Feuergipfel
hätten sein können.
»Kannst du es sehen?« fragte Hunter.
Der Unterton mühsam beherrschter Erwartung, der in seiner Stimme mitschwang, machte Elyssa neugierig.
»Nein«, gestand sie. »Ich fürchte, ich erkenne so gut wie gar nichts.«
»Halt dich fest.«
Damit hob Hunter Elyssa auf seine Arme und trug sie quer vor seiner Brust, als ob sie ein Kind wäre. Er platschte bereits durch den Bach, noch bevor sie begriff, was geschah.
»Hunter!«
Das Echo hallte in der Höhle wider; glatte Felswände warfen von allen Seiten Elyssas Stimme zurück, die seinen Namen rief.
Hunter legte den Kopf schief und horchte, während sich sein Mund zu einem Lächeln verzog.
Die Zärtlichkeit und Sinnlichkeit in seinem Blick bewirkten, daß Elyssa zu atmen vergaß.
»Hunter?« flüsterte sie wie gebannt.
»Ich bin ja bei dir.«
Er trat aus dem Bachbett auf das Ufer und marschierte weiter.
»Laß mich ... herunter«, murmelte sie und schluckte hart.
»Einen Moment noch. Wir sind gleich da.«
Während Hunter ging, flüsterte Sand unter seinen Stiefeln und glitt mit einem weichen Knirschen beiseite.
Elyssa öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und schloß ihn dann wieder. Sie hatte Angst, ihre Stimme würde den wilden Aufruhr ihrer Gedanken und ihres Körpers verraten.
Hunter war einfach zu nahe. Zu überwältigend.
Zu sanft.
Er trug sie, als ob sie aus feinstgeschliffenem Glas wäre, so zerbrechlich, daß ein Atemhauch genügte, um es erzittern und erklingen zu lassen. Seine Behutsamkeit gab ihr das Gefühl, ebenso zerbrechlich, ebenso zittrig zu sein.
Hunter fühlte die Schauder, die Elyssa überliefen, so deutlich wie sie selbst. Er blickte in ihr Gesicht. Alles, was er sah, war das Blitzen ihrer halb geschlossenen Augen, der angespannte Zug um ihren Mund, die Blässe ihrer zarten Haut.
Er biß sich auf die Lippen. Elyssa sah wie eine Frau aus, die vor etwas Angst hatte. Als er daran dachte, was beim letzten Mal ihres so engen Beisammenseins geschehen war, bekam er eine ziemlich genaue Vorstellung von ihren Befürchtungen.
Ich habe es dir doch gesagt, beim nächsten Mal wirst du es genießen.
Mein Gott, du mußt mich ja wirklich für kreuzdämlich halten. >Beim nächsten Mal wirst du es genießen<. Was für ein Geschwätz!
Der Plan, den er sich letzte Nacht zurechtgelegt hatte und der ihm so narrensicher vorgekommen war, schien bei Tageslicht betrachtet plötzlich die reinste Torheit.
Ich hasse dich.
Ich will dich nicht mehr. Niemals mehr. In keiner Beziehung.
Nichts hatte sich zwischen ihnen geändert, seit Elyssa ihm diese zornigen Worte entgegengeschleudert hatte.
Ein Gefühl der Beklommenheit kroch in ihm hoch, und er verkrampfte sich innerlich derart, daß er Mühe hatte, seine Fassung zu bewahren. Langsam senkte er seine kostbare Last, bis sie neben der Bettrolle, die er so sorgsam vorbereitet hatte, auf die Füße kam.
Als Hunter sprach, klang seine Stimme barscher, als er beabsichtigt hatte.
»Hab keine Angst vor mir«, sagte er. »Ich schwöre bei Gott, daß ich niemals die Absicht hatte, dir weh zu tun.«
Elyssa traute sich nicht zu sprechen. Sie schloß nur die Augen und wandte ihr Gesicht ab.
»Haßt du mich wirklich so sehr?« flüsterte er.
Sie riß die Augen auf.
Schweigend schüttelte sie den Kopf.
»Warum zitterst du dann so und wendest dich von mir ab, als könntest du meinen Anblick nicht ertragen? Gütiger Himmel, du willst ja nicht mal mit mir sprechen!«
»Ich ...« Elyssas Stimme brach.
Sie kehrte Hunter den Rücken zu und schluckte hart, während sie ihr aufgewühltes Innere zu ordnen trachtete.
»Es ... es wäre so viel einfacher, wenn ich Haß auf dich empfinden könnte«, klagte sie. »Aber ich kann es nicht. Also hasse ich statt dessen mich selbst. Ich war so dumm und so töricht.«
Hunter zuckte zusammen bei dem Schmerz, der in ihrer heiseren Stimme mitschwang. Er drehte Elyssa behutsam herum, bis sie ihm wieder das Gesicht zukehrte.
Zwar standen sie sich gegenüber, aber sie sah ihn nicht an.
»Heirate mich«, sagte Hunter gepreßt.
Elyssa schüttelte den Kopf. Obwohl sie verstummt war, lasteten ihre früheren Worte noch immer wie ein Grundsatz weiblicher Empörung zwischen ihnen.
Kein Wunder, daß Kirchen und Verwaltungsbezirke auf die Jungfernschaft der Mädchen achten, wenn sie heiraten. Andernfalls würden sie das doch niemals weiter erdulden.
Mit fast schmerzlicher Zärtlichkeit strichen Hunters Fingerspitzen über Elyssas Augenbrauen, ihre Wangen. Tränen
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