Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03
es, das gewaltige Floß so weit zur Seite zu schwenken, daß die Strömung das Heck ergreifen konnte und den Rest der Arbeit allein erledigte. Sobald das Floß weit genug geschwenkt war, konnte es sich mit der Vorderseite von der Insel lösen.
Das war zumindest die Theorie, aber die Praxis sah anders aus. Es wurde offensichtlich, daß ihnen kein anderer Ausweg blieb, als zuerst das Durcheinander an der Bugseite zu beseitigen, und dann das Floß von der Inselseite her wegzuschieben.
Burton hatte den Wunsch, mit dem Häuptling zu sprechen, aber dieser war inzwischen um die Götzenfigur herumgegangen, verbeugte sich laufend vor ihr und stimmte nun einen Gesang an. Und nach allem, was Burton in seinem bisherigen Leben gelernt hatte, wußte er, daß es nicht ungefährlich war, jemanden während eines religiösen Rituals zu unterbrechen.
Er lief eine Weile herum, blieb hie und da stehen, um die Ruderboote und Einbäume zu begutachten, fand Kanus und sogar kleinere Segelboote und streifte schließlich zwischen den Hütten umher. Die meisten dieser Gebäude waren mit Türen versehen, die von außen verschlossen waren. Er stellte fest, daß niemand ihn beobachtete, und nahm die Gelegenheit wahr, in mehrere einzudringen.
Zwei der Hütten waren Lagerschuppen für getrockneten Fisch und Eichelbrot. Eine dritte war bis unter das Dach mit Waffen gefüllt. Eine andere schien eine Art Bootswerft darzustellen, denn sie enthielt zwei halbfertige Einbäume und das hölzerne Skelett eines Kanus, das später einmal mit Fischhaut überzogen werden würde. Im fünften Gebäude fand er die unterschiedlichsten Artefakte: Kisten mit Eichenringen für den Handel; Spiralknochen und Hornfisch-Hörner; ganze Stapel von Fisch- und Menschenleder; Trommeln, Bambusflöten, Harfen; Totenschädel, zu Trinkbechern verarbeitet; Seile und Taue aus Grasfasern und Fischhaut; getrocknete Drachenfisch-Innereien; Segelzubehör; steinerne Fischöllampen; Schachteln mit Lippenstiften, Gesichtsfarben, Marihuana, Zigaretten, Zigarren und Feuerzeugen, etwa fünfzig rituelle Masken und vieles andere mehr.
Als er das sechste Gebäude betrat, legte sich ein befriedigtes Lächeln auf Burtons Gesicht, denn in diesem waren die Gräle der Flößer untergebracht. Die großen, grauen Zylinder standen fein säuberlich aufgereiht in hölzernen Regalen, wo sie auf ihre Besitzer warteten. Er zählte nicht weniger als dreihundertfünfzig. Wenn auf jeden der etwa dreihundertzehn Flößer ein Gral kam, bedeutete das, daß diese Leute mindestens dreißig mehr besaßen, als ihnen zustanden.
Einige Minuten angestrengter Untersuchungstätigkeit zeigten Burton, daß außer den bewußten dreißig Grälen alle anderen etikettiert waren. Ihre Griffe waren mit kleinen Kordeln versehen, an denen kleine Schilder aus Ton befestigt waren. Sie trugen die Namen ihrer Eigner. Burton nahm einige der Schilder näher in Augenschein. Die Schriftzeichen erinnerten ihn an einige Fotografien, die man einst von babylonischen und assyrischen Dokumenten gemacht hatte.
Dann versuchte er einige der Zylinderdeckel zu öffnen, was aber natürlich mißlang: Jeder Gral verfügte über einen geheimnisvollen Mechanismus, der es nur seinem Besitzer ermöglichte, ihn zu öffnen. Es existierten mehrere Theorien, die sich bemühten, diese Tatsache in Worte zu kleiden, und eine davon lautete, daß irgendeine sensitive Einrichtung im Inneren der Gräle dazu in der Lage war, die elektrische Ausstrahlung der Menschen voneinander zu unterscheiden und sich nur bei einer einzigen zu öffnen.
Die nichtetikettierten Gräle waren jedenfalls von anderer Art: Die englischsprechenden Bewohner der Flußwelt nannten sie »Freebies«.
Als die über sechsunddreißig Milliarden ehemaligen Bewohner der Erde nach ihrem Tod auf dieser Welt zu neuem Leben erwacht waren, hatte jeder einzelne einen Gral neben sich gefunden. Des weiteren befand sich im mittleren Loch der Gralsteinvertiefungen jeweils ein weiterer dieser grauen Metallzylinder; offensichtlich deswegen, um den Wiedererweckten zu demonstrieren, wozu ihre Neuerwerbungen dienen sollten.
Bald nach dem Erwachen hatten die entlang des Flußtales aufgestellten Gralsteine hohe Flammen ausgespuckt. Die Leute hatten sich um sie geschart, angelockt von dem Lärm und dem Feuer, und waren schließlich auf die Gralsteine hinaufgeklettert, um nachzusehen, was diese unerwartete Flammenorgie hervorgerufen hatte. Schließlich hatten sie die dort abgestellten einzelnen Gräle entdeckt,
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