Feuerteufel: Roman (German Edition)
eine Stofftasche über dem Arm und den eiligen Freitagsblick aufgelegt.
»Nils’ Rucksack ist weg«, sagte Magdalena.
»Oh, das ist aber schade. Hast du schon überall geguckt?«
Nils nickte. Seine Hand war viel zu warm. Mein kleines Kerlchen.
»Vielleicht hat ihn jemand anders aus Versehen mitgenommen, das kommt schon mal vor. Wirst schon sehen, am Montag ist er wieder da.«
Ika ging in die Hocke.
»Und wenn nicht, dann verspreche ich dir, dass wir ihn gemeinsam suchen werden.«
Nils nickte, und Ika sah Magdalena an. Ist das in Ordnung?
»Das ist gut«, sagte Magdalena.
Ika stand auf.
»Ein schönes Wochenende, und wir sehen uns am Montag«, sagte sie und verschwand aus der Tür.
Magdalena und Nils blieben allein zurück. Wenn ihn nur niemand absichtlich mitgenommen oder kaputtgemacht hatte. Magdalena war den Tränen nahe.
»Nils, ich muss mal eben aufs Klo«, sagte sie. »Wo gibt es eins?«
Nils zeigte auf eine Glastür und sagte:
»Da im Flur.«
»Okay, du kannst ja so lange noch ein bisschen suchen.«
Magdalena fand die Toilette, schloss hinter sich ab und zog die Hose hinunter. Nein, auch diesmal kein Blut. Danke! Sie ließ sich auf die Klobrille sinken.
Und da sah sie ihn. Nils’ Rucksack, in den Papierkorb neben dem Waschbecken gestopft.
Sie spürte einen Schlag in die Magengrube und rang nach Atem. Sie nahm den Rucksack. Es war der von Nils. Sein Name, den sie am Sonntagabend mit Textmarker reingeschrieben hatte, stand auf dem eingenähten Adressfeld aus Stoff.
Der Rucksack war zum Glück nicht kaputt und auch nicht schmutzig, und Magdalena glättete ihn so gut sie konnte.
»Mama, wann kommst du denn endlich?«, war Nils von draußen zu hören.
Magdalena räusperte sich und schluckte.
»Mama?«
»Ich komme gleich!«
Sie wischte sich das Gesicht mit einem Papierhandtuch ab und versuchte, sich im Spiegel ein wenig anzulächeln. So, ja. Das musste reichen.
»Sieh mal, was ich gefunden habe«, sagte sie, als sie die Tür aufmachte, und klang dabei richtig fröhlich. »Der hing hier an einem Haken.«
»Ach«, sagte Nils. »Komisch.«
Und jetzt tat es richtig weh im Bauch, ein Schmerz, der durch nichts beruhigt werden konnte.
Kjell-Ove saß am Küchentisch und blätterte den Poststapel durch. Eine Telefonrechnung, die eingeschweißte Nummer einer Frauen-Illustrierten und ein Brief vom Krankenhaus für Cecilia. Sicher ein neuer Kontrolltermin. Ein neues Datum, vor dem man zittern musste, zu dem man runterzählen musste. Eine Zeitgrenze. Auch wenn sie nicht darüber sprachen, wussten sie beide, dass es so war.
Er hatte recht daran getan, zur Zeitung zu gehen. Jetzt hatte er es zumindest mal jemandem erzählt. Magdalena Hansson schien in Ordnung zu sein. Ein wenig hart vielleicht, aber vertrauenswürdig.
Kjell-Ove schob den Umschlag vom Krankenhaus beiseite und schlug das Wochenblatt auf. Auf der zweiten Seite wurde sein Blick von einem Namen angezogen, den er kannte. Cecilia Magnusson.
du erinnerst so
an jemanden, mit dem ich lebte,
bist aber ein anderer.
Kjell-Ove las die kurzen Zeilen mehrmals. Er hatte Lyrik immer schon ein bisschen peinlich gefunden. Warum musste man die Sachen unnötig verschnörkeln, anstatt einfach direkt zu schreiben, was man meinte. Manchmal hatte er den Eindruck, dass diese Poeten selbst nicht wussten, was sie sagen wollten. Aber Cecilias Gedicht ließ etwas in ihm schmerzen.
bist aber ein anderer.
Cecilia kam in die Küche und stellte eine Schale Pflaumen vor ihn hin. Hinter ihr kam mit klebrigen Fingern und Fruchtsaft um den Mund Tindra angewackelt.
»Ich wusste gar nicht, dass du Gedichte schreibst.«
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu und ging durch die Tür hinaus.
Nils stellte den Rucksack in den Fußraum vom Beifahrersitz. Dann kletterte er auf den Kindersitz und schnallte sich an.
Schnell faltete Magdalena die Abendzeitungen zusammen und versteckte sie hinter dem Fahrersitz. Er hatte jetzt erst mal genug von Bränden und Elend gesehen.
»Und wie fandest du es diese Woche in der neuen Schule?«, fragte sie möglichst unbekümmert.
»Gut«, antwortete er einsilbig.
»Wer in der Klasse ist am nettesten?«
»Eigentlich alle.«
»Alle? Das klingt ja super. Dann bist du wohl in einer guten Klasse gelandet. Keiner, der nervt?«
»Nee.«
»Du könntest doch nächste Woche nach dem Hort jemanden mit zu uns nach Hause bringen.«
»Ja, das könnte ich.«
»Und wen würdest du gern einladen?«
Nils zuckte mit den Schultern.
»Weiß nicht, ist
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