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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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gab einen Laut, halb Schnauben, halb Kichern, von sich. »Das ist tatsächlich möglich«, sagte er. »Wenn ja, dann entsprechen die Geschichten, die man über Sie erzählt, nämlich dass Sie kein Trottel seien, vielleicht der Wahrheit. Obgleich es eher wahrscheinlich ist, dass jemand Sie nach seiner Pfeife tanzen lässt, so wie Sie es mit dieser Flöte praktizieren.«
    Er schwieg so lange, dass ich schon glaubte, er sei fertig.
    »Wenn ich aufstehe«, fragte ich und riskierte einen sehr langsamen und sehr vorsichtigen Blick über meine Schulter, »wird mich dieses Arschloch dann wieder auf die Bretter schicken?«
    Gwillam fuhr fort, als hätte ich gar nicht gesprochen. »Sie waren uns auf der
Collective
voraus«, sagte er. »Das war … beeindruckend. Haben Sie noch irgendwelche anderen Spuren oder Hinweise, wo Peace das Mädchen versteckt haben könnte?«
    Nun, ich hatte so etwas wie eine halbe Spur, und die wollte ich für mich behalten. Ich legte eine Hand auf die Leitplanke und begann, mich auf die Füße hochzuziehen. Dabei biss ich vor Anstrengung die Zähne zusammen, so dass ich Gwillams Frage natürlich nicht beantworten konnte.
    Er seufzte abermals und klang wie jemand, der das Gewicht der ganzen Welt auf seinen Schultern trug.
    »Wenn ich Sie auffordere, in den Rückwärtsgang zu schalten und sich aus der Sache zurückzuziehen – sagen wir, bis nach China –, besteht die Chance, dass Sie es tun?«
    Wahrscheinlich ist es eine Sünde, einen Priester anzulügen, und ich hatte schon genug Sünden auf mein Gewissen geladen, sodass ich keine neuen brauchte. Daher schüttelte ich einmal den Kopf. Mehr als einmal wäre übertrieben gewesen, da ich gerade erst dabei war, mich wieder in die Vertikale zu bringen.
    »Das hatte ich mir gedacht«, sagte Gwillam traurig. »Aber ich bitte Sie trotzdem. Ich tue es in Anerkennung dessen, was Sie heute getan haben. Nennen Sie es eine kollegiale Geste. Sie ist die letzte, die Sie erwarten können. Gute Nacht, Castor – und leben Sie wohl.«
    Er machte über meinem Kopf ein Kreuzzeichen – nicht drohend oder ironisch, sondern todernst. Dann gab er den beiden Werwölfen ein Zeichen, und sie fielen rechts und links neben ihm in Gleichschritt, um mit ihm zum Wagen zurückzugehen.
    Als sie losfuhren, war Zucker im Eifer des Gefechts ein wenig unachtsam – vielleicht geschah es aber auch mit Absicht – und schrammte an der Beifahrerseite von Matts Civic entlang, so dass dieser einen Schmerzlaut von sich gab, der wie der Schrei eines kastrierten Elefanten klang. Dann fädelte er sich in den nach Osten fließenden Verkehr ein, und schon nach wenigen Sekunden waren ihre Rücklichter im Strom der anderen Fahrzeuge untergegangen.

    Imelda Probert, besser bekannt unter ihrem Szenenamen Ice-Maker, wohnte in einer kleinen, verwahrlosten Wohnung im dritten Stock einer Mietskaserne in Peckham, deren Mauerwerk im Zuge eines fehlgeschlagenen Experiments, die Tarnkappen-Technologie auch zivil nutzbar zu machen, schwarz gestrichen worden war. Die Tür zur Straße war mit Brettern verrammelt, daher musste man um das Haus herum und durch einen Hinterhof gehen, der aussah wie ein städtischer Elefantenfriedhof und mit verrosteten, radlosen Kadavern ausrangierter Automobile übersät war. Das Ganze erschien ziemlich rätselhaft, wenn man bedachte, wie viel Bargeld Madame Ice-Maker Woche für Woche zusammenraffte. Schließlich bot sie einen ganz speziellen und gefragten Service an. Aber andererseits, vermutete ich, brauchte sie sich nicht um Laufkundschaft zu bemühen. Die Leute, die sie brauchten, fanden auch ohne besonderen Hinweis zu ihr.
    Ehe ich hineinging, überprüfte ich ein zusätzliches Hilfsmittel, das ich unterwegs besorgt hatte. Es war ein Myrtenzweig, den ich mir auf einem Friedhof ausgeliehen hatte. Myrte für Mai. Wenn ich auf Draht gewesen wäre, hätte ich mir schon längst einen besorgt und hätte nicht nach Mitternacht über Friedhofsmauern klettern müssen. Ich hauchte einen Segensspruch darauf und kam mir wie immer, wenn ich mit Dingen herumhantiere, die Laien Magie nennen würden, wie ein Betrüger vor.
    Im Treppenhaus stank es nach Pisse und schalem Bier – zwei Zustände in einer Verbindung, die gewöhnlich auf »Stockbesoffener, der mit dem Gesicht in seiner eigenen Kotze liegt« hinausliefen. Aber ich traf niemanden auf meinem Weg nach oben, und als ich im dritten Stock an die Tür klopfte – die einzige Tür, die nicht mit Sperrholzlatten bedeckt und zugenagelt war

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