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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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ertönten Sirenen und Hupen, manchmal heulten Motoren, hier und dort quietschten Reifen. Irgendwo auf einem benachbarten Gebäude zirpte eine Grille.
    Ich stellte den Pappteller aufs hölzerne Balkongeländer, schloss die Augen und holte tief Luft, um meine Gedanken zu ordnen.
    »Einen Penny für Ihre Gedanken«, sagte eine Frau leise.
    Vor Schreck wäre ich fast vom Balkon gesprungen. Ich stieß gegen den Pappteller, und die Pizza flog auf den Parkplatz hinab. Als ich herumfuhr, entdeckte ich Meryl, die am anderen Ende des Balkons im Schatten saß. Sie war gerade eben als ein noch dunklerer Fleck auszumachen, doch ihre Augen reflektieren das Licht und glänzten. Sie sah dem Teller nach. »Tut mir leid.«
    »Schon gut«, sagte ich. »Ich bin heute Abend etwas nervös.« Sie nickte. »Ich habe zugehört.«
    Nun nickte ich ebenfalls und drehte den Kopf wieder herum, um ins Leere zu starren und den nächtlichen Geräuschen zu lauschen.
    Nach einer Weile sagte sie: »Tut es weh?«
    Ich wedelte mit der bandagierten Hand. »Ein bisschen.«
    »Das meinte ich nicht«, widersprach sie. »Ich meinte, ob es wehtut, zusehen zu müssen, wie Ihre Freundin verletzt wird.«
    Einige meiner ziellos rasenden Gedanken taten sich zusammen und weckten meinen Zorn. »Was ist das denn für eine komische Frage?«
    »Es ist eine ganz einfache Frage.«
    Abrupt trank ich einen Schluck Cola. »Natürlich tut das weh.«
    »Sie sind anders, als ich Sie mir vorgestellt habe.«
    Über die Schulter hinweg starrte ich sie mit zusammengekniffenen Augen an.
    »Man hört so einiges über Sie, Mister Dresden.«
    »Alles gelogen.«
    Jetzt sah ich ihre Zähne schimmern. »Nicht alles ist negativ.«
    »Ist es denn überwiegend gut oder schlecht?«
    »Das kommt immer darauf an, wen Sie fragen. Die Sidhe halten Sie für ein interessantes sterbliches Schoßhündchen von Mab. Die Vampire glauben, Sie seien ein durchgeknallter Revolverheld, der gern blutige Rache übt. Eine Art spanische Inquisition auf zwei Beinen. Die meisten Magier halten Sie für distanziert, gefährlich und klug, aber ehrenhaft. Die Ganoven denken, Sie seien ein Auftragskiller des Syndikats oder arbeiteten gar für eine Familie an der Ostküste. Die normalen Leute halten Sie für einen Schwindler, der die Menschen um ihre mühsam verdienten Kröten prellt. Eine Ausnahme ist höchstens Larry Fowler, der Sie vermutlich noch einmal in seine Show bekommen will.«
    Mit gerunzelter Stirn betrachtete ich sie. »Was glauben Sie?«
    »Ich glaube, Sie müssen mal zum Friseur.« Sie hob eine Dose und trank. Ich roch Bier. »Billy hat alle Leichenhäuser und Krankenhäuser angerufen, aber keine Unbekannte mit grünen Haaren gefunden.«
    »Ich habe auch nicht damit gerechnet. Inzwischen habe ich mit Aurora gesprochen. Sie schien besorgt.«
    »Das kann ich mir gut vorstellen. Sie spielt immer die große Schwester und glaubt, sie müsste sich um die ganze Welt kümmern.«
    »Leider wusste sie überhaupt nichts.«
    Meryl schüttelte den Kopf und schwieg eine Weile. Schließlich fragte sie: »Wie ist es eigentlich, ein Magier zu sein?« Ich zuckte mit den Achseln. »Meist fühlt man sich wie ein unterbeschäftigter Klempner. Es ist kein leichter Job, und häufig wird man gar nicht gebraucht. Aber manchmal…«
    Wieder kamen Gefühle in mir auf, die mir beinahe die Selbstbeherrschung geraubt hätten. Meryl wartete.
    »Aber manchmal ist es auch sehr beängstigend«, fuhr ich fort. »Man stößt auf alle möglichen Dinge, die in der Nacht herumpoltern, und man lernt sehr nachdrücklich, wie wahr der Satz ist, dass Unwissenheit ein Segen sei. Außerdem ist es…« Ich ballte die Hände zu Fäusten. »Es ist verdammt frustrierend. Man sieht, wie Menschen verletzt werden. Unschuldige, Freunde. Ich versuche, so etwas zu verhindern, aber normalerweise weiß ich erst, dass etwas im Gange ist, wenn schon jemand tot ist. Da spielt es auch keine Rolle mehr, was für eine Arbeit ich mache. Den Toten kann ich nicht mehr helfen.«
    »Klingt hart«, sagte Meryl.
    Ich zuckte mit den Achseln. »Vermutlich ist es nicht anders als das, was alle durchmachen. Nur der Bezugsrahmen ändert sich.« Ich trank die Cola aus und zerknüllte die Dose. »Was ist mit Ihnen? Wie ist es, ein Wechselbalg zu sein?«
    Meryl drehte ihre Bierdose zwischen ihren großen Händen hin und her. »Es ist ungefähr so wie bei allen anderen, bis man in die Pubertät kommt. Dann setzen die Gefühle ein.«
    »Was für Gefühle?«
    »Das ist

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