Fey 01: Die Felsenwächter
Rotkappen eines Mindestmaßes an Bequemlichkeit würdig waren.
Fledderer seufzte. Er würde zum Domizil gehen und versuchen, von den Domestiken einige Essensreste zu erbetteln. Und dann würde er durch das ganze Schattenland wandern und nach einem Schlafplatz suchen, wo ihn niemand mehr störte.
42
Der Vollmond tauchte den Wald in silbrigen Glanz. Theron führte die kleine Truppe vorsichtig den Pfad entlang. Obwohl sie schwer an den Behältern mit Weihwasser zu schleppen hatten, schienen zwanzig Soldaten kaum genug, die ganze Armee der Fey zu überwältigen. Trotzdem war der Plan gut. Wenn schon ein Tropfen der Flüssigkeit genügte, um einen Fey zu töten, konnten sie auf diese Weise vielleicht auch ihr Geheimversteck ausheben.
Theron war bloß der Gedanke zuwider, die Truppe anzuführen, die diesen Überfall auszuführen hatte.
Die Leute, die ihm folgten, bewegten sich überraschend lautlos. Theron selbst war im Wald aufgewachsen, was auch einer der Gründe dafür gewesen war, weswegen ihn Monte für diese Aufgabe ausgewählt hatte. Doch außer einigen wenigen seiner Freunde bestand der Rest aus Städtern, die sich lediglich durch besondere Befähigung im Kampf ausgezeichnet hatten. Theron hatte weder erwartet, daß sie so furchtlos, noch daß sie so leise sein würden.
Der Vollmond war eine große Hilfe. Es war im Wald nicht so dunkel wie sonst, ja, es war fast so hell wie bei Tag. Ein dünnes, silbriges Tageslicht, aber immerhin. Die Luft roch nach Harz und dem Wasser des Cardidas, der sich nur ein paar Meilen entfernt dahinschlängelte. Ein paarmal hatten Tiere mit ihrem Rascheln die Truppe aufgeschreckt, aber Theron hatte die Geräusche immer sofort identifiziert: ein wühlendes Wildschwein, ein jagender Falke, ein Tsia, das nach seinem Gefährten schrie.
Die kleine Streitmacht war bei Nieselregen aufgebrochen, und auch das kam ihren Absichten entgegen. Theron sah, daß vor ihnen schon jemand diesen Pfad benutzt hatte. Wahrscheinlich bestand kein Zusammenhang zwischen diesen Spuren und dem von ihnen geplanten Überfall, aber man konnte nie ganz sicher sein. Er hatte die anderen darauf vorbereitet, daß die Fey vielleicht gewarnt worden waren.
Das Ziel des Überraschungsangriffs bestand darin, so viel Weihwasser wie möglich durch den Lichtkreis zu schütten, hatte Monte erklärt. Wenn es den Soldaten gelang, selbst durch den Kreis einzutreten, um so besser. Was Monte nicht gesagt hatte – und das war auch nicht nötig gewesen –, war, daß diese Truppe wahrscheinlich nie mehr zurückkehren würde.
Die Fey waren gerissen, das mußte Theron zugeben. Als Monte ihm den genauen Standort ihres Verstecks beschrieben hatte, war Theron nicht überrascht gewesen. Jetzt bewunderte er die Feinde nur noch mehr. Er kannte dieses Gebiet. Die meisten jener Viehställe waren schon seit Jahren verlassen. Einer von ihnen gehörte einem kinderlosen Paar, das inzwischen steinalt oder gar gestorben sein mußte. Die einzige bewohnte Hütte war am Tag der Invasion Schauplatz eines aufsehenerregenden Mordes gewesen – schon damals hatten die Fey offensichtlich geplant, sich hier niederzulassen.
Der Wald war urbar gemacht worden, aber kein Inselbewohner hielt sich mehr hier auf. Manchen war der Ort zu nahe an Jahn, anderen zu abgelegen. Hier gab es keinen ruhigen Seitenarm des Cardidas, und der Fluß selbst war an dieser Stelle ziemlich gefährlich. Niemand hatte je in Erwägung gezogen, hier ein Dorf zu errichten. Dieser Teil des Waldes war zu wild für ein bequemes Leben.
Schließlich erreichten sie die beiden nebeneinanderstehenden Eichen, von denen Monte gesprochen hatte. Der Anblick der beiden Bäume, deren Wurzeln fast den Pfad versperrten, beruhigte Theron. Als er gesehen hatte, wie Monte seine Anweisungen von einem Blatt Papier ablas, hatte er sich gefragt, durch wie viele Hände dieser Plan schon gegangen war. Theron hatte Angst, sich zu verirren und die Fey schließlich doch vorzuwarnen.
Das Gemetzel würde fürchterlich sein.
Es war immer ein gräßliches Blutbad, wenn die Fey den Vorteil der Überraschung auf ihrer Seite hatten. Sie töteten rasch, rücksichtslos und heimtückisch. Die zwanzig Männer konnten längst tot sein, bevor der Anführer überhaupt bemerkte, daß die Fey sie umzingelt hatten.
Theron machte bei den Bäumen halt und legte den Finger auf die Lippen. Auch die anderen blieben stehen. In dem seltsamen Licht konnte er kaum ihre Gesichter erkennen: Kondros, Matio und Adrian,
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