Feist Raymond E. - Krondor Saga 01
der erfahrene alte Kämpfer. »Er ist
mit einem Trupp Tsuranis aufgebrochen, um etwas zu erledigen. Mir obliegt solange die Verantwortung.«
»Und die Gräfin?«, erkundigte sich Locklear
nach Kasumis Frau.
»Sie ist unten in der Stadt und macht mit ihrer
Familie ein paar Einkäufe und Besuche.« Graf
Kasumi hatte die Tochter eines sehr wohlhabenden Kaufmanns geheiratet. »Wenn es um etwas
Offizielles geht, müsst Ihr warten, bis der Graf
oder die Gräfin zurückgekehrt ist. Oder Ihr könnt
mit mir sprechen, Junker. Allerdings nur, solange
Ihr nicht gerade eine bewaffnete Eskorte braucht.«
Locklear verzog das Gesicht. »Genau darum hatte ich ihn bitten wollen;ich könnte gut einige Männer gebrauchen, die uns nach Ylith begleiten.«
»Ich würde Euch gerne helfen, Junker, und wenn
Ihr ein Schreiben des Prinzen bei Euch hättet,
würde ich sofort ein Dutzend Schwertträger zusammenrufen. Aber ich kann nicht. Der Graf ist
fort, um Rekruten auszubilden, und ich habe wie
üblich Patrouillen an die Grenze geschickt. Die
übrigen Jungs sind unterwegs, um ein paar abtrünnige Tsuranis aufzustöbern.«
»Abtrünnige Tsuranis?«, fragte Owyn verständnislos, denn Locklear hatte ihnen nichts von den
Grauen Kriegern erzählt.
»Ich habe Gerüchte gehört«, erklärte Locklear.
Der Hauptmann bedeutete ihm, Platz zu nehmen. Owyn blieb stehen, während Gorath und
Locklear es sich auf den zwei freien Stühlen bequem machten. »Ich wünschte, es wären wirklich
nur Gerüchte«, sagte Belford. »Kennt Ihr den tsuranischen Magier Makala?«
»Nur vom Hörensagen«, erklärte Locklear. »Er
sollte einige Wochen nach meiner Abreise in Krondor eintreffen. Die anderen Erhabenen haben zwar
von ihm gesprochen, aber da die Schwarzgewandeten nicht sehr gesellig sind, habe ich nur wenig
über ihn erfahren. Er ist wohl sehr einflussreich in
der Versammlung der Magier und darauf bedacht,
den Handel zu stärken. Und er will etwas fördern,
das der Prinz wohl ›kulturellen Austausch‹ zwischen dem Kaiserreich von Tsuranuanni und dem
Königreich der Inseln nennt. Er wollte persönlich
zu einem Besuch kommen.«
»Ja, das hat er auch getan«, sagte der Hauptmann.
»Er kam vor ein paar Tagen hier an und wollte den
Grafen sprechen. Das tut jeder Tsurani, egal, welchen Rang er besitzt, denn der Vater des Grafen
ist auf Kelewan ein sehr bedeutender Mann. Es ist
daher ihre Pflicht.« Der alte Hauptmann fuhr sich
mit der behandschuhten Hand über das stopplige
Kinn. »Die Tsuranis halten sehr viel von ›Pflicht‹,
wie ich gelernt habe, seit ich beim Grafen bin. Wie
auch immer, sie waren ein paar Tage hier – Makala,
einige andere Schwarzgewandete, ihre Ehrengarde
und Träger und so weiter –, und es schien, als wären nicht alle Träger wirklich Träger, sondern eine
Art entehrte Krieger aus dem Kaiserreich.«
»Graue Krieger«, sagte Locklear. »Ich habe davon
gehört.« Es würde erklären, wie die Grauen Krieger
durch den Spalt kommen konnten, dachte Locklear
im Stillen – nämlich als Träger verkleidet.
»Nach denen suchen meine Soldaten. Es heißt,
sie wären nach Osten geflohen. Wenn sie es über
die Berge und in den Hogewald schaffen sollten,
werden wir sie niemals finden.«
»Warum all diese Mühe?«, fragte Owyn. »Handelt
es sich denn um Sklaven, oder sind sie einem
Lehnsherrn anderweitig verpflichtet?«
»Wie bitte?«, fragte der Hauptmann.
»Er ist der Sohn des Barons von Timons«, erklärte Locklear.
»Nun, junger Herr«, sagte der Hauptmann, »diese Männer sind auf ihrer eigenen Welt so etwas wie
Ausgestoßene, was natürlich nicht Grund genug
ist, dass ich hinter ihnen her bin, aber sie haben
diesem Makala etwas gestohlen – einen Rubin von
einigem Wert, wie ich vermute –, und er macht
genug Wirbel darum, dass man glauben könnte,
er hätte ihn von den Göttern höchstpersönlich bekommen und müsste ihn nächste Woche wieder
zurückgeben. Und weil der Graf höflich ist und
weil er auch ein Tsurani und gewohnt ist, sofort zu
springen, wenn einer dieser Schwarzgewandeten
bellt, lässt er uns die Berge nach diesen Bastarden
absuchen.«
Locklear lächelte Owyn zu, als wollte er fragen,
ob ihm diese Erklärung genügte. Der Hauptmann
schaute Gorath an; er schien beinahe zu erwarten,
dass auch dieser etwas sagen würde. Doch Gorath
schwieg. Locklear wusste nicht, ob der Hauptmann
den Moredhel als das erkannte, was er war, oder
ob er ihn für einen Elben hielt, aber er sah
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