Firkin 05 - Fahrenheit 666
verließ er das Gebäude durch die Hintertür und galoppierte in Richtung des Büros eines gewissen Kapitäns Naglfar, seines Zeichens Fährmeister auf dem Phlegethon.
Aufgeregt zeigte Alea in die entgegengesetzte Richtung und zerrte noch fester an der Soutane von Papst Uri. Nach ihrem Empfinden verhielt er sich für eine Traumgestalt ziemlich störrisch, als sie ihn unaufhörlich mit Argumenten bombardierte, weshalb er umgehend umkehren, das Waffenarsenal öffnen und sich mit den Schafdieben so richtig in die Wolle kriegen müsse. Wenn sie ihn nicht bald überzeugen könnte, wäre es bald morgens, und sie bekäme nie mehr eine Gelegenheit, jemanden abzustechen. »Hör mal!« schrie sie verzweifelt. »Du kannst nicht so einfach mir nichts, dir nichts zu den D’vanouinen spazieren und sie darum bitten, dir die Schafe zurückzugeben. Du brauchst Waffen, mit denen du sie bekämpfen kannst, und zwar jede Menge davon! Also räum die Regale leer!« Aleas Stimme überschlug sich vor Verzweiflung, während sie, am Saum der Robe hängend, über den Boden geschleift wurde. »Bewaffne alle deine Mönche bis an die Zähne, und stürm das Lager der Heiden. Gib mir ein Schwert, und ich werde dir zeigen, wie man das anstellt. Mach sie fertig. Vernichte sie. Stich sie ab! Mach Hackfleisch aus ihnen! Du hast keine Wahl. Entweder Krieg oder gar nichts!«
Ohne auf Aleas Anstiftungsversuche zu achten, fegte Uri unbeeindruckt durch die verwinkelten Gänge, während er in Gedanken einen Bußpsalm nach dem anderen herunterleierte. Mit voller Wucht bog er um die Ecke und rannte in die mit einem Purpurmantel bekleidete Gestalt von General Sinnohd hinein. Für Uri war dies der erste spürbare äußere Einfluß, den er während der letzten fünf Minuten bewußt bemerkt hatte.
»Na, das ist mir ja eine schöne Begrüßung«, grummelte der Exorzistengeneral. Dann glättete er sich den Schnurrbart und sammelte sich. »Ich hatte schon befürchtet, alle wären entführt worden …«
Uri packte den General am Kragen und starrte ihm herausfordernd in die Augen. »Was gibt’s Neues?« zischte er ihm mitten ins Gesicht. »Habt ihr ihn geschnappt?«
»Was ist? Wen sollen wir denn geschnappt haben? Worüber sprecht Ihr überhaupt, Eure Heiligkeit?«
»Na, über Schimpf. Habt ihr ihn gefaßt?« flehte Uri ihn an; er sehnte sich nach Neuigkeiten über seine Herde.
»Ist alles in Ordnung mit Euch, Eure Heiligkeit?« erkundigte sich der General besorgt. »Ist etwa eine größere Katastrophe geschehen, während ich die bösen Geister aus den Körpern der armen, wehrlosen Jungfrauen getrieben habe? Ich habe eine lange Wanderung über die Berge hinter mir, und ich sterbe vor Hunger. Gibt’s hier irgendwas zu futtern? Für ein Stück gebratenes Lamm könnte ich glattweg jemanden umbringen!«
Als Reaktion auf Sinnohds letzten Satz nahm Papst Uri eine merkwürdige Gesichtsfarbe an. »Es ist gerade kein günstiger Zeitpunkt für Lamm, General«, fauchte er mit erstickter Stimme.
Bei der Erwähnung des Wortes ›General‹ spitzte Alea plötzlich die Ohren und zerbrach sich sofort den Kopf, welche genauere Bedeutung wohl hinter diesem Wort steckte. Es hatte irgend etwas mit Kriegen und Schlachten und solchen Dingen zu tun. Wenn sie diesen General doch nur dazu bringen könnte, den Papst zu überzeugen, dann …
»Ähm … wie bitte?« stotterte Sinnohd. »Heute ist doch Mittwoch, oder? Erzählt mir bitte nicht, daß schon alles aufgefuttert ist, Eure Heiligkeit.«
Papst Uri schüttelte betrübt den Kopf.
»Es gab einen Überfall der D’vanouinen!« ließ Alea hilfreich verlauten. »Sie haben sämtliche Schafe und Lämmer gestohlen.«
General Sinnohds Nasenwände zuckten vor Erregung, als er den Duft von etwas roch, das weit interessanter als schlichte Teufelsaustreibungen zu sein schien. Zehn Jahre war er vom AS-Dienst freigestellt worden, um Hinz und Kunz den Teufel auszutreiben, doch war aus der Zeit beim Abteisicherheitsdienst einiges bei ihm hängengeblieben, so daß er die Dinge schon immer eher aus militärischer Sicht betrachtet hatte. Exorzismus war zwar schön und gut, doch konnte man sich man im Gegensatz zu einem richtigen Krieg dabei nie des Gefühls erwehren, es mit einem wirklichen Gegner zu tun zu haben. Nein, wenn es hart auf hart ging, dann ging nichts über eine gute Zangenbewegung. Sinnohds Schnurrbart zitterten leicht.
»Hat der AS die D’vanouinen mit unserer Herde etwa entkommen lassen, Eure Heiligkeit?« empörte er
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