Feist Raymond E. - Krondor Saga 01
Es
würde die Aufmerksamkeit von dem ablenken, was
ich wirklich tue, und ich hätte einige Schachfiguren,
die ich nach Belieben opfern kann, während die
Leute, um die ich mir die meisten Sorgen machen
muss, mich gar nicht ernst nehmen würden.«
»Gib acht, Jimmy«, sagte Guy »Finde heraus,
wer wirklich hinter den Unruhen steckt. Es gibt
eine alte Regel: ›Entferne jede widersprüchliche
Information und setze voraus, dass dein Feind vernünftig handelt.‹ Die logische Folge davon wäre:
›Handle dumm, und dein Feind wird dich nicht
ernst nehmen.‹«
»Ihr habt immer noch nicht gesagt, wieso Ihr
hier seid«, sagte James.
Guy nickte. »Der König möchte, dass ich mich
in dieser Gegend etwas umsehe. Einige der hier ansässigen Adligen haben sich verdächtig gemacht.«
»Werden sie des Verrats beschuldigt?«
»Nein, das nicht, aber es ist natürlich nicht ausgeschlossen.« Guy trank sein Bier aus. »Sie werden
vielmehr der Unfähigkeit verdächtigt. So steht der
Graf von Romney kurz vor einem Gildenkrieg,
scheint aber unfähig zu sein, etwas dagegen zu
unternehmen. Bevor ich aufgebrochen bin, habe
ich eine Kompanie von Königlichen Lanzenreitern
losgeschickt, um ihm zu helfen; sie müssten irgendwann nächste Woche eintreffen.«
»Was für ein Krieg ist das?«, fragte James.
»Ich kenne die Einzelheiten nicht, aber es
scheint, als hätte die Bruderschaft der Treidler
ihre Preise so stark angehoben, dass die Kaufleute
es sich nicht mehr leisten konnten, ihre Güter den
Fluss entlangziehen zu lassen, und andere Gilden
haben gemeinsame Front gegen die Treidler-Gilde
gemacht. Beide Seiten haben Söldner angeheuert,
und nach allem, was ich weiß, hat der Graf von
Romney inzwischen das Kriegsrecht verhängt.
Himmel, soviel ich weiß, steht die Stadt kurz davor, in Flammen aufzugehen.« Er schlug wie zur
Betonung mit der Faust auf den Tisch, als würde
es ihn nicht kümmern, ob Romney in Flammen
aufging oder nicht.
»Abgesehen davon hat diese Reise nicht nur den
Zweck, die Dinge wieder in den Griff zu bekommen, sondern der König will auch zeigen, dass er
ein persönliches Interesse daran hat. Daher werden
wir die königlichen Banner all jenen wieder einmal
vor die Nase halten, die es nötig haben, daran erinnert zu werden. Und Seine Majestät hat mich
ersucht, heute Abend einen Vortrag zu halten.«
»Einen Vortrag?«, fragte James, der ein Lachen
kaum unterdrücken konnte. »Worüber? Und vor
wem?«
Guy seufzte. Ȇber die Schlacht bei Armengar,
und vor allen, die zuhören wollen.« Er schüttelte
den Kopf, als könnte er seinen eigenen Worten
nicht glauben. »Du kennst doch diesen Verbrecher,
Graves, den die Ishapianer hierher geschickt haben, um ein neues Kloster zu errichten?«
James nickte. »Ich habe Ethan schon gekannt,
bevor er den Ruf Ishaps empfangen hat. Damals
war er ein ziemlich rauhbeiniger Kerl; einer der
besseren Schläger bei den Spöttern.«
»Das glaube ich gern. Auf jeden Fall hat er
beschlossen, oder besser, der Tempel von Ishap
in Rillanon hat beschlossen, dass hier in Malac’s
Cross, dem ›Zentrum des Königreichs‹, eine Schule
errichtet werden soll, die von jungen Adligen besucht werden soll. Sie nennen es Kollegium.« Er
senkte leicht seine Stimme. »Ich nehme an, sie sind
ziemlich misstrauisch gegenüber dem, was unser
Freund Pug in Stardock tut, und denken, sie würden etwas gewinnen, wenn sie eine ähnliche Stätte
haben, um die jungen Adligen des Königreichs beeinflussen zu können. Und ich glaube auch, dass
sie einen Standort haben wollten, der in der Nähe
von …« Sein Blick wanderte von Gorath zu Owyn,
und er ließ den Satz unvollendet.
James wusste auch so, was er hatte sagen wollen, und so nickte er nur stumm, als er den Satz
im Stillen vollendete. Der in der Nähe von Sethanon
und dem Stein des Lebens lag. Er blickte sich um und
meinte: »In dieser Gegend gibt es aber nicht viele
junge Adlige, Guy.«
Guy streckte die Hand aus und versuchte, James
einen freundschaftlichen Klaps auf den Kopf
zu geben, doch der Junker wich geschickt aus.
»Du hattest schon immer ein freches Mundwerk,
Jimmy, und das wird sich wohl nie ändern.« James
grinste, während Guy fortfuhr. »Selbst wenn sich
eines Tages dein Wunsch erfüllen sollte und du
Herzog von Krondor wirst, glaube ich kaum, dass
du dein freches Mundwerk jemals ablegst.«
James lachte. »Möglicherweise nicht. Aber jetzt
sagt mir doch, was das für junge Adlige sind,
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