Feind des Feindes
gesetzt und dann zwei der Entführer im Haus getötet. Damit hatte ich die Situation unter Kontrolle. Danach kam das Personal der PLO hinzu. In rein taktischer Hinsicht war es eine sehr gelungene Aktion. Immerhin hatten wir vorher das Umfeld mehrere Tage lang beobachtet.«
»Und was geschah mit den anderen?«
»Mit den anderen Entführern, meinst du?«
»Ja.«
»Nachdem die Geiseln in Sicherheit gebracht worden waren, hat das Personal der PLO die überlebenden Entführer hingerichtet.«
»Hast du auch daran teilgenommen?«
»Nein. Ich habe natürlich nur mitgeholfen, hinterher aufzuräumen.«
Schweißperlen waren Peter Sorman auf die Stirn getreten. Er blieb eine Weile stumm sitzen, um zu verdauen und zu begreifen, was er gehört hatte. Er hatte zwar sachliche, einfache und konkrete Auskünfte erhalten, aber sie waren trotzdem nicht ganz leicht zu verstehen. Carl gefiel die Situation noch immer ausnehmend gut. Um sich selbst war er nicht im mindesten besorgt. Er glaubte nicht einen Augenblick daran, daß irgendwelche Maßnahmen gegen ihn ergriffen werden konnten, dazu war das Publizitätsrisiko viel zu groß. Und wenn doch, war es ihm vollkommen gleichgültig.
Schließlich hatte sich Sorman wieder gefaßt und machte sich offenbar bereit, weitere Fragen zu stellen. Die beiden Männer hatten mehr als zwei Minuten lang vollkommen stumm und reglos dagesessen.
»Du meinst, für die Geiseln hat nie eine Gefahr bestanden?« fragte Sorman zwischen zusammengebissenen Zähnen. Seine Haltung begann aggressiv zu werden.
»Nein… nein, soweit wir das beurteilen konnten, jedenfalls nicht. Es waren ja nur sechs Entführer, und wir sind erst dann in das Haus eingedrungen, als wir wußten, daß sich alle sechs im Erdgeschoß befanden. Die Geiseln wurden im ersten Stock gefangengehalten, so daß sie im Augenblick der eigentlichen Konfrontation völlig sicher waren. Und sie haben vermutlich nichts von dem mitbekommen, was unten passierte. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie begriffen, was da vorging.«
»Wie kommst du darauf?« hakte Sorman nach.
»Ich hörte, daß sie sich relativ munter unterhielten, als sie hinausgingen. Sie konnten nicht sehen, in welcher Situation ich mich gerade befand. Hätten sie es gesehen oder auch nur geahnt, hätte sich ihre Unterhaltung vermutlich anders angehört. Sie dürften geglaubt haben, daß es eure diplomatischen Initiativen waren, die am Ende zum Erfolg führten.«
Carl hatte sich bei dieser letzten Bemerkung einen leicht gereizten und ironischen Unterton nicht verkneifen können, und Sorman sah aus, als würde er gleich einen Wutanfall bekommen. Er beherrschte sich jedoch und setzte das Verhör fort.
»Hätten sie nicht etwas von… Schüssen hören müssen, als es passierte? Es fällt mir etwas schwer, es mir anders vorzustellen.«
»Durchaus nicht«, erwiderte Carl mit demonstrativer Ruhe und fast nachlässigem Tonfall. »Ich habe eine schallgedämpfte Waffe guter Qualität verwendet, mit der mich die Palästinenser ausgestattet hatten. Von dem eigentlichen Kampf können die Schweden nach meiner Ansicht nichts mitbekommen haben. Und die Hinrichtungen fanden, wie ich schon sagte, erst statt, als die Schweden gar nicht mehr dort waren, und übrigens wurden auch die mit einer schallgedämpften Waffe vorgenommen. In Schweden wissen also nur du und ich darüber Bescheid.«
»Warum zum Teufel erzählst du mir dann das alles!« brüllte Sorman, der jetzt zum ersten Mal lauter wurde.
»Weil das Personal der PLO mich ausdrücklich darum gebeten hat. Als eine Art Gegenleistung. Wie du dir vorstellen kannst, schuldete ich ihnen als Dank für ihre Hilfe einen Dienst, und jetzt habe ich wie vereinbart bezahlt. Das Geld habe ich deiner Sekretärin gegeben. Ein Teil der Ausrüstung ist dort unten geblieben.«
»Waffen?«
»Nein. Wie du weißt, hatte ich keine Waffen mit. Und wenn ich mich recht entsinne, ging das auf deine Anweisungen zurück. Die Waffen hat die PLO gestellt. Was unten geblieben ist, ist etwas technische Ausrüstung, Nachtsichtgeräte und derlei, nichts Besonderes und nichts Geheimes.«
Peter Sorman erhob sich mit einer Kraftanstrengung. Carl bemerkte, daß er für sein Alter sehr durchtrainiert wirkte. Sorman trat an das Fenster, an dem Carl bei der letzten Begegnung gestanden hatte. Jetzt waren die Rollen vertauscht.
Jetzt war es Sorman, der Verstand und Moral bemühen mußte, falls er letztere besaß. Carl wartete ohne die mindeste Ungeduld. Er war recht neugierig
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