Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
Tragflächen einer Boeing 747 ist länger als der erste Flug der Gebrüder Wright. Wir haben euer einziges brauchbares Produkt erst so weit entwickelt, dass es auch funktioniert«, sagte er.
Diese Schmähung brachte Laitakari noch mehr in Rage, und sie feuerte eine derartige Schimpfkanonade auf Tommila ab, dass Ketonen laut werden musste. Sein Rücken schmerzte. Er hatte genug von dem Fachchinesisch dieser vorlauten jungen Leute und verließ mit seinen Mitarbeitern den Raum. Auf dem Flur befahl er Wrede, jeden der drei Inferno-Verantwortlichen einzeln zu verhören. Er sollte die Verdächtigen mit detaillierten Fragen zu allem, was ihm einfiel, unter Druck setzen. Vor allem zu den Ereignissen in Miami.
Tommila trug die Nase so hoch, dass es hineinregnete, dachte Ketonen, als er in raschem Tempo die Treppen hinaufstieg bis in die vierte Etage. Man hatte die Computergenies auf einen zu hohen Sockel gehoben. Wie zum Teufel war aus Finnland ein riesiges IT-Wunderland geworden? Würde man bald Eintrittskarten für einen Besuch in Suomi verkaufen? Ein ganzes Volk schien in Telefone und Computer vernarrt zu sein. Warum hörte man keine abweichenden Stimmen, keinen Widerspruch mehr, obwohl die Gesellschaft zweigeteilt war wie ein Hintern. Früher hatte es wenigstens noch Irwin Goodman, den Folksänger mit seinen kritischen Texten, die rechtsgerichtetePartei der finnischen Landgebiete und die Linksradikalen gegeben. Warum hatten die Armen kein einziges vernehmliches Sprachrohr mehr? Die Skins und auch die Mädchen, die Nerze aus ihren Käfigen auf Pelztierfarmen befreiten, vertraten nur kleine Minderheiten. Was brachte die Menschen zum Schweigen? Hatten die Medien die Armen einer Gehirnwäsche unterzogen, konnten die ihre Stimme nicht mehr zu Gehör bringen, oder hatten sie aufgegeben? Die Wetterlage bei den Stimmungen und Meinungen war so ruhig, dass Ketonen schon bald einen Sturm befürchtete.
Seit dem Eintreffen des ersten FBI-Berichts waren schon drei Tage vergangen, und die SUPO wusste immer noch nichts. Protaschenko war ihr einziger echter Anhaltspunkt. Diese Trödelei, bei der nichts herauskam, hatte jetzt ein Ende. Wrede musste unbedingt so lange bohren, bis sich herausstellte, für wen der Russe gearbeitet hatte.
Ketonen fand, dass es für ihn an der Zeit war, mehr Verantwortung für die Ermittlungen zu übernehmen. Und Musti zu füttern. Er riss die Tür zu seinem Zimmer auf und fluchte innerlich, als er sah, wer ihn erwartete.
17
Der Föhn summte, und Riitta Kuurmas dunkles Haar flatterte. Die heiße Dusche hatte sie angenehm entspannt. Um sechs würde sie Ratamo im Restaurant »Saslik« treffen. Bis zu der Gaststätte an der Ecke von Tehtaankatu und Kasarmikatu waren es nur fünf Minuten zu Fuß, sie hatte also noch ausreichend Zeit, sich vorzubereiten.
Ihr letztes Date lag schon Monate zurück. Sie hätte ihre Nervosität gern mit einem Glas Weißwein bekämpft, wollteaber nicht nach Alkohol riechen. Also legte sie die CD mit Donizettis »Ave Maria« auf, gesungen von Maria Callas. Das beruhigte sie immer. Dann zog sie das in Neapel gekaufte Baumwollkleid an.
Die Ereignisse im vorletzten Sommer lagen Riitta Kuurma schon die ganze Zeit auf der Seele. Sie war froh, dass sie endlich Gelegenheit bekam, darüber zu reden, unabhängig davon, wie sich Ratamo verhalten würde. Ihrer Ansicht nach hatte sie ihm gegenüber nur einen Fehler begangen – sie hatte sich in ihn verliebt. Wenn sie Ratamo während der Ermittlungen im Fall Ebola-Helsinki kühl und mit Vernunft begegnet wäre, hätte es für sie beide danach möglicherweise eine gemeinsame Zukunft gegeben. Bei Gefühlsangelegenheiten fiel es leicht, hinterher klüger zu sein, dachte Riitta Kuurma. Fehler in der Vergangenheit erschienen einem unbegreiflich, weil man vergessen hatte, wie sehr Empfindungen das eigene Verhalten beeinflusst hatten. Oder anders gesagt: Je größer die Dummheiten, die man gemacht hat, umso stärker sind die Gefühle gewesen, die im Spiele waren.
Riitta Kuurma freute sich auf das Treffen, fürchtete jedoch, dass Ratamo nicht verstehen würde, warum sie damals lügen musste. Nur wenige Männer waren imstande zu vergessen, dass eine Frau sie offen angelogen hatte. Sie hoffte, dass Ratamo durch seine Arbeit bei der SUPO nun begriff, was von einem Ermittler der Sicherheitspolizei verlangt wurde.
Draußen regnete und schneite es gleichzeitig. Der Wind trieb klumpige Schneeflocken mit solcher Wucht durch die Luft, dass man hätte
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