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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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dem Boden. Ich sah ihre andere Hand nicht hochkommen. Ihre Fingernägel schnitten tief in meine Wangen, und ich taumelte total überrumpelt zurück. Sie folgte mir, schlug auf mich ein, während sie mir Schimpfworte ins Gesicht schleuderte. Es waren die gleichen Obszönitäten, die ich bereits von dem beinahe Gehängten draußen gehört hatte: Sie bezogen sich vorwiegend auf meine sexuelle Beziehung zu meinen Eltern und darauf, wem ich in der Hölle den Schwanz lutschen solle. Es musste so etwas wie ein Virus sein.
    Ich wehrte Susan ab und nutzte meine Größe und meine Reichweite, um ihren wilden, unkoordinierten Angriff abzublocken. Ich wollte ihr jedoch nicht wehtun, daher wich ich zurück und rief dabei ständig ihren Namen, um sie aus ihrer offensichtlichen Trance zu wecken. Dann spürte ich ein Regal im Rücken und musste anhalten, wodurch sie endlich nahe an mich herankommen konnte. In Ermangelung anderer Möglichkeiten schlug ich ihre Hände beiseite und versetzte ihr einen Kinnhaken genau auf die Spitze. Sie kippte nach hinten, und ein erschreckendes Krachen erklang, als ihr Kopf auf den Steinfliesen aufschlug.
    Dem folgte nur Sekunden später ein Explosionsknall, und ein weiteres Fenster sprang aus dem Rahmen, als etwas Hartes und Metallisches hindurchflog, durch die Luft wirbelte und eine dünne Rauchfahne hinter sich herzog. Während es landete, platzte ein weiteres Fenster und dann ein drittes, und die Schreie der Geiseln übertönten jedes andere Geräusch – sogar das Zischen der Tränengasgranaten, die ihre Ladungen verströmten.
    Ich stolperte dorthin zurück, wo Juliet immer noch stand, wobei ich beinahe ausrutschte, als mein Fuß auf etwas Glattes und Hartes trat. Ich schaute nach unten. Es war ein Schweizer Armeemesser, dessen multifunktionalen Klingen an beiden Enden ausgeklappt waren. Susans Waffe: Ich war um Haaresbreite daran vorbeigeschrammt, durch einen Korkenzieher vom Leben zum Tode befördert zu werden.
    Juliet kniete über dem Körper eines der gefallenen Aufrührer und hatte eine Hand auf seine Brust gelegt. Ich dachte, dass sie seinen Herzschlag prüfte, doch dann erkannte ich, dass sie in seinen Taschen etwas suchte. Ich ergriff ihren Arm, und ihr Kopf zuckte hoch. Ihre dunklen Augen starrten mich an. Meine eigenen Augen begannen zu tränen, als CS -Gaswolken durch das Kaufhaus trieben.
    »Wir müssen hier raus«, brüllte ich, um die schrillen Schreie zu übertönen. »Damit wollen sie den Gegner weichkochen. Sie werden jeden Moment den Laden stürmen.«
    Juliet erhob sich mühsam. »Ich muss mich auf dich stützen«, krächzte sie und sank mir fast in die Arme, während ich sie auf dem Weg zurückführte, auf dem wir hergekommen waren. Den Geiseln würde nichts passieren, dachte ich. Sie würden zwar noch für einige Zeit unter den Nachwirkungen der Gasattacke leiden, aber in wenigen Minuten würde es von Polizisten wimmeln, daher war der Aufruhr vorbei. Es gab nichts, das wir hätten für sie tun können, was die Sanitäter nicht besser gekonnt hätten.
    Dennoch fühlte ich mich eher hohl als heldenhaft, während ich die stillstehenden Rolltreppen hinunterstolperte und Juliet sich schwer an meine Brust lehnte und das raue Gurgeln ihres Atems meine Ohren füllte. Sie hatte recht, irgendetwas war hier unterwegs, und es hatte uns auf dem Kieker. Es verwandelte mit einer magischen Geste seiner unsichtbaren Hände Opfer in Angreifer, und umwaberte uns wie eine Wolke spiritueller Pockenerreger, die alles infizierten, das mit ihnen in Berührung kam.
    Über die Trümmer in der Erdgeschosshalle zu gehen war um einiges schwieriger, weil ich jetzt einen Weg für zwei suchen musste. Als wir zum Korridor eilten, wo sich die Toiletten befanden, hörte ich das laute Krachen der Eingangstüren links von uns und das Knirschen eiliger gestiefelter Füße auf dem Glasscherbenteppich. Ich legte einen Schritt zu und riskierte einen Fehltritt, der uns beide mit dem Gesicht voran hätte stürzen lassen. Wir gelangten in den Korridor, und die widerhallenden Schritte bewegten sich geradeaus weiter. Ich erwartete jeden Moment, hinter mir eine Stimme rufen zu hören: »Bleiben Sie stehen, wo Sie sind. Legen sie den Succubus auf den Boden – aber langsam.« Aber nichts dergleichen geschah.
    Der Ladebereich war noch immer verwaist. Ich brachte Juliet zum Rand der Rampe, setzte sie ab, dann sprang ich hinunter und lud sie mir wieder auf. Erstaunlicher- und ärgerlicherweise, trotz allem, was soeben geschehen

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