Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
klappt es noch weniger.«
»Ja, und jetzt?«, fragt Tom.
»Wenn du dich nicht unten auf die Lauer legen willst, bis der cartero (Briefträger) oder die cartera (Briefträgerin) auftaucht, dann geh doch mal gleich auf die Post und sieh nach, ob dort etwas liegt. Unseren cartero habe ich schon ewig nicht mehr gesehen. Vielleicht ist er seit Monaten krank. Oder er hat gekündigt.«
Vor der Mittagspause geht Tom also beim Postamt vorbei und fragt nach Post für die Firma Softpro S. L. Nach nur wenigen Suchminuten bringt der Angestellte zwei wattierte Umschläge an, Absender: Bodega Don Rodrigo, Logroño. Die Umschläge hätten wohl nicht in den Briefkasten gepasst, nuschelt er, und die Frage, warum kein Hinweis im Briefkasten lag, kann oder will er gerade nicht beantworten.
Tom fühlt sich ziemlich mies. »Und was mach ich jetzt?«, fragt er Javi, als er mit den beiden Umschlägen zurückkommt.
»Wie gesagt, dich beim Kunden entschuldigen. Du sagst die Wahrheit, nämlich dass die Post schuld war. Das glaubt dir jeder Spanier sofort.«
Correos kann in puncto Zuverlässigkeit und Schnelligkeit der Postzustellung nicht auf sehr viele zufriedene Kunden zählen. Über das Warum kann nur spekuliert werden. Vielleicht liegt es an der schlechten Bezahlung der Briefträger. Häuser in Alleinlage müssen übrigens gar nicht mehr von der Post beliefert werden. In den urbanizaciones , den Einfamilienhaus- und Reihenhaus-Siedlungen außerhalb der Städte, werden oft Sammelbriefkästen eingerichtet, wo sich jeder – theoretisch – seine Post selbst abholen kann. Ob die passende Post im richtigen Fach landet, scheint Glückssache zu sein, wenn man den einschlägigen Klagen der Bewohner glaubt. Die sicherste Variante für Einheimische wie deutsche Residenten in Spanien ist die Entscheidung für ein Postfach auf der Post und die Selbstabholung.
Ein deutscher Bekannter erzählt Tom ein paar Tage nach Auffinden der verschollenen CDs bei einem Bierchen, er habe sich seine Post anfänglich, als er in Madrid noch keine Wohnung hatte, postlagernd schicken lassen. Als er auf dem Postamt nachfragte, gab es aber seltsamerweise nie Post für ihn. Bis er eines Tages auf eine Angestellte traf, die offenbar Mitleid mit ihm hatte und besonders gründlich suchte. Und siehe da, sie wurde fündig. Er hieß zwar Max Müller, aber seine Post war unter Buchstabe »H« sortiert. »H« wie »Herr Max Müller.«
Der deutsche Name Müller wird in Spanien [mu jer ] ausgesprochen, ohne Umlaut »ü« und mit einem Doppel-l, das wie in Mallorca [ma jor ka] gesprochen wird. Wenn Sie Missverständnisse und Nachfragen vermeiden wollen, sprechen Sie Ihren Namen am besten gleich spanisch aus. Kleines Rätsel: Wie schreibt sich señor El muth Batsch? Genau: Helmut Bach.
Was können Sie besser machen?
Machen Sie es wie die Spanier. Glauben Sie erstens jedem, der sich damit entschuldigt, dass die Post schuld sei am Nichteintreffen eines Briefes oder Päckchens. »Im Zweifel für den Angeklagten« gilt hier unbedingt.
Versuchen Sie zweitens, sich mit ihrem Briefzusteller bekannt zu machen. Richten Sie es so ein, dass Sie ihm oder ihr ganz zufällig in die Arme laufen und verwickeln sie die Person dann in ein harmloses Gespräch über das Wetter oder die schlechte Wirtschaftslage. Seien sie nett und sympathisch und achten Sie darauf, dass Ihr Gegenüber sich auch wirklich merkt, wie Sie heißen, wo Sie wohnen und welcher Briefkasten der Ihre ist.
Drittens: Wenn Sie Post erwarten und sie steckt auch nach Tagen nicht in Ihrem Briefkasten, dann sehen Sie mal auf dem für Sie zuständigen Postamt nach, am besten zu einer Zeit, zu der nicht voller Betrieb herrscht. Bitten Sie Ihren dortigen Ansprechpartner, Ihnen bei der Suche nach dem Poststück behilflich zu sein. Denken Sie an die mögliche irrtümliche Einsortierung bei »H« wie »Herr« oder »F« wie »Frau«. Deutsche haben ja auch so unaussprechliche Namen wie Helge oder Ingrid, bei denen man als Spanier beim besten Willen nicht erkennen kann, ob es sich um Vor- oder Nachname, Mann oder Frau handelt. Sprechen Sie Ihren Namen so aus, wie Spanier ihn sprechen würden: Mu jer statt »Müller«, Borne statt »Börne«, Mi tschel statt »Michel«, Meth cher (gelispeltes englisches »th«) statt »Mezger« usw.
Last not least: Wenn es geht, weichen Sie auf Einscannen von Dokumenten und Senden als E-Mail-Anhang aus. Expresszustellungen oder alternative Postzusteller sind in der Regel zwar sicherer und schneller
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