Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
könnte im Boden versinken. Sie hatte einfach keine Ahnung, wie sie mit so einer Situation umgehen sollte. "Entweder du kämpfst jetzt, oder du verschwindest", zischte sie.
Die Burschen lachten. "Nein ehrlich. Wieso sollte ich mit dir kämpfen? Da könnte ich genauso gut gegen meine Schwester antreten und mit Nähnadeln fuchteln."
Die Gruppe entfernte sich fröhlich lachend. Dhalia jedoch fühlte sich, als hätte ihr jemand einen Schlag in die Magengrube verpasst. Sie hatte zwar nicht erwartet, jeden Kampf zu gewinnen, aber zumindest hatte sie nicht damit gerechnet, dass sich die Männer nur über sie lustig machen würden. Doch sie schluckte ihren verletzten Stolz herunter. Immerhin war es möglich, dass die nächsten Besucher ihr eine faire Chance gaben.
Doch als die Sonne untergegangen war und die letzten Schaulustigen nach Hause gingen, hatte sie diese Hoffnung schon längst aufgegeben. Ihre Anwesenheit hatte sich schnell herumgesprochen und so kamen die Leute nur noch, um sich über sie lustig zu machen. Zum Schluss war sie schon gar nicht mehr aufgestanden, wenn sie jemanden an ihren Ring herantreten sah.
Als der Tag endlich rum war, erhob die junge Frau sich niedergeschlagen und begann damit, das Seil wieder einzuwickeln.
In diesem Augenblick kam Mulgrave schadenfroh lächelnd bei ihr vorbei. "Na, wie viel Geld hast du denn heute eingenommen?" fragte er mit einem spöttischen Blick auf die offensichtlich leere Börse.
"Gar nichts", murmelte sie.
"Ich habe dir doch gleich gesagt, dass du mit anderen Tätigkeiten viel mehr Geld verdienen könntest."
Trotz ihrer Erschöpfung und Niedergeschlagenheit spürte Dhalia, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss, und sie ärgerte sich über sich selbst.
"Wenn du schon unbedingt bei uns bleiben möchtest, kannst du vielleicht als Tänzerin mit Ionela zusammen auftreten."
"Ich kann nicht tanzen."
Er musterte sie ärgerlich. "Wie du meinst. Doch so eine Vorstellung wie heute lieferst du mir nicht mehr ab. Entweder du lässt dir etwas einfallen, wie du Geld heran schaffst, oder du verschwindest. Ich habe hier keinen Wohltätigkeitsverein, verstanden?"
Dhalia nickte. "Ja", murmelte sie leise.
"Das ist deine letzte Chance. Ich lasse nicht zu, dass du mich zum Gespött der Leute machst. Hier sind wir fertig. Gab nicht viel zu holen. Doch morgen erreichen wir Deroth. Die größte Stadt vor Alandia. Dort werde ich meinen Ruf nicht aufs Spiel setzen. Wenn es morgen nicht gut läuft, bist du draußen. Habe ich mir klar ausgedrückt?"
"Ja!" gab Dhalia gereizt zurück. Doch sie wusste, dass er Recht hatte.
Als er gegangen war, blieb sie sitzen und dachte über ihre Situation nach. Es war so unfair. Wäre sie ein Mann gewesen, hätte sie heute einen guten Verdienst gemacht. Denn keiner der jungen Burschen, die bei ihrem Stand vorbei geschaut hatten, wäre ein ernst zu nehmender Gegner gewesen. Doch sie hatten ihr nicht einmal eine Gelegenheit gegeben, ihr Können zu zeigen. Vielleicht konnte sie versuchen, sich als Mann auszugeben. Doch sie wusste, dass es nur wenig Hoffnung dafür gab. Vielleicht mit ein wenig Dreck im Gesicht und einem Hut. Nein, nicht einmal dann würde sie auf Dauer für einen Mann durchgehen können.
Sie schreckte auf, als sie eine leichte Berührung an ihrer Schulter spürte.
"Ich habe dir was zu essen gebracht", sagte Ionela leise und reichte ihr einen Teller mit Eintopf.
"Danke." Dhalia nahm die angebotene Schüssel entgegen und begann schweigend zu löffeln. "Das ist sehr gut", sagte sie schließlich.
"Ich habe ihn selbst gekocht", erwiderte Ionela stolz. "War wohl ein harter Tag für dich gewesen, wie?" setzte sie mitfühlend hinzu.
"Ja", Dhalia nickte. "Kein einziger wollte mit mir kämpfen. Ach, wäre ich doch bloß ein Mann!" Sie ließ ihren Löffel fallen und blickte in die Ferne, um die aufsteigenden Tränen der Enttäuschung und der Scham zu unterdrücken.
Sanft fasste Ionela ihre Hand. "Du siehst das falsch", erwiderte sie. "Das Leben als Mann wäre um einiges einfacher", fuhr sie nachdenklich fort. "Doch das können wir nun mal nicht ändern. Daher müssen wir nutzen, was die Natur uns gab. Es hängt nur von dir ab, ob dein Geschlecht einen Nachteil oder einen Vorteil für dich darstellt."
"Wie meinst du das?"
"Nimm mich zum Beispiel. Glaubst du, die Männer würden mir zusehen, wenn ich ein Mann wäre? Nein, würden sie nicht. Glaubst du, sie würden so viel Geld ausgeben, wenn ich nicht diese furchtbaren Kostüme tragen würde? Das würden sie nicht.
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