FKK im Streichelzoo - Roman
näherer Betrachtung stellte sich allerdings heraus, dass es das Kostüm eines Jediritters war, was in vielerlei Hinsicht absolut deplatziert wirkte. Zum einen, weil draußen über fünfunddreißig Grad im Schatten herrschten und wir in Tunesien waren. Zum anderen, weil er weit und breit der einzige Mensch in einem Kostüm war. Daran änderte auch nichts, dass unser erstes Aufeinandertreffen ausgerechnet in der sagenumwobenen Spelunke stattfand, die für den Science-Fiction-Film Krieg der Sterne als Kulisse der legendären Weltraumhafenbar Cantina gedient hatte.
Frustriert saß ich an der Theke und ertränkte meinen lähmenden Liebeskummer mit einem Glas Blauer Milch, die unangenehm stark nach Blue Curaçao und Essiggurkenwasser schmeckte. Als ich in meiner unendlichen Verzweiflung irgendwann dem Typen im Bademantel am anderen Ende des Tresens zuprostete, warf er mir ein geschmeidiges »Möge die Macht mit dir sein!« entgegen und lud mich auf ein Getränk ein. Damit war das Eis gebrochen. Zwei nach Wüstenfuchspisse schmeckende Biere später saß er neben mir, und ich erzählte ihm von meinem verkorksten Urlaub mit Sonja, meiner damaligen Freundin. Eigentlich sollte diese Reise unsere angeknackste Beziehung retten. Doch das Gegenteil war der Fall. Bei dem Versuch, doch noch Gemeinsamkeiten zu finden, die den Fortgang eines amourösen Verhältnisses rechtfertigten, entdeckte sie leider nur ihre Vorliebe für arabische Männer. Insbesondere für Kemal, den Hotel-Animateur, mit dem sie gerade auf Bananenboot-Spritztour war. Aus Frust hatte ich ihren Reiseführer durchforstet und war dahintergekommen, dass ausgerechnet hier, mitten in der Wüste von Tunesien, keine fünfzehn Kilometer von unserem fürchterlichen Pauschalhotel entfernt, Teile der Star-Wars- Saga gedreht worden waren. Als alter George-Lucas-Fan war es natürlich meine Pflicht, diese Location aufzusuchen. Hätte mir jemand gesagt, was das für mein Schicksal bedeutete, hätte ich den Reiseführer eigenhändig zur Buchhandlung zurückgetragen und gegen einen Hunde-unter-Wasser- Kalender eingetauscht.
Nils erzählte mir, dass er diese Reise schon lange geplant habe und das Land erst wieder verlassen werde, wenn er alle originalen Schauplätze von Star Wars gesehen haben würde. Akribisch habe er vor seiner Abfahrt in Deutschland das Internet durchforstet und alles zusammengetragen, was an Schauplätzen bekannt sei, erzählte er und präsentierte nicht ohne Stolz einen Schnellhefter mit zerfledderten Ausdrucken. Die Cantina , in der wir gerade saßen, war sein erster Anlaufpunkt.
Ein wenig machte mir die resolute Gestalt im Jedikostüm mit dem schütteren Haar und den dürren Ärmchen Angst. Gleichzeitig war ich fasziniert von seinen funkelnden Augen, die davon zeugten, dass er mit Leidenschaft bei der Sache war. Wenig später stellten wir fest, dass wir unfassbarerweise in derselben Stadt wohnten (und ich spreche hier von Koblenz !), was sich im Nachhinein als eine wirklich glückliche Fügung des Schicksals herausstellte …
Nils sprach derart laut und enthusiastisch von seinen Plänen, dass sich schon bald zwei Einheimische in das Gespräch einmischten. Schallend klingt mir noch heute das »Hi guys!« in den Ohren, mit dem uns ein großer Mann mit Bart, dunklerHaut und grollender Stimme begrüßte. Hasan. Er grinste. Und wie er das tat. Ich kannte dieses Art Lächeln von Flohmarktbesuchen. Es bedeutete: »Ich hab da was ganz besonders Nutzloses, das musst du unbedingt kaufen!« In seinem sackbraunen Kaftan sah Hasan aus wie ein Riesen-Jawa und passte schon mal ganz gut hier rein.
Sein Kumpel Amil war einen halben Kopf kleiner, hellhäutiger und ohne Ziegenbärtchen. »May we have a seat?«
»Bitte«, sagte Nils.
»Ah, Allemagne, deutsch«, schlussfolgerte Amil erfreut. Nun war er es, der das Gespräch führte.
» Star-Wars- Fans, eh?«
Gut, schwer zu erraten war das jetzt nicht. Wir waren beide sehr blass, sahen sehr deutsch und verzweifelt (zumindest ich) aus, und einer von uns trug einen übergroßen braunen Bademantel und ein Laserschwert aus der Spielwarenabteilung.
»Ihr seht krass gut aus!« Hasans Kopf wippte im Takt des arabischen Cantina- Flötengedudels, das uns in einer Endlosschleife präsentiert wurde und mir todessterntödlich auf den Nerv ging.
Wie von selbst wanderte meine Hand zur Hosentasche und überprüfte die Position meines Portemonnaies. So unauffällig wie möglich rutschte ich ein paar Zentimeter von dem Großen weg,
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