Filmwissen
Colonna (Akim Tamiroff) das Schloss überfällt und die ganze Familie auslöscht, gelingt Paoli mit den Zwillingen die Flucht. Nachdem es ihm gelungen ist, die siamesischen Zwillinge zu trennen, wachsen beide zu kräftigen jungen Männern heran, die weiterhin eine innige mentale Verbindung miteinander verknüpft; der eine spürt den Schmerz und die Freude des anderen. Mario und Lucien Franchi (Douglas Fairbanks jr.) schwören Rache für Colonnas Mordtaten, der sich mittlerweile den Besitz der Familie angeeignet hat. Der gemeinsame Kampf der Zwillinge wird jedoch in Frage gestellt, als sich beide in die schöne Isabelle (Ruth Warrick) verlieben, die ihrerseits von Colonna verfolgt wird.
Dieser von der Geschichte her schon so «starken» Konstellation, die Ratoff adäquat ins Bild umsetzte (« Gregory Ratoffs Abenteuerfilm von 1941 gehört zu den schönsten Beispielen des Genres; er hat Spannung und Atmosphäre», urteilt die Süddeutsche Zeitung) , ließen sich kaum neue Aspekte hinzugewinnen. In den fünfziger Jahren gab es eine argentinische Version, Los Hermanos Corsos ( Blutrache auf Korsika ; 1954, Regie: Leo Fleider), und 1961 folgte eine italienische, I Fratelli Corsi ( Die korsischen Brüder ; Regie: Anton Giulio Majano), die als Pluspunkt gegenüber dem Vorbild nur die Farbe aufzuweisen hatte.
Die Popularität des Doppelgängermotivs im Abenteuer- und insbesondere im Mantel & Degen-Film hängt sicher mit den romantischen und «gothischen» Grundlagen des Genres zusammen, das immer eine Nähe zum Phantastischen bewahrt. Es spielt gewiss aber auch bei der psychologischen Kondition des abenteuerlichen Traums eine nicht unerhebliche Rolle. Im Allgemeinen geht es dabei um die Aufspaltung einer Person in eine gute und eine böse (oder zumindest unerfreuliche wie bei The Prisoner of Zenda ). Wie das Märchen, so gestattet auch der Abenteuer-Traum, die erfahrene Ambivalenz des Mitmenschen, insbesondere des mächtigen, manifest werden zu lassen. Mit dem bösen Doppelgänger wird das Böse an einer Person bezwungen, möglicherweise stellvertretend für einen solchen Reinigungsprozess bei uns selbst. Aber die Verhältnisse komplizieren sich durch politische und familiäre Beziehungen. Das Böse bei den korsischen Brüdern kann nur noch durch gemeinsame Anstrengung, das Opfer und das Walten des Schicksals überwunden werden.
Zugleich scheint das Doppelgängermotiv aber oft auch zur Vermenschlichung der Macht zu dienen: Der einfache Mensch, der zufällig dem König ähnlich sieht, wäre zum König wohl ebenso geeignet wie der geborene Fürst, möglicherweise besser. Und fällt der König unters Volk, so muss er leiden wie dieses. In solchem Austausch von persona , also Maske, verbirgt sich zweifellos mythische Kritik an Machtverhältnissen. Denn ein Teil allen Fürst- und König-Seins wird so als Theaterspiel und Illusion entlarvt, deren wahre Gestalter hinter etwelchen Kulissen gewalttätig und korrupt wirken. Ähnlich ist es auch in den Film-Versionen von Mark Twains The Prince and the Pauper (Prinz und Bettelknabe) , für die stellvertretend die Fassung von 1937 mit Errol Flynn als väterlichem Freund des ins Volk gestoßenen kleinen Königs (Billy Mauch) (Regie führte William Keighley) und The Prince and the Pauper ( Der Prinz und der Bettler / Die Teufelskerle mit Degen und Maske ; 1977, Regie: Richard Fleischer) genannt seien.
Während alle diese romantischen swashbuckler um das Doppelgängermotiv einen Zug von Dramatik und Düsternis, von «tieferer Bedeutung» allemal, aufweisen, machten sich andere Filme auf die Suche nach der heiteren Seite des swashbucklers . Darunter fallen vor allem eine Reihe von Filmen um edle Banditen, die oft wirken wie Piraten an Land, Nachfahren der Volkshelden wie Robin Hood und Vorfahren von solchen wie Jesse James. The Highwayman ( Der maskierte Kavalier ; 1951, Regie: Lesley Selander) entstand zwar nach einem Gedicht von Alfred Noyes, doch der Regisseur charakterisierte ihn sicher zutreffend: «Er war wie ein Western, nur dass wir Schwerter statt Revolver benutzten.» Diese Charakteristik gilt sicher für eine Reihe von diesen «Edle Räuber»-Geschichten, nicht zuletzt auch für die Filme um den maskierten Räuber Zorro, bei denen im Allgemeinen die Western-Elemente oft auch schon in Atmosphäre und Dekors überwiegen.
Bei seinem Ausflug ins swashbuckler -Genre mit Captain Lightfoot ( Wenn die Ketten brechen ; 1955) setzte der Melodramen-Regisseur Douglas Sirk (vergleiche den
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