Festung der Luegen
furchtbares persönliches Risiko für Sie, Commander.«
»Das weiß ich. Ich beanspruche auch nicht, mich als MechKrieger mit Ihnen messen zu können, Justin, aber es gibt mehr als einen Weg, eine Schlacht zu schlagen. Ich kann hier nicht gewinnen, indem ich auf Nummer Sicher gehe. Haben Sie schon mal Texas Hold-'em gespielt, Justin?«
»Ja, Sir.«
»Dann wissen Sie, was >alles< bedeutet.«
Er nickte.
»Falls ich in der Schlacht falle, müssen Sie diesen Kampf zu Ende bringen. Sie wissen, was wir vorbereitet haben. Sie wissen auch, wo unsere Schwachstellen sind und Sie kennen die Ziele der Capellaner. Ihre Familie hat seit Generationen eine Verbindung zu dem Haus. Falls Sie etwas von dem göttlichen Licht brauchen, werden Sie es finden.«
Sortek lächelte grimmig. »Ja, Sir.«
Erik klopfte ihm auf die Schulter. »Ich gehe zu meinem Mech. Ich melde mich über Funk, sobald ich eingestiegen bin.«
Allerdings hatte er unterwegs noch etwas anderes zu erledigen. Der Bau lag eine Etage unter dem Befehlsbunker.
Er wirkte noch verlassener und kälter als der Rest der Basis. Dieser Bereich war seit Jahren nicht mehr geheizt worden, die Betonwände waren stellenweise mit Flechten bewachsen. Das Metall war relativ frei von Rost, aber die Farbe blätterte ab. Der blanke Betonboden war feucht und unter einer leckenden Rohrleitung im Gang hatte sich eine Pfütze gebildet.
Ein einzelner Posten lehnte mit ins Gesicht gezogener Mütze an der Wand und döste vor sich hin. Erik ging hinüber und blieb einen Moment unbemerkt vor ihm stehen, dann bellte er: »Private!«
Die Augen des Soldaten flogen auf. Er starrte Erik entsetzt an, dann nahm er hastig Haltung an. »Corpo-ral, Sir.«
»Bis vor einer Minute«, kommentierte Erik trok-ken. Dann schmunzelte er. Wenigstens unterhielt er sich nicht mit der Gefangenen. Das wäre ein größerer Grund zur Besorgnis gewesen. »Stehen Sie bequem, Corporal. Passen Sie in Zukunft besser auf. Erst einmal möchte ich mit der Gefangenen reden. Machen Sie eine kurze Pause.«
»Sir?«
»Zehn Minuten. Spritzen Sie sich kaltes Wasser ins Gesicht und holen Sie sich einen Kaffee.«
Der Mann wirkte beinahe jämmerlich dankbar. »Ja, Sir! Danke, Commander!«
Erik blickte den Korridor hinunter zu den Zellen. »Hat sie mit Ihnen gesprochen?«
Plötzlich wirkte der junge Corporal unbehaglich. »Nicht wirklich, Sir. Sie ... brabbelt.«
»Gut. Sie ist entweder eine Spionin oder verrückt. Ich bin mir noch nicht sicher, was genau. Sie hat sich auf Shensi an mich gehängt und verfolgt mich seitdem durch die halbe Republik.«
Der Corporal war erleichtert. »Eine Verrückte? Das erklärt manches, Sir. Sind Sie sicher, dass Sie mich nicht brauchen, für den Fall...« Er hob das Gewehr.
»Nein, sie ist harmlos. Sie sind in zehn Minuten zurück. Pünktlich!«
»Ja, Sir!« Er rannte davon.
Und doch verfolgte sein Gesicht Erik, auch als er fort war. Die fahlen, eingefallenen Wangen, die Säk-ke unter den zu jungen Augen. Er durfte dieses Gesicht nicht vergessen. Es erinnerte ihn an das, wofür er kämpfte. Nicht für den Duke. Nicht für Haus Da-vion. Für diese Männer, die an etwas glaubten, das größer war als sie alle zusammen. Er hätte schwach werden und damit spielen können, all das andere zu verraten, aber nicht diese Männer und Frauen, diese Soldaten.
Er wanderte an der Zeile der vergitterten Zellentüren entlang, bis er diejenige Elsas erreichte. Sie hatte sich in die Decken gewickelt und saß auf der Pritsche, die Knie an die Brust gezogen, den Rücken an der Wand. Irgendwie konsternierte ihn ihr Anblick. Die mondäne junge Dame der Gesellschaft war verschwunden. Sie wirkte jung, verletzlich, verloren. Dann schaute sie zu ihm auf, und ihre Augen funkelten vor Wut. »Da hast du mich ja in ein feines Pestloch gesteckt, Erik.«
Er zuckte die Achseln. »Es ist die beste Zelle, die wir haben. Ich kann keine Soldaten entbehren, die dich in einem Kasernenquartier bewachen, und so ist es leichter, zu verhindern, dass du mit jemandem redest.« Er schaute hinauf zur Decke. »Außerdem bist du hier vermutlich sicherer.«
»So sicher wie überall sonst auf dieser Basis, Erik. Sie werden dich niederwalzen. Du hast keine Chance.« Zu seiner Überraschung schien sie ebenso besorgt um ihn wie um sich selbst.
»Es gibt immer eine Chance.«
»Lass mich frei.«
»Nein.«
Sie stand auf, die Decke weiter um ihre Schultern drapiert. Sie fasste die Gitterstäbe und schaute ihn mit verzweifelten Augen an.
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