Filmwissen
Marokko, wo man Szenen in der «chinesischen» Wüste drehte. Wie einige der Robin Hood-Filme (vergleiche den Abschnitt Robin Hood, der König der Rebellen) bezieht sich auch The Black Rose auf den Konflikt zwischen Normannen und Sachsen im mittelalterlichen England (auch wenn dieser recht anachronistisch in die Jahre um 1270 verlegt ist). Während der Regentschaft des normannischen Königs Heinrich I. wird Walter Guernei (Tyrone Power), illegitimer Sohn eines Herzogs, nach dem Tode seines Vaters von seiner ebenfalls normannischen Schwiegermutter wegen des Erbes verfolgt und muss seine Heimat verlassen. Bei ihm ist sein Freund Tristan (Jack Hawkins), ein glänzender Bogenschütze und ein Mensch mit der Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit im Herzen. Die beiden gelangen nach vielen Abenteuern ins Reich des mongolischen Großkhans (Orson Welles). Dieser entsendet sie als Botschafter nach China, wo sie gemeinsam mit der schönen Miriam (Cécile Aubrey) in die Gefangenschaft der Kaiserin geraten. Walter kann schließlich entkommen und nach England zurückkehren, wo ihn Heinrich zum Ritter schlägt, da er dem Land durch die Erfindungen, die er aus dem Reich der Mitte mitgebracht hat, unschätzbare Dienste erweist. Der Großkhan macht Miriam dem Ritter zum Geschenk.
Dass der Film nicht unbedingt zu den stärksten im Genre zu zählen ist, liegt nicht nur an manchen Schwachstellen des Drehbuchs, sondern vor allem an Fehlern in der Besetzung. (So war etwa Tyrone Power, dessen letzter swashbuckl er dies war, zum Zeitpunkt der Produktion bereits 37 Jahre alt, und die jugendliche Rolle schien nicht mehr sonderlich angemessen.) Die Meriten dieses Films liegen also eher im Reichtum der Motive und Schauplätze. Auch der – ungleich poetischere und ironischere – Film The Flame and the Arrow ( Der Rebell / Der schwarze Falke ; Regie: Jacques Tourneur) aus demselben Jahr zeichnete sich durch eine ungewöhnliche Verbindung von Motiven und Bildern aus. Burt Lancaster als ein Held zwischen Robin Hood und Wilhelm Tell kämpft in der Lombardei des Mittelalters um seine Ehre:
«Sein kleiner Sohn soll den Geier sehen. Als er mit ihm deswegen aus den Bergen herabgestiegen kommt in das lombardische Dorf, eilt ihm die Kunde seiner Ankunft voraus wie der Windstoß dem Zug, bevor er den Tunnel verlässt. Und um zu demonstrieren, dass er es wirklich ist, woran keiner gezweifelt hat, und um die freudige Erwartung der Dorfbewohner zu rechtfertigen, schießt er mit einem Pfeil eine hochgeworfene Mütze aus der Luft und küsst im Vorbeigehen einige Mädchen. Der Geier, der bald darauf ins Dorf einfällt als herrschaftlicher Besuch, ist der regionale Herzog, um dessentwillen ihn, den Rebellen Burt Lancaster, seine Frau verlassen hat. Die sitzt als arrogantes Weib neben der herzoglichen Landplage und stellt von oben herab fest, dass ihr verlassener Ehemann sich immer noch nicht geändert habe, noch immer sei er so stolz. Später dann, als es darum geht, den kleinen Sohn aus der Gewalt des Herzogs zu befreien – über welche Aktion die untreue Frau ihr Leben verliert, quasi im Vorbeigehen ermordet von ihrem Galan –, unterstützen den Rebellen eine wandernde Schauspieler- und Zirkustruppe, vor allem aber ein Harpo Marx, dargestellt von einem anderen Schauspieler.
Den endgültigen Sieg bringt den freiheitsliebenden Akrobaten aber der souveräne Gebrauch einer langen, mit Schulterstützen versehenen Stange, die sich durch die Kraft der Phantasie allen anderen Waffen als überlegen erweist: durch die Vielzahl ihrer Anwendungsmöglichkeiten.» (Norbert Jochum)
Lancaster spielt hier, wie in Robert Siodmaks The Crimson Pirate ( Der rote Korsar ) aus dem Jahr 1952, mit dem beide Male stumm agierenden Niek Cravat zusammen, ein, wie es sich für das Genre gehört, disziplinierter, zirzensischer Harpo Marx. Lancaster stellt gewiss eine neue Variante des swashbucklers dar, einer, der noch weniger ernst genommen werden will als die romantischen Abenteurer in der Tradition Errol Flynns. Er ist so sehr Showman, dass er gleich mitspielt, wie sehr die akrobatischen Übungen und seine Siege auf Wirkung hin berechnet sind; seine Kunststückchen entheben ihn nicht so sehr und allein der bürgerlichen Verantwortlichkeit, wie es der Weg ins Abenteuer vorschreibt, er genießt auch ganz sichtlich den Eindruck, den er macht. Er ist bürgerlich-proletarischer mehr als aristokratischer Held, einer, der sich, im Übertragenen wie im Wortsinn, immer von unten nach oben
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