Fesselnde Lust 1
Seitdem er Rowan kannte, war alles anders. Und jetzt stand sie da mit Sterling, und beide warteten darauf, dass er etwas sagte.
Er räusperte sich.
»Nun, wollen wir essen gehen? Sterling, möchtest du mitkommen?«
»Danke, aber heute nicht. Wir reden später noch.«
Ihm entging Sterlings spitzer Tonfall nicht. Ja, sie würden später miteinander reden. Im Moment jedoch hatte er keine Lust, seine Gedanken oder Handlungen jemandem zu erklären. Noch nicht einmal sich selbst.
Die Terrasse des Ivy war wie üblich voller Hollywoodstars, aber sie bekamen schnell einen Tisch in einer Ecke vor dem weißen Staketenzaun. Eine blasse Februarsonne drang durch die Wolken, so dass es warm genug war, um draußen zu essen.
Er liebte es, wie die Sonne ihr Haar zum Schimmern brachte. Gleich rief er sich wieder zur Ordnung. Was hatte er heute nur mit ihrem Haar? Aber es war nicht nur ihr Haar; er liebte alles an ihr.
Sie bestellten Salat für beide und eine Flasche Pinot Noir. Rowan wirkte entspannt und glücklich.
»Warst du schon einmal hier essen?«, fragte er sie.
»Natürlich. Nach einem Einkaufsbummel gibt es nichts Besseres.«
»Ah, du gehörst also zu den Frauen, die shoppen gehen.«
»Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Aber ich verbringe mein Leben auch mit anspruchsvolleren Beschäftigungen.«
Er lachte. »Und womit zum Beispiel?«
»Ich lese schrecklich gerne, vor allem die Klassiker.
Dickens, Shakespeare.«
»Das passt zu dir.«
Ihr Wein kam. Er probierte den ersten Schluck, nickte zustimmend, und der Kellner schenkte ihnen ein. Erneut ergriff Christian sein Glas und trank einen Schluck.
»Ich lese aber auch gerne Liebesromane«, gestand Rowan.
»Wirklich?«
Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Ja, wirklich.
Und Biografien, historische Romane und Krimis.«
»Was noch?« Er beugte sich vor. Auf einmal wollte er alles über sie wissen.
»Nun, du hast doch meine Sammlung von Fotografien gesehen. Ich liebe Kunst, ich gehe gerne ins Museum.
Und vor allem liebe ich die kleinen Sammlungen im Getty.«
»Dann hast du bestimmt auch die Robert-Adams-Ausstellung dort gesehen.«
»Ja, vor ein paar Wochen. Ich liebe sein Werk. Es ist so … eindrucksvoll und unverfälscht.«
»Genau. Er ist einer meiner Lieblingsfotografen.«
»Ich habe gerade gedacht… in der Galerie eben habe ich einen Blick auf eine surrealistische Skulptur in einem anderen Raum geworfen. Dadurch bin ich darauf gekommen. Kennst du Der Garten der Lüste von Hieronymus Bosch?«
»Ja, klar. Er stellt die verschiedenen Sünden des Fleisches dar. Manche Leute finden das Bild erotisch.«
Er trank einen Schluck Wein. Worauf wollte sie wohl hinaus?
»Es hat viel Ähnlichkeit mit der BDSM-Szene. Allerdings geht es bei uns eher sinnlich zu und nicht so vulgär und traurig, wie Bosch es aus seiner puritanischen Perspektive gesehen hat. Ich meine, er hat es zwar Garten der Lüste genannt, aber gemeint hat er Garten der Unmoral. Der Sünden, wie du gesagt hast.«
Christian grinste. »Ich bin froh, dass ich ein Sünder bin.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich meine damit, dass unser Leben aus Lust und Sünde zugleich besteht.«
»Das macht es nur noch schöner und reizvoller.«
Es erregte ihn, dass sie etwas von Kunst verstand, dass sie solches Interesse dafür empfand und über diese Dinge nachdachte. Er beugte sich vor. »Was hältst du von Skulpturen?«
Sie lächelte. »Deine liebe ich. Aber das weißt du ja.
Und wie sieht es bei dir aus, Christian?«, fuhr sie fort.
»Was magst du, außer Bildhauern, Malen und kleinen Mädchen wehzutun?«
Er lachte. Diese freche Seite an ihr gefiel ihm.
»Ich reise gerne. Aber davon habe ich jetzt erst einmal genug.«
»Wie lange hast du in Europa gelebt?«
»Fünf Jahre. Das reicht. Ich muss jetzt erst einmal eine Weile hier leben. Ich bin an einem Punkt in meinem Leben angelangt, wo ich das Bedürfnis habe, Wurzeln zu schlagen. Hier fühle ich mich zu Hause, und deshalb bin ich hier.«
Sie beugte sich ebenfalls vor und stützte ihr Kinn in die Hand. Ihr Mund war so rosig und verführerisch, dass er sich nur mit Mühe auf das konzentrieren konnte, was sie sagte.
»Warum? Woher kommt dieses plötzliche Bedürfnis?«
»Ich weiß nicht, ob es so plötzlich gekommen ist. Es hat sich irgendwie entwickelt. Ich bin durch die Welt gereist, habe in fremden Städten gelebt. Zuerst war alles aufregend, aber dann wurde es zur Norm, in Paris, London oder Berlin zu leben. Es war alles irgendwie
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