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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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versuchte, ein wenig Glück für sich selbst zu finden. Daher bemühte ich mich jedes Mal, wenn sie ihren neuen wohlhabenden, leidenschaftlichen, in der Druidenausbildung befindlichen, Lexus fahrenden »Vertrauen Sie mir, ich bin Arzt«-Freund erwähnte, positiver und begeisterter zu klingen, als ich mich fühlte.
    »Nun, das ist ja noch besser«, sagte ich jetzt. »Versuch diesen Kram für ein paar Stunden zu verdrängen. Ich hoffe, er hat etwas Schönes vor.«
    »Ich glaube nicht, dass er irgendetwas Besonderes geplant hatte. Er sagte nur, es würde ein mörderischer Tag und er müsse mich unbedingt sehen, um für den ganzen Mist einen Ausgleich zu haben. Ich sagte ihm, ich ginge zu Rafi, und er versprach, sich anschließend mit mir zu treffen.«
    Sie umarmte mich kurz aber heftig und stieg in den Wagen.
    »Soll ich dich irgendwo absetzen?«, fragte sie und hielt für einen Moment die Tür auf, damit wir uns weiter unterhalten konnten.
    Ich überlegte, aber nicht sehr lange. Mein Geist hatte sich noch nicht von dem Schreck erholt, den ich empfunden hatte, als ich die Krankenschwester zerknautscht wie ein schmutziges Wäschestück auf dem Fußboden von Rafis Zelle liegen sah. In diesem Moment wollte ich mich für eine Weile im Freien aufhalten und allein sein.
    Ich schüttelte den Kopf. »Danke, aber ich glaube, ich brauche jetzt einen kleinen Spaziergang«, sagte ich.
    »Dann sehen wir uns morgen.« Sie schlug die Tür zu, gab Gas und fuhr davon, wobei der Mondeo ein wenig hin und her schaukelte, weil er allmählich in die Jahre kam und die Federung mehr oder weniger den Geist aufgegeben hatte.
    Die Nacht gehörte mir. Juchhu.

    Wie sich herausstellte, brauchte ich mehr als nur einen Spaziergang. Die nächsten paar Stunden verbrachte ich mit dem Versuch, dieses Gefühl des Unbehagens in einer Reihe Pubs und Nachtasylen für chronisch Schlaflose von Kings Cross bis zur Finchley Road und weiter abzuschütteln. Irgendwo auf dieser Strecke, als ich meinen fünften oder sechsten Whisky in irgendeinem auf irisch getrimmten Laden in der Kentish Town Road hinunterstürzte, erkannte ich, dass das, was ich spürte, nichts mit dem zu tun hatte, was im Stanger passiert war. Irgendetwas lag in der Luft; es hing über der gesamten ahnungslosen Stadt wie eine ektoplasmische Lawine, die nur darauf wartete, zu ihrer unabwendbaren Rutschpartie zu starten.
    Um kurz nach drei Uhr kam ich nach Hause. Pens Haus lag unweit der Turnpike Lane. Es war groß und alt, erbaut in einem namenlosen Fin-de-Siècle-Stil, der noch wuchtiger erschien als der klassische viktorianische Baustil. Es stand auf einem Berghang, so dass der Keller, in dem Pen wohnte, auf der Rückseite zum Parterre wurde und direkt in den Garten überging. Ich hielt wie immer Ausschau, ob bei ihr Licht brannte. Wenn sie noch wach gewesen wäre, hätte ich auf eine Flasche oder mindestens ein Glas Bier noch bei ihr vorbeigeschaut. Aber alles war dunkel und still. Wahrscheinlich blieb sie über Nacht bei Dylan in seiner Wohnung in der Pinner – ein Zeichen, wie verliebt sie sein musste, denn das Haus war weit mehr als nur ein Ort, wohin sie sich zurückzog, um sich zu entspannen. Es war außerdem die Basis ihrer eigenen, sehr persönlichen Religion, ihr Kraftzentrum, die Höhle, wo sie Hohepriesterin und Wahrsagerin war.
    Mein Zimmer befand sich oben unterm Dach, so weit wie möglich entfernt von all diesem Mutter-Erde-Kram, was mir ganz recht war. Abgesehen von allem anderen waren es ganz schön viele Stufen, die jemand erklimmen musste, um zu mir zu kommen, und gewöhnlich hörte ich ihn schon lange vorher.
    Ich schaffte es kaum noch, aus meinen Kleidern zu schlüpfen. Dann fiel ich aufs Bett und war bereits eingeschlafen, ehe ich noch einmal hochfederte.
    Wie es mit Rafi war, wusste ich nicht, aber ich habe auf jeden Fall vom Sonntagmorgen nicht viel mitgekriegt. Ich wachte weit nach Mittag auf, als die Sonne wie ein Wahnsinniger mit einer Kettensäge durch eine Lücke in meinen Fenstervorhängen schnitt. Ich hatte einen pelzigen Geschmack im Mund und einen Kater, der sowohl psychologischer als auch physischer Natur war. Oder animistischer vielleicht – ein geistiger Kater sozusagen. Wie zum Teufel kurierte man so etwas? Mit einer Art spirituellem Katerbier?
    Von Pen war noch immer nichts zu sehen. Ich frühstückte allein in der sonnendurchfluteten Küche, und alles kam mir ein wenig unwirklich vor. Die Nacht war so düster gewesen, die Ahnung bevorstehenden Unheils so

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