Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black

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blieb dasselbe, wissend, still, trügerisch. Das erste Opfer des Torso-Mörders war vom selben Gewässer in Teilen angeschwemmt worden, wenn man es auch ein ganzes Jahr lang nicht mit der Mordserie in Verbindung gebracht hatte. Die Frau aus dem See hatte man sie genannt. Sie war nie identifiziert worden. Theresa beschloss, dass dieses Mädchen nicht dasselbe Schicksal erleiden durfte. Sie würde einen Namen für ihren Grabstein bekommen.
    Da spürte sie Franks warme Hand auf ihrer Schulter, die sie leicht drückte. »Übrigens«, sagte er, »alles Gute zum Geburtstag.«
    »Noch nicht«, erinnerte sie ihn. »Vier Tage habe ich noch.«

10
    Montag, 23. September 1935
    Jeder nannte den Abhang Jackass Hill, warum, wusste niemand mehr. Ein Steilhang in Kingsbury Run zwischen den toten Enden der East Forty-ninth und der Fiftieth Street, der sich im Winter hervorragend zum Schlittenfahren eignete, im Herbst jedoch dumpf und verloren wirkte, wenn die Natur erstarb. Spärliche Gräser und andere Gewächse bedeckten den Boden vom Hügel oben bis ins Tal und stachen zwischen den Gleisen hervor. Gräser und Cops. Die Hälfte der Detectives der Stadt war schneller dort gewesen als James und Walter, ebenso wie ein Großteil der Streifenpolizisten; doch es spielte keine Rolle, da der Fall sowieso erfahreneren Detectives als ihnen zugeteilt werden würde. Sie waren aus demselben Grund hier wie alle anderen – aus reiner Neugier.
    Auch wenn James, sobald er sah, worum sich die Polizisten geschart hatten, sich in Erinnerung rief, dass Neugier der Katze Tod war.
    Ein toter weißer Mann lag auf der Seite im Dickicht. Ein Bein war leicht angewinkelt, die Unterarme lagen entspannt vor der Brust. Der Mann hätte ebenso gut auch schlafen können, wenn er nicht bis auf ein Paar Socken nackt gewesen wäre und ohne Kopf. Zumindest nahm James an, dass es sich um einen Mann handelte, denn die geschlechtsspezifischen Körperteile waren zusammen mit dem Kopf entfernt worden.
    James blickte nach unten und konzentrierte sich einen Moment lang auf seine Schuhe. Am linken hatte das Leder begonnen, sich von der Sohle zu lösen.
    Walter trat neben ihn und starrte auf die Leiche wie eine Motte auf die Sonne. James wartete auf die üblichen Flüche, doch sein Partner brachte nur ein »Wow« hervor. Nach einem Moment fügte er hinzu: »Hast du so was im Krieg mal gesehen?«
    James hatte jede Verletzung zu Gesicht bekommen, die ein Soldat nur erleiden konnte, verursacht von jeder erdenklichen Waffe vom Bajonett bis schwerer Artillerie, von jeder Art, wie ein Mensch mithilfe von Maschinen andere Menschen umbringen konnte, doch das war anders gewesen, unpersönlich, kalt. »Nichts Vergleichbares«, antwortete James. »Nichts wie das hier.«
    »Das ist noch nicht alles«, erklärte der ihnen am nächsten stehende Cop. Aufgeregt führte er James und Walter zu einer zweiten Leiche, die genauso zugerichtet war wie die erste. Kein Kopf. Die Genitalien der beiden Männer lagen auf einem traurigen kleinen Haufen daneben.
    James bemerkte zwei uniformierte Polizisten, die die Erde mit Schaufeln beiseiteschoben, an einer Stelle, wo etwas Dunkles zwischen den Gräsern zu sehen war. »Was machen die da?«
    »Sie graben den Kopf aus. Der … wie auch immer man den Täter nennen mag, hat die Köpfe vergraben, doch die Haare noch an der Oberfläche gelassen.« Der Cop zuckte knapp mit den Schultern. »Vergräbt sie, aber so, dass sie gefunden werden müssen. Warum macht einer so etwas?«
    James nickte in Richtung des Häufchens mit den Genitalien. »Warum macht einer so etwas?«
    Walter zündete sich eine Zigarette an und zog kräftig daran, ohne den Blick von den bereits verwesenden Körperteilen abzuwenden. »Ich habe schon viele verrückte Sachen erlebt in meinem Job, Jimmy. Schlimme Dinge. Kranke Dinge.«
    James nickte erneut. »Aber nichts wie das hier.«
    »Verdammt, nein.«
    Eigentlich sollte es hier wie im Schlachthaus riechen, dachte James, doch das tut es nicht. Ein Hauch von Tod, ja, aber nicht dieser metallische, verfaulte Gestank des Gemetzels. Er sah noch einmal auf die Leiche, drängte das Entsetzen in die hinterste Ecke seines Bewusstseins zurück. »Die Körper sind so unheimlich sauber. Ich sehe nicht mal Blut, das die Erde durchtränkt hätte. Jemand, der mit einer deutschen Maschinenpistole niedergestreckt wurde, hätte eine Blutlache von einem Meter Durchmesser hinterlassen.«
    »Der Leichenbeschauer sagt, sie wurden erst später hierhergebracht«,