FKK im Streichelzoo - Roman
Aber im übertragenen Sinne. Außerdem ist sie verlobt und wird ins Ausland ziehen.«
Melanie verschluckt sich. Während sie das Teewasser aus ihrer Luftröhre hustet, erzähle ich ihr vom beschissensten Tag meines Lebens, und ich lasse nichts aus. Ich erzähle ihr, dass ich mich habe piercen lassen, bei einem Dreh im Affenhaus beinahe umgekommen wäre, dass ich meinen Pornojob hingeschmissen habe und von meiner Traumfrau abserviert wurde. Mein nervöser Magen ist dann noch der krönende Abschluss.
Ich kenne Melanie noch nicht lange. Aber in den kurzen Momenten, in denen wir uns bislang begegnet sind, habe ich sie noch nie sprachlos erlebt. Jetzt ist sie es. Selbst schuld, denke ich. Sie hat gefragt.
»Mann, Quentin«, seufzt sie. »Bei dir läuft es ja richtig beschissen!«
Ich nicke ergeben. Dann sehe ich, wie sich Melanies Augenbrauen gefährlich zusammenziehen.
»Aber was hast du dir bei dem Piercing gedacht?!«
»Hm?!«
»Alter, du solltest ein Zeichen setzen, ein Symbol, aber niemand hat davon geredet, dass du dir wegen der blöden Trulla durch die Eichel schießen lässt!«
Ich schweige weiter. Wenn Melanie das so wortwörtlich ausformuliert, klingt es noch doofer, als es sowieso schon war.
»Du hast echt keine Ahnung von Frauen, oder?«
»Na ja …«
»Vergiss es.« Melanie winkt ab. »Aber mal zu was anderem. Was machst du jetzt ohne deinen Pornojob?«
»Na, schreiben«, erwidere ich prompt und klopfe auf die Laptop-Tasche. In diesem Moment zieht sich mein Magen krampfartig zusammen, und es liegt nicht an der bitteren Chai-Mischung. Tatsächlich hatte ich mein dringlichstes Problem völlig verdrängt.
»Läuft es denn bei Jerry Lightning wenigstens rund?«
Ich staune stumm. Die Frau weiß wirklich, wo sie ansetzen muss, damit ich mich noch schlechter fühle.
»Äh …«
Noch einmal sammele ich die Spucke in meinem Mund und berichte ihr von meinen suboptimalen klimatischen Bedingungen bei der Heftromanserie. Dass ich drauf und dran bin, mich selbst aus dem Jerryversum zu kicken, wenn ich diese eine letzte Chance versaubeutele.
»Du darfst das Zyklusfinale schreiben?«, setzt sich Melanies Erstaunen über meine Besorgnis hinweg. »Aber das ist doch eine große Ehre. Da kannst du stolz drauf sein!«
Von wegen! »Nein, das ist purer Zynismus, weil mich der Chefredakteur, der auch der Exposé-Autor ist, aus der Serie haben will. Und er weiß genauso gut wie ich, dass ich es vermasseln werde. Darauf lauert er doch nur. Und verdammt: Er hat recht!«
»Wann musst du denn das Manuskript abgeben?«
»Morgen.«
»Und wie viel hast du schon?«
»Weißt du, eigentlich lief es ganz gut, doch dann kamen all diese Dinge dazwischen …« Ich zähle noch mal auf: »Nils’ Pornocasting, die Secret-Intimacy -Produktion, die Sache im Urwaldhaus, der Verlobte von Cassandra …«
Unwirsch winkt sie ab. »Wie viel hast du schon?«
Ich lächele sie an.
Sie lächelt zurück.
»Nicht mal die Hälfte.«
Ihr Lächeln erstirbt.
»Die Hälfte«, sagt sie tonlos.
»Nicht mal«, nuschele ich.
Sie holt tief Luft. »Zeig doch mal her, das Manuskript.«
Ich zögere. »Es ist wirklich noch nicht vorzeigbar. Viele angefangene Handlungsfäden, lose Enden …«
»So schlimm kann es doch gar nicht sein. Ich habe schließlich ein paar Romane von dir gelesen. Du bist gut.«
Ich lächele dankbar, bin mir aber sehr wohl bewusst, dass sie das nur sagt, um mich aufzumuntern.
Ich tue ihr den Gefallen, befreie meinen Laptop aus der Tasche und klappe ihn auf. Das Betriebssystem erwacht aus dem Schlafmodus. Ich öffne das Textdokument und überreiche Melanie kommentarlos das Notebook.
Sie versinkt in der Lektüre. Währenddessen streune ich durchs Wohnzimmer. Allem Anschein nach steht sie wirklich so sehr auf Enten, wie sie im Lucky Ducky behauptet hat. Auf dem altweißen Wandschrank steht eine ganze Familie aus buntem Glas. Etwas, das unter einer Ente steckt, erhascht meine Aufmerksamkeit. Ich ziehe den bunten Papierstreifen unter dem Entenarsch hervor, der sich als eine Eintrittskarte herausstellt. Der Papierstreifen. Nicht der Entenarsch.
»Du gehst auf die FedCon?«, frage ich ungläubig.
Sie sieht vom Bildschirm auf. »Ja, was dagegen?«
»Ganz und gar nicht. Ich bin nur überrascht. Ich dachte, das wäre so ein Männerding.«
»Noch mal: Ich mag Science-Fiction. Da ist es doch wohl naheliegend, dass ich mir die größte Science-Fiction-Convention Europas nicht entgehen lassen möchte.«
Ich bin verblüfft
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