Feenring (German Edition)
die Hände. Die Energie sprang wie Blitze aus seinem Brustbein. Dann traf ein Lichtbogen meine Handflächen. Ich ächzte, hielt die Energie wie eine Wasserhose, die spürbar meine Aura erfüllte, als wäre ich ein Glas, in das sich Eiswasser ergoss.
Menessos ging keuchend und wankend in die Knie.
13
»Genug!«, rief Menessos.
Ich bog und komprimierte die Energie, unterband ihren Fluss – als würde ich einen Gartenschlauch knicken – , doch ich konnte die Sperre zwischen uns beiden jederzeit wieder öffnen. Dann befahl ich: »Du wirst mich bitten, wenn du etwas benötigst.«
Er nickte keuchend. »Ich werde dich bitten.«
»Du wirst Johnny nie wieder bedrohen.«
»Werde ich nicht.«
»Du wirst ihm kein Leid zufügen.«
Er presste die Lippen zusammen.
»Du wirst ihm kein Leid zufügen!« Ich lockerte die Sperre.
Menessos rief: »Werde ich nicht!«
Nun kappte ich den Energiefluss ganz.
Menessos erwischte mit dem Arm die Couch und schaffte es, nicht zusammenzuklappen.
Ich stapfte näher. »Hast du das gespürt, Menessos? Hast du das gesehen und erfasst?«
»Du lernst erstaunlich schnell«, brachte er nach Luft ringend heraus.
Da klopfte jemand.
Tadellos erfrischt ging ich hin und drückte die Taste der Gegensprechanlage. »Ja?«
Mountains Stimme antwortete: »Ich bringe die Errungenschaft.«
Menessos kletterte auf die Couch und zischte: »Halt ihn gefälligst hin.«
»Einen Moment«, sagte ich den Lautsprecher, ohne mich von der Stelle zu rühren. Erst als Menessos nickte, öffnete ich die Tür.
Mountain trat mit einem in Papier eingeschlagenen Bild ein. »Soll ich’s aufhängen, Boss?«
»Bitte.« Menessos hörte sich ganz alltäglich an.
Mountain marschierte zur Wand und lehnte das verpackte Bild gegen die Couch, dann griff er nach dem eisernen Sicherheitsrahmen an der Wand darüber und zog daran. Das Metall protestierte unerträglich laut, dann drehte sich der Sicherheitsrahmen in die Vertikale.
Also nicht Ariadne .
Mountain entfernte die Verpackung, doch die Schauseite des Rahmens war hinter blassem Seidenpapier verborgen. Mountain hängte das Bild auf und rückte es gerade, dann machte er sich daran, unter dem Rand des Sicherheitsrahmens Kabel anzubringen. »Fünf … vier … drei … «, sagte er leise und riss in dem Moment, als vor dem Bild blaue Statik knisterte und sich auflöste, das Seidenpapier herunter.
» Die Zauberin ?«, fragte ich und blickte Menessos an.
»Du magst Waterhouse, oder?«
Mountain schaltete den Scheinwerfer ein und ließ uns allein. Auf dem Bild saß eine in Öl porträtiere Frau mit einer Harfe am Rand eines Gewässers. Zu ihren Füßen versammelten sich die Fische, um ihrem Spiel und Gesang zu lauschen. Das Haar der Dame war dunkel, ihre Haut blass, und das Vergissmeinnichtblau ihrer Augen passte zu den Farben, die Sieben für mein Zimmer ausgesucht hatte.
Ich konnte kaum den Blick davon wenden, aber trotzdem überschlugen sich meine Gedanken.
Menessos hatte diesen Zeitpunkt – in seiner unendlichen Weisheit – gewählt, um seine Autorität zu betonen, und ihm durch ein extravagantes Geschenk eine besondere Note verliehen. Mit seiner Fähigkeit, die Einrichtung mit einem kostbaren Kunstwerk zu krönen, hatte er mich ihm wahrscheinlich zu Dank verpflichten wollen.
Johnny bestand darauf, dass der Blutsauger am meisten von seinen geschickten Manipulationen profitierte, während Xerxadrea Menessos’ Fähigkeit, den Lauf der Dinge nach seinen Wünschen zu steuern, für sein größtes – und gefährlichstes – Talent hielt.
Ich verschränkte die Arme. Dieses Mal hatte er mich nicht ausgenutzt. Ich hatte mich erhoben, war vielleicht sogar erwachsen geworden, und mich dabei irgendwie als die Stärkere erwiesen. Wahrscheinlich bereute er bereits, seine »Errungenschaft« hier aufgehängt zu haben. Ich kehrte dem Bild den Rücken zu, um zu sehen, ob es Anzeichen dafür gab, dass er in diesem Punkt kapitulierte.
Scheiß auf ihn.
Xerxadrea hatte recht. Er war arrogant, sonst nichts – als ginge auch noch mein erzwungener Entwicklungssprung auf sein überreichlich gefülltes Konto.
* * *
Menessos verschwand kurz nach Mountain, weil, wie er sagte, seine Leute erwachten. Ich hatte nichts dagegen.
Ich nahm an, dass die Betrachter Johnny, solange sie ihn in Anspruch nehmen konnten, hart rannehmen würden, also beschloss ich, etwas zu kochen. Niemand würde von meinem kleinen, aufsässigen Akt der Selbstversorgung erfahren, trotzdem tat er mir gut. Während
Weitere Kostenlose Bücher