicher sicher genauso traumatisiert. Ich empfand richtig Mitleid für ihn.
„Und ich saß da noch auf dem Bett, hätte fast angefangen zu heulen. Am liebsten hätte ich mir den Pimmel abgehackt.“
Ich unterdrückte einen Lachanfall und biss mir in die Innenseite meiner Wangen.
„Aber dann kam er rein.“ Ein verliebtes, süßes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Ein Lächeln, das mir Angst machte, weil es ziemlich ernst aussah. „Er war nicht von unserer Schule, das wusste ich. Später hab ich herausgefunden, dass er ihr Cousin war.“ Der Junge begann, auf seiner Unterlippe herumzukauen. Seltsam, dass ein Kerl von einem anderen Typen reden und dabei so lächeln konnte. „Er hat nichts gesagt, hat einfach die Tür abgeschlossen und mich so unbeschreiblich geil angelächelt. Und als er sich vor mir hingekniet und meinen Schwanz in den Mund genommen hat, da war er wieder steif. Einfach so … und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass es richtig war. Da war eine Art der Befriedigung, die ich nicht erklären kann. Und ich spreche nicht nur vom Höhepunkt.“
Die Geschichte hatte mich so mitgerissen, dass ich ihm tatsächlich gebannt zuhörte. Und ich versuchte mich wirklich, in ihn hinein zu versetzen. Versuchte zu erahnen, wie es sich anfühlen musste, dieser Moment mit dem Mädchen. Wie er keinen hochbekam, wie beschämt und verzweifelt er gewesen sein musste. Fast hätte er mich weich gekocht, bis mir wieder einfiel, dass es ja ein Mann gewesen war, der an ihm herumgelutscht hatte. Da kochte auch schon wieder die Wut in mir hoch.
Vielleicht ist das ja nur etwas Vorübergehendes? Nein, so etwas Gemeines konnte ich nicht sagen.
Vielleicht musst du ja auch einfach nur mehr Erfahrung sammeln, damit du wirklich weißt, was du willst? Nein, das erst recht nicht! Damit gab ich ihm ja die ultimative Freikarte!
„Naja du hast unter Druck gestanden.“ Sehr gut! „Du dachtest, du wirst ihren Erwartungen nicht gerecht. Und bei diesem Fremden hattest du nichts zu verlieren, oder?“ Meine Damen und Herren, mit Verlaub: Der neue Sigmund Freud!
„Meinst du?“, kam es unsicher zurück.
Mensch, das war ja einfach.
„Aber warum bekomme ich dann bei Schwulenpornos einen Steifen?“
Wenn ich es mir recht überlegte hatte Freud auch genügend Kritiker.
„Gib dir Zeit, Sven.“ Ich klopfte ihm sanft auf das Bein. „Das wird schon! Du darfst dich nur nicht zu etwas zwingen, verstehst du?“
Sven starrte auf meine Hand hinunter, ich folgte seinem Blick.
„Ekelst du dich gar nicht?“
Meine Augenbrauen flogen in die Höhe. Zuerst war ich ja verunsichert, sollte ich meine Hand jetzt lieber wegnehmen? Würde das nicht den Eindruck erwecken, als würde ich mich wirklich ekeln? Wie lange konnte ich sie da noch liegen lassen, ohne dass es seltsam wurde? Mist!
„Natürlich nicht.“
Sven sah mich an, hob beide Augenbrauen. „Nicht? Aber du hast doch gerade so schockiert reagiert?“
„Das ist ja wohl normal, wenn
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