Feuerschwingen
über seine Qualitäten als Liebhaber beschwert. Auch Mila nicht, aber sie war dennoch anders. Das hoffte er zumindest.
Er dachte daran, wie sie ihm das Amulett an den Kopf geworfen hatte. Glaubte sie wirklich, er wollte sie damit kontrollieren? Dabei hatte er es ihr nur geschenkt, um ihr das Gefühl von Sicherheit zu geben und auch weil er Lust hatte, ihr etwas Schönes zu schenken. Die Kette besaß er schon sehr lange, doch bisher hatte er sie niemandem anvertrauen wollen … bis er Mila begegnet war. Es kam ihm vor, als hätte der geheimnisvolle Künstler sie gekannt, als er das Schmuckstück entwarf und fertigte. Die darin enthaltene Magie war also keineswegs der Hauptgrund dafür gewesen, ihr dieses Geschenk zu machen, und nun war sie auch nicht mehr von Bedeutung. Inzwischen ging ihre men tale Kommunikation längst weit über das Übliche hinaus. Die Frage war, ob das nur an dem Feuer lag, das sie geteilt hatten, oder ob es auch eine besondere emotionale Bindung zwischen ihnen gab.
Quaid, der gespürt haben musste, dass sein Chef einen inneren Monolog führte, sah ihn ernst an. »Egal, wer ihre Eltern waren, sie denkt und fühlt fast wie ein Mensch. Du musst ihr Vertrauen gewinnen. Gelingt dir das nicht, fürchte ich, dass du noch viel mehr verlierst als eine begehrenswerte Frau.«
»Bist du neuerdings unter die Seher gegangen?« Das unangenehme Gefühl, Quaid könnte recht haben, machte ihn reizbar.
Sein erster Offizier besaß auch noch die Frechheit zu grinsen. »Wer weiß, manche Talente entwickeln sich langsam.«
»Ist das so? Dann kannst du mir sicherlich auch sagen, wer hinter diesen Angriffen steht.«
»Da muss ich leider passen. Wer auch immer es aber ist, es wird Zeit, ihn in seine Schranken zu weisen.«
»Da sind wir ausnahmsweise einmal einer Meinung. Und wie passen die Dämonen ins Bild, die uns heute belästigt haben?«
»Ich fürchte, das ist meine Schuld.« Quaid faltete seine Schwingen dicht an den Körper, dennoch war nicht zu übersehen, dass die äußersten Federn leicht bebten.
Leise und mit ausdrucksloser Stimme fragte Lucian: »Wie das?«
»Sie gehörten zur Security für das Gebäude. An den Portalen sind derzeit keine Dämonen im Einsatz, und diese Jungs waren mir ohnehin zu grün, um ihnen wichtige Aufgaben zu übertragen.«
»Willst du mir damit sagen, dass ich meine eigenen Leute umgebracht habe. Und du hast dabei zugesehen?!«
»Zugesehen? Nein! Wieso …« Quaid wich langsam vor ihm zurück.
»Es gab noch einen. Aber der war nicht so ohne Weiteres zu orten, ohne dass ich mein Inkognito aufgegeben hätte.«
»Ich schwöre, ich habe nichts damit zu tun.«
Durchdringend sah Lucian ihn an. »Gut. Dann finde heraus, wer dahintersteckt. Wenn du es weißt, gibst du mir Bescheid. Aber du unternimmst nichts ohne meinen ausdrücklichen Befehl. Verstanden?«
Ihre Blicke trafen sich, und unausgesprochen hing ein Name in der Luft: Durival. Doch der Erzdämon saß sicher in seinem Gefängnis in Gehenna ein. Reichte seine Macht so weit, dass er eine Gruppe Dämonen, die Lucian unterstellt waren, manipulieren und gegen ihn aufhetzen konnte?
»Darf ich fragen, was du vorhast?«
»Ja«, sagte Lucian grimmig und öffnete ein Portal, wie es nur ihm und wenigen anderen Bewohnern der Unterwelt möglich war. Aber das bleibt vorerst meine Sache. Ein Gedanke, den er nicht mehr mit Quaid teilte. Der blieb sprachlos zurück.
Keine Minute, nachdem Mila Stanmore House betreten hatte, ging Lucian ungesehen durch den Seiteneingang. Doch statt ihr zu folgen, lief er die schmale Treppe hinauf bis in die Etage, in der Anthonys Zimmer lag. Es wurde Zeit, dass er diesem fürsorglichen Freund auf den Zahn fühlte. Der Gang war menschenleer, er hatte auch nichts anderes erwartet. Hier oben hatten sich früher die Kammern des Dienstpersonals befunden, allerdings nur derjenigen, die mit ihren Herrschaften anreisten. Die Hausangestellten lebten in windschiefen Cottages, die sich etwa fünf Fußminuten östlich des Parks befanden. Dies war auch heute noch so, und Lucian hatte große Freude daran gehabt, die zweifellos malerisch in die Landschaft eingebettete, aber wenig komfortable Häuserzeile für seinen Artikel über Stanmore zu fotografieren.
Das, wie Maggy es nannte, Gesindegeschoss im Herrenhaus war nach dem Brand großzügiger ausgebaut worden. Es gab drei Apartments, für Butler und Haushälterin sowie Dorchesters persönlichen Sekretär, und mehrere Gästezimmer, hatte er bei seinen Recherchen
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