Feenfuchs und Feuerkuss
versank für einen kurzen Moment in ihren
Gedanken. „Sicher. Für meine Mama ist es auch nicht schön.“
Sam
machte eine zustimmende Miene.
Luisa
hatte den Eindruck, dass er etwas zurückhielt, aber bevor sie fragen konnte,
fügte er eine Frage an: „Wie geht es Ophelia denn?“
Luisa
freute sich wie ein Schneekönig, weil Sam sich den Namen ihres Pferdes gemerkt
hatte. Aber leider war diese Freude nicht stark genug, um die Sorgen, die sie
sich um ihr Pferd machte, fortzuwischen. „Sie steht an einem neuen Stall, wo
ich sie nicht besuchen darf. Meine Mutter glaubt, dass ich so schlechte Noten
habe, weil ich zu viel Zeit am Stall verbringe.“
„Und
ist es so?“
Luisa
öffnete den Mund, um zu protestieren. Aber dann wurde ihr mit einem Schlag
klar, dass man es nicht komplett bestreiten konnte. Ein Pferd war verdammt viel
Arbeit. „Was stellst du eigentlich für Fragen heute?“, erwiderte sie
stattdessen.
Sam sah
etwas betreten drein. „Ich will dir nicht zu nahe treten. Es hat mich nur
wirklich interessiert, wie du das siehst.“
Er sah
auf und als sich ihre Blicke trafen, war es, als würde ein Blitz durch Luisas
Körper fahren. Sie zuckte zusammen.
„Alles
ok?“, fragte Sam und ergriff ihren Arm. Wie am Morgen wurde ihr ganz heiß und
das verbesserte ihren Zustand nicht gerade.
Luisa
machte sich von ihm frei, um nicht wie ein Volldepp dazustehen. „Ja, alles gut.“
Sie
ließ sich auf ihr Futonbett sinken und sammelte sich kurz.
Sam setzte
sich auf ihren Schreibtischstuhl. Er sah sie besorgt an. „Willst du was
trinken?“
Luisa
schüttelte den Kopf. „Nein. Mir geht es gut. Das Thema mit meinem Pferd ist nur
ziemlich belastend.“ Sie richtete sich auf. „Du möchtest wissen, was ich
darüber denke?“
Sam
zuckte mit den Achseln. „Wenn du es mir erzählen willst.“
Luisa
sah ihn fest an, wenn es um Ophelia ging, konnte sie sich keine Schwächen
erlauben. „Mein Pferd ist ziemlich sensibel. Sie verträgt Veränderungen nicht
gut. Meine Mutter, die leider gar keine Ahnung von Pferden hat, hört mir nicht
zu, wenn ich versuche ihr zu erklären, dass Ophelia unter dieser Veränderung leidet.
Ich bin für mein Pferd verantwortlich und kann aber gleichzeitig nichts für sie
tun. Wenn ich darüber nachdenke, fühlt es sich an, als würde mich jemand
würgen.“
Sam sah
bestürzt aus. „Das ist schrecklich.“
Luisa
lächelte bitter. „Ja. Es fühlt sich schrecklich an. Ich weiß einfach nicht, wie
ich Ophelia da rausbekommen soll. Meine Mutter ist unglaublich stur…“
Sam
sagte eine Zeit lang nichts. Aber dann ertönte seine dunkle Stimme doch: „Du
hast gesagt, du bist für dein Pferd verantwortlich, oder?“
„Ja“,
sagte Luisa und blickte ihn misstrauisch an. „Worauf willst du hinaus?“
„Vielleicht
will deine Mutter dir nur klar machen, dass du auch für dein eigenes Leben
verantwortlich bist.“
Luisa sprang
von ihrem Bett auf. Na, klasse, noch ein Gute-Noten-sind-das-Ticket-zur-Welt-Vertreter ,
dachte sie und lief in ihrem Zimmer auf und ab.
Dann
machte sie die Musik aus.
„Mein
Vater würde mich verstehen, was Ophelia angeht. Denn er sieht in Tieren das,
was sie sind: Schutzbedürftige Lebewesen, die man nicht einfach irgendwo
abstellen und nach Lust und Laune pflegen oder vernachlässigen kann.“
Sam
stand nun ebenfalls auf. „Ich wollte dich nicht kränken, Luisa.“
Sie
atmete tief durch. Seine Stimme beruhigte sie etwas. „Schon gut. Du kennst dich
ja mit Pferden nicht aus.“
Sam sah
sie an. „Nein, stimmt. Aber ich kenn mich ein bisschen mit dem Leben aus. Und
da zählt nun einmal Leistung.“
Sie
wollte sich abwenden, aber Sam hielt sie fest.
„Glaub
mir, ich sage das nicht, um dich zu belehren. Ich will nur…“ Er stockte.
Luisa
legte die Stirn in Falten. Sam hielt die Luft an, wusste nicht, was er sagen
sollte. Aber auch ihr fiel nichts ein, womit sie die Stille füllen konnte.
„Ich
habe nur Englisch Hausaufgaben auf“, rettete Luisa die Situation.
Sam
ließ sie los, seufzte leise. „Gut, dann zeig mal.“
Die
Stimmung blieb angespannt. Luisa und Sam arbeiteten sich stur durch die
Aufgaben hindurch.
Als sie
fertig waren, atmeten beide erleichtert auf. Sam erhob sich und ging hinunter
zur Garderobe, wo er seine Lederjacke anzog. Auch Luisa schnappte sich ihre
Jacke und zog sie an.
„Wohin
geht’s“, fragte Sam.
„Zu
Ophelia.“ Sie schaute zu ihm auf. Sam war sowieso ein gutes Stück größer als
sie. Im engen Flur kam er
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