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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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mich an eine weißblonde, spindeldürre Erscheinung, die in jener Nacht stundenlang neben mir arbeitete und Eiswürfel, die wir aus einem Spirituosenladen hatten liefern lassen, in die Wanne schaufelte, in der Rafi lag, um zu verhindern, dass das Wasser, das seine Temperatur unten hielt, nicht verkochte. Rafi hatte recht, es war wie ein Traum gewesen – und sie war eines der Dinge, die mit dem Tagesanbruch verblassten. Ich hatte sie nie wiedergesehen, und es stellte sich heraus, dass die Wohnung auf Rafis Namen gemietet war, so dass es keine Möglichkeit gab, mit ihr Kontakt aufzunehmen. »Ich habe sie aus den Augen verloren«, murmelte ich – was den Vorzug hatte, den Tatsachen zu entsprechen, ohne ihm unverblümt vor den Latz zu knallen, wie schnell seine Freundin ihn im Stich gelassen hatte.
    Er konnte jedoch zwischen den Zeilen lesen. Und zwei Jahre als Asmodeus’ Puppe hatten ihn ein wenig der Fähigkeit beraubt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ich konnte den nackten Schmerz in seinen Augen nicht ertragen und musste wegschauen.
    Ich war zutiefst dankbar, dass sich diese Szene nicht in Rafis Zelle abspielte. Doktor Webb hatte uns – trotz der immer noch frischen Erinnerung an die Prügelei vom Samstag – gestattet, einen der Gesprächsräume zu benutzen, und nur darauf bestanden, dass ein Krankenpfleger zugegen war und wir alle uns einschließen ließen, bis wir meldeten, dass der Besuch beendet war. Der Krankenpfleger – ein humorloser Waliser namens Kenneth mit der Statur und dem Auftreten eines Bulldozers – stand in der Zimmerecke und verfolgte eine Folge von
Coronation Street
, die auf einem stumm geschalteten, an der Wand befestigten Fernseher lief. Das war das Optimum an Privatsphäre, welches das Stanger seinen Besuchern bieten konnte.
    »Ich war besessen«, sagte Rafi und klang, als würde er abermals versuchen, sich dieser Erkenntnis zu unterwerfen, nur um festzustellen, dass allein diese Möglichkeit in Erwägung zu ziehen ihm nicht möglich war. »Asmodeus hat die Macht über mich ergriffen und sich in meinem Körper breitgemacht.«
    »Rafi, Liebster«, sagte Pen und trocknete ihre verweinten Augen, »du solltest jetzt nicht daran denken. Erst einmal musst du dich erholen und wieder auf die Beine kommen. Später dann, wenn du …«
    Sie verstummte, denn Rafi schüttelte den Kopf langsam und mit Nachdruck. »Nein«, sagte er. »Ich muss wissen, was passiert ist. Man kann nicht einfach aus dem Bett aufstehen, gähnen und sich recken und sein Leben wie gehabt fortsetzen. Nicht nach zwei Jahren.«
    »Es wird auf keinen Fall einfach«, sagte ich und empfand es als meine Pflicht, das Arschloch vom Dienst zu spielen und seine Hoffnungen zu dämpfen, ehe sie sich allzu hochschraubten. »Dein Leben fortzusetzen, meine ich. Du bist nicht aus eigenem Antrieb hier. Du wurdest eingewiesen. Dich herauszuholen, wird einige Zeit dauern. Du musst eine ganze Menge Leute davon überzeugen, dass du wieder geistig normal bist.«
    Pen starrte mich an, als sei das eine Entscheidung, die ich treffen müsste. »Er war nie wahnsinnig, Fix«, sagte sie, wobei ihre Stimme, vom Weinen noch zittrig, sie beinahe im Stich ließ. »Das weißt du.«
    »Ja«, gab ich zu. »Das tue ich. Aber es macht nicht das Geringste aus, was ich weiß, Pen. Rafi ist nicht hier, weil jemand wirklich angenommen hat, dass er geisteskrank ist. Er ist hier, weil von einem Dämon besessen zu sein rein rechtlich nicht definierbar ist – und weil man Asmodeus nicht einfach frei auf der Straße herumlaufen lassen kann, um den traditionellen dämonischen Freizeitaktivitäten wie Folter, Verstümmelung und Mord zu frönen. Wir haben getan, was wir tun mussten. Und unglücklicherweise lässt sich das, was einmal getan wurde, nicht so leicht rückgängig machen.«
    Pen stand auf, ballte die Fäuste und starrte mich wütend an. Nur für diesen einen Moment, so schien es, war ich der Feind – der Wortführer all jener Unvernunft und scheinheiliger Sicherheitsbedenken, der Rafi hierhergebracht hatte und jetzt froh war, ihn hier verrotten zu lassen.
    »Ich denke, wir wären jetzt gern für eine Weile allein«, sagte sie spitz. Ich hob die Hände in einer beschwichtigenden Geste und ging zur Tür.
    »Warte, Fix.«
    Als ich mich umwandte, schaute Rafi zu Boden – oder vielleicht hatte er seinen Blick auch nur nach unten gerichtet, während er angestrengt nachdachte, was er als Nächstes sagen sollte. Diese Überlegung nahm offenbar seine gesamte

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