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FEED - Viruszone

FEED - Viruszone

Titel: FEED - Viruszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Grant
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die das Zusatzeinkommen oder die Publicity durch die Paparazzischwärme nicht brauchen, sich ihnen von Zeit zu Zeit anschließen und sich dabei an das Gefühl gewöhnen, von den Leibern anderer Menschen umgeben zu sein. Die Paparazzischwärme sind für uns wie Hindernisparcours. Wenn man sie aushält, ohne durchzudrehen, ist man bereit für die echte Arbeit im Feld.
    Meine Strategie, mich am Rand der Menge entlangzudrücken und die Tür im Auge zu behalten, schien aufzugehen. Da Shaun und Buffy auffälligere Zielscheiben abgaben, schoss sich niemand auf mich ein. Außerdem stehe ich – berechtigterweise – in dem Ruf, die Sorte Interviewpartner zu sein, die einfach abhaut und einen ohne ein brauchbares O-Ton-Zitat stehen lässt. Es ist schwer, jemanden zu interviewen, der sich weigert, mit einem zu reden.
    Vier Meter bis zur Tür. Drei …
    »Und hier ist meine hinreißende Tochter Georgia, die das von Senator Ryman handverlesene Bloggerteam anführen wird!« Mom ergriff meinen Ellbogen im selben Moment, in dem ihre überschwängliche Lobhudelei auf meine Ohren traf. Erwischt. Sie drehte mich zu der Paparazzihorde herum und grub mir die Finger in den Arm. Leiser, mit zusammengebissenen Zähnen, sagte sie: »Das bist du mir schuldig.«
    »Kapiert«, sagte ich aus dem Mundwinkel und ließ mich herumdrehen.
    Shaun und ich hatten schon früh begriffen, welchen Zweck wir im Leben unserer Eltern erfüllten. Wenn die Klassenkameraden nicht ins Kino dürfen, weil sie dort vielleicht einem Unbekannten begegnen könnten, während die eigenen Eltern einem unentwegt abenteuerliche Unternehmungen im Freien vorschlagen, ahnt man, dass etwas im Busch ist. Shaun begriff zuerst, in welcher Weise sie uns benutzten, und das ist so ziemlich der einzige Punkt, an dem er schneller erwachsen geworden ist als ich. Ich habe aufgehört, an den Weihnachtsmann zu glauben. Er hat aufgehört, an unsere Eltern zu glauben.
    Mom hielt meinen Arm in eisernem Griff, während sie sich aufplusterte und uns für die fünfhundertelfte Version ihrer liebsten Pose für die Presse zurechtrückte: Die schillernde Irwin steht neben ihrer stoischen Tochter, zwei vollkommen gegensätzliche Menschen, die aber durch ihre journalistische Leidenschaft vereint werden. Einmal habe ich die Ergebnisse einer Suche nach öffentlichen Bildern mit den privaten Bildern in unserer Heimdatenbank abgeglichen. Zweiundachtzig Prozent der körperlichen Zuneigungsbekundungen meiner Mutter an mich haben in der Öffentlichkeit stattgefunden, immer im Blickfeld von einer oder mehreren Kameras. Wenn euch das zynisch erscheint, beantwortet mir mal folgende Frage: Warum hat sie mein ganzes Leben lang konsequent immer gewartet, bis jemand mit einer erkennbaren Kamera in Aufnahmereichweite war, bevor sie mich berührt hat?
    Die Leute fragen sich, warum ich keine körperliche Zuneigung zeige. Die Menge der Anlässe, bei der ich meinen Eltern als quotenförderliches Fotomodell gedient habe, sollte Antwort genug sein. Der einzige Mensch, der mich jemals umarmt hat, ohne dabei über Kameraperspektive und Ausleuchtung nachzudenken, ist mein Bruder, und er ist der Einzige, dessen Umarmungen mir jemals auch nur das Geringste bedeutet haben.
    Meine Brille filtert Blitzlichter, aber es dauerte trotzdem nicht lange, bis ich die Augen schließen musste. Einige der neueren Kameras haben Lichter, die so hell sind, dass man damit in völliger Dunkelheit Bilder machen kann, die aussehen, als hätte man sie mittags geschossen, und man muss keinen Intelligenztest ablegen, um sich so ein Gerät zu kaufen. Wenn eines dieser Scheißdinger vor deiner Nase losgeht, merkst du, dass man dich fotografiert. Dank Moms erzwungenem Fototermin würde ich tagelang Migräne haben. Vermeiden ließ sich die Sache nicht. Wenn ich nicht noch vor dem Essen nachgegeben hätte, hätte ich mir den ganzen Abend lang Vorträge über meine Pflichten als gute Tochter anhören müssen, was zu einer sehr viel längeren Fotosession nach dem Essen geführt hätte. Lieber hätte ich einen Waschbärzombie geküsst.
    Buffy nahte zu meiner Rettung. Die Eleganz, mit der sie durch die Menge glitt, verriet eine Übung, welche den meisten Menschen unserer Generation abgeht. Mit ausgestreckter Hand ergriff sie meinen anderen Arm und trällerte schwindelerregend fröhlich: »Ms Mason, Georgia, Mr Mason meint, dass unser Tisch bereit ist! Aber wenn Sie jetzt nicht gleich kommen, gibt man ihn vielleicht jemand anderem, und dann müssen wir

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