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Flammenpferd

Flammenpferd

Titel: Flammenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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einem Sterbefall müsste er immer rechnen.
    „Wie geht es dir?“, fragte er.
    Hella hielt sich neben ihm. „Blitz ist tot und mit ihm ist die allerletzte Verbindung zu früher weg. Und du fragst mich, wie es mir geht?“ Die Stimme war ihr entglitten und in einen zornigen Tonfall gerutscht, bevor sie im Weinerlichen versacken konnte.
    „Die Frage war aufrichtig gemeint“, sagte er sanft.
    Sie hatte sich wieder unter Kontrolle. „Ich weiß, entschuldige bitte. Ich bin dankbar, dass du mir geholfen hast, ihn zu beerdigen.“
    Er verkürzte seine Schritte. „Die Leute in Madagaskar graben alle paar Jahre die Verwandtschaft aus und feiern mit den Toten ein Fest. Das klingt für uns makaber. Für die Leute dort ist es ein tröstliches Ritual.“
    Ihr Weg führte an der Reithalle vorbei. Jette gab Unterricht, und ihre klare helle Stimme drang nach außen.
    „Es ist nur ein geringer Trost“, sagte Julian, „aber immerhin ein Trost zu wissen, dass er erstickt ist und nicht verbrannte.“
    „Er war zu tüddelig und hat nicht zwischen den Ballen herausgefunden.“ Sie blieb stehen. „Dieses Feuer macht mir Angst.“
    „Was sagt die Polizei?“
    Im Stall wieherte ein Pferd, und aus der Halle folgte die Antwort. Hella erkannte die Pferde an den Stimmen; zwei befreundete Stuten, die ungern für längere Zeit getrennt wurden.
    „Es war Brandstiftung“, erzählte sie. „Irgendwer hat Benzin auf das Heu geschüttet, vermutet die Polizei. Sie wollen die Nachbarn befragen, ob jemand etwas beobachtet hat. Ich fürchte, so wichtig nimmt die Polizei die Sache nicht. Der Wert eines Heuballens ist überschaubar, und objektiv betrachtet ist nicht viel passiert.“
    „Was ist mit dem Mädchen? Könnte sie es gewesen sein?“
    „Jana?“, fragte Hella überrascht. „Aber warum?“
    Julian neigte den Kopf. Das blasse Mondlicht zeichnete sein Profil mit der römischen Nase scharf wie einen Scherenschnitt. Die Augen lagen im Schatten. „Aus Rache? Immerhin hast du sie entlassen.“
    „Das kann ich mir nicht vorstellen. Vergiss nicht die kleine Feuerstelle im Schuppen. Zu dem Zeitpunkt war nicht die Rede davon, dass Jana gehen müsste. Vermutlich hat derjenige, der das Feuer im Schuppen gelegt hat, auch den Heuballen angesteckt. Irgendein Herumtreiber, vielleicht.“
    Als sie am Schleppdach vorbei kamen, stach Hella der Geruch von kaltem Rauch in die Nase. Julian knipste seine Taschenlampe an. Im hellen Lichtschein zeichnete sich jede Spalte in der morschen Schuppenwand ab. Hella zog die Tür auf und tastete nach dem Lichtschalter. Sie hatte am Vormittag daran gedacht, eine Birne in die betagte Lampe zu schrauben, die an einem schwarzen Kabel von einem Deckenbalken baumelte.
    Julian pfiff anerkennend durch die Zähne. „Eine Festbeleuchtung. Grandios.“
    Die Taschenlampe ließ er an. Das Licht der grandiosen Deckenlampe beleuchtete spärlich die Kuppe des Chaoshaufens darunter. Bis zur hinteren Wand reichte der Lichtschein nicht.
    „Den Versuch war es wert“, bemerkte Hella nüchtern und schaltete die zweite Taschenlampe an. Sie ließ den Lichtkegel durch den Raum gleiten und auf der Falltür inne halten.
    Julian legte seine Lampe zur Seite und kniete sich auf den Lehmboden. „Also spielen wir Einbrecher.“
    Hella hockte sich daneben. „Wie oft hast du das gespielt?“
    Er grinste. „Berufsgeheimnis eines Forschers.“
    Er legte sich das Werkzeug zurecht und begann, das Schloss zu bearbeiten. Es erwies sich als widerspenstig. Hella hockte bekümmert daneben. Ihr stand der Sinn nicht nach Abenteuern, und sie hatte sich nur darauf eingelassen, um Julian einen Gefallen zu tun, nachdem er ihr so geholfen hatte. Plötzlich fuhr sie erschrocken herum. Da war ein Geräusch auf dem Weg. Das Knirschen von Kies. Sie riss die Lampe hoch und leuchtete zur Tür hinaus. Im Lichtschein war nichts Bemerkenswertes zu erkennen. Sie schaltete die Lampe aus. Julian hatte die Zange aus der Hand gelegt und versuchte, den Widerstand des Bügels mit der Eisensäge zu brechen. Nun hielt er mitten in der Bewegung inne und lauschte. Das Mondlicht fiel durch die weit geöffnete Tür bis in den Schuppen hinein. Aus dem Hameltal wehte ein melancholischer Schrei herüber.
    „Der liebe alte Totenvogel“, sagte Julian gelassen.
    Hella horchte angestrengt. „Das Käuzchen meine ich nicht. Ich habe etwas anderes gehört. Leise Schritte und ein Schrappen an der Wand. Und ein Poltern, das ich mir nicht erklären kann.“
    „Auch wenn es den Anschein

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