Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
Straße wiederfanden, belämmert und enttäuscht und mit einer Stinkwut im Bauch.
Aber lange nicht so sauer, wie ich es jetzt bin. Mein Vater hätte doch mich bitten können, dort zu spielen. Okay, von der Musik her wär’s wohl nicht ganz das Richtige, aber das weiß er ja nicht. Er hat uns noch nie spielen hören, und er legt auch keinen Wert drauf, also hätte er mich doch ruhig fragen können. Ich hätte sowieso Nein gesagt: Als ob Metal Devastation auf einem Dorffest spielen und Hoch lebe der kleine Champion rufen würde. Einen Scheiß würden wir tun!
Jetzt aber genug, ich darf nicht abschweifen, ich habe zu lernen. Ich verziehe mich wieder hinter den Ladentisch und vertiefe mich in das Buch. Das ist die beste Antwort auf dieses Elend. Morgen melde ich mich in Geschichte freiwillig, und die Lehrerin nimmt mich dran, und ich weiß alles, und sie gibt mir mindestens eine Zwei. Ja, genau, Fiorenzo, das ist es. Du musst das Feuer mit Feuer bekämpfen!
Doch erst mal krieg ich eine SMS. Von Stefano.
Heute in Geschichte wollte sie dich prüfen. Sie sagt, die Zeit drängt, und hat dir ne Sechs verpasst. Auf der Piazza gibts ein Fest, Giuliano meint ob wir hingehen Frauen aufn Arsch fassen, gehn wir? (10:03)
ALTENTREFF
Aus dem Blog BitterSweet Girl
Gepostet heute um 11.45 Uhr
Ciao,
guten Tag allerseits.
Hoffentlich wird es auch für mich ein guter Tag. Das wär mal was Neues.
Ich schreibe aus dem Büro, und sagt jetzt nicht, dass ich das nicht darf, denn um diese Zeit ist eh keiner da, und ich habe sonst nichts zu tun. Würde ich nicht diese Zeilen schreiben, würde ich die Wand vor meinem Schreibtisch anstarren. Soll ich das? Sagt, ich soll es nicht.
Ratet mal, was ich heute hier draußen gefunden habe. Genau, schon wieder junge Katzen. Das ist mittlerweile eine richtige Invasion. Ich frage mich, wie man dermaßen herzlos sein kann, so niedliche kleine Kätzchen einfach auszusetzen. Und warum immer hier? Eine Frau meinte, ich hätte mich beim ersten Mal zu gut um sie gekümmert, die Leute nutzen das aus. Aber was hätte ich denn tun sollen, sie ertränken? Eines zur Abschreckung am Zaun erhängen?
Ich muss jetzt aufhören, eigentlich wollte ich noch sagen, das Wochenende ist nicht mehr weit und ich hoffe, es kommt schnell, aber so redet ein Durchschnittsmensch, der die Woche über arbeitet und dabei die ganze Zeit dem Wochenende entgegenfiebert. Und Samstag und Sonntag bleibt er dann zu Hause, um sich auszuruhen, weil er müde ist. O Gott, bin ich ein Durchschnittsmensch? Sagt bitte, dass das nicht stimmt.
Ich umarme und küsse euch, bis bald,
euer BitterSweet Girl
Du liest das Posting noch mal, weil du etwas gegen Tippfehler hast, findest aber keine. Du hast es erst vor zehn Minuten eingestellt, und schon sind drei Kommentare da. Nicht schlecht, nur blöd, dass es immer dieselben Leute sind, es kommt nie jemand Neues hinzu. Der Blog ist im Netz, virtuell kann die ganze Welt ihn lesen, und bei rund sieben Milliarden potenzieller Leser sind drei Kommentare einfach nur kläglich.
Sie stammen von Raffaella, deiner Cousine Lidia und Carmelo, einem gelähmten Jungen, den du bei einer Feier für ehrenamtliche Helfer kennengelernt hast.
1) Schatz, du bist absolut nicht Durchschnitt, du bist super, wie immer! :-)
2) Kopf hoch, Cousinchen, es ist Frühling, HDL!
PS: Kraul die Kätzchen für mich!
3) BitterSweet, du machst dir immer so viele Gedanken, dabei bist du echt was Besonderes, ich schätze mich glücklich, mit dir befreundet zu sein. Leiden gehört zum Leben, du darfst nie aufgeben. Einen Megakuss. Carmelo
Das war’s, das muss bis morgen reichen, dann kannst du wieder etwas schreiben, und sie schicken dir wieder ihre Kommentare, mehr oder weniger immer dieselben, immer und ausschließlich diese drei.
Carmelo hat dich auf ein Programm aufmerksam gemacht, eine echt starke Software, die dir anzeigt, wie viele Leute sich deinen Blog ansehen, zu welcher Uhrzeit und wo sie leben.
Du hast die Software sofort installiert. Deine Begeisterung wurde allerdings gedämpft, als das Programm dir bestätigte, dass die drei Kommentatoren auch die Einzigen sind, die deinen Blog überhaupt lesen. Das wusstest du zwar selber schon, aber irgendwie ist es viel schlimmer, wenn man mit der Nase darauf gestoßen wird. Es ist ein Unterschied, ob man etwas Unangenehmes weiß oder ob es einem jemand ausdrücklich sagt. Vipern sind giftig, das weiß jeder, aber von einer gebissen zu werden ist noch mal was
Weitere Kostenlose Bücher