Flammentod
Möbelhaus hier in der Gegend. Ich drehte den Knopf, und es herrschte Schweigen im Wagen.
Da kam mir die Idee. »Und was ist mit dem blauen Smart?« fragte ich in die Stille hinein, doch Vogt grinste nur müde. Seine Augenbrauen wurden noch etwas spitzer. »Wenn Sie das eine Spur nennen, sind Sie ein noch größerer Versager, als ich dachte.« Er schwieg pikiert.
Ich schob eine von Mannis Kassetten in den Player. Wieder beteuerte Harpo, daß er ein eifriger Horoskopleser war. Bei stampfenden Pop-Klängen kam ich in Hoffnungsthal an.
Das Örtchen war malerisch. Schieferfassaden, eine Brücke, die über ein Flüßchen führte. Alte Natursteinhäuser. Der Laden befand sich gleich an der Hauptstraße. Gegenüber gab es einen Parkplatz. Ich rollte gemächlich dahin, um eine freie Parktasche zu finden. Die meisten Plätze waren für Belegschaften der nahegelegenen Geschäfte und Arztpraxen reserviert. Unter anderem auch für »Morganas Hexentruhe«.
Der Laden nahm drei Plätze in Anspruch. Auf einem davon stand ein dunkelgrüner Fiat. Daneben parkte ein Smart. Ein blauer.
»Vogt, was sagen Sie nun?« fragte ich.
Aber er war längst nicht mehr da. Ich hatte ihn zum Schweigen gebracht.
Die Glöckchen an der Glasscheibe spielten klirrend verrückt, als ich die Ladentür öffnete. Drei Frauen sahen mich erschreckt an. Sie saßen auf einem Sofa, Tassen in den Händen. Vor ihnen stand ein Rattantisch, darauf eine kleine Kanne. Die Hexen machten offenbar gerade Teestunde.
Mein Blick glitt über ein Sammelsurium von Büchern, Batterien von Fläschchen, Kerzen, eigenartigen geknüpften Taschen und Glasfiguren. In Vitrinen lagen Stückchen von irgend etwas herum, ich tippte auf Halbedelsteine, daneben spitz geformte weiße und bläuliche Kristalle. Von der Decke hingen metallene Röhren, die im Windzug leise zu klingen anfingen. Es duftete süßlich. Der Geruch erinnerte mich an die Partys, die Jutta früher gefeiert hatte.
Mein Blick blieb an einem abstrakten Gemälde hängen, das über den drei Damen an der Wand hing. Es war ein Aquarell mit wuchtigen kreuz und quer verlaufenden Pinselstrichen in Lila, Gelb, Rot und Grün. In der Mitte formten sich schwarze Linien zu einem beherrschenden Kreis. Für einen Moment erkannte ich etwas Gegenständliches darin - etwas, was ich schon mal gesehen hatte. Ich kam aber nicht darauf, was es war.
»Gehört jemandem von Ihnen der blaue Smart?« fragte ich.
Eine der Frauen erhob sich. Sie war etwas größer als ich und trug ein verwaschenes Kleid aus Baumwollstoff, das bis auf den Boden reichte. Es sah aus, als hätte sie sich das Kleidungsstück aus einem Bettbezug genäht. Zwischen den Erhebungen ihrer Brüste baumelte ein Amulett aus Holz. Sie sah mich mit eigentümlich hellen Augen an. Ihren Kopf bedeckte eine eng anliegende Wollmütze. Ich vermutete, daß sie sich die Haare darunter vollständig abrasiert hatte.
»Was gibt es?« fragte sie und sah mich mit stechendem Blick an.
»Entschuldigen Sie, aber ich habe den Wagen beim Einparken aus Versehen gerammt. So weit ich sehen kann, ist kein Schaden entstanden. Aber man sollte mal nachsehen. Der Smart steht auf einem Parkplatz, der zu diesem Geschäft gehört. Sind Sie der Besitzer des Autos?«
»Ich bin die Besitzerin«, korrigierte sie mich böse. »Hätten Sie nicht aufpassen können?«
Ich tat so, als sei mir die Sache peinlich, und wunderte mich gleichzeitig über ihre starke Abwehr. Etwas Bedrohliches ging von dieser Frau aus - schwer zu fassen. »Kann ja mal passieren«, sagte ich kleinlaut. »Sehen Sie doch einfach nach, ob die Beleuchtung was abbekommen hat. Ich komme mit.«
»Da können Sie Gift drauf nehmen, daß ich nachsehen werde. Und Sie bleiben schön in Reichweite«, stellte sie klar, als ob ich etwas anderes gesagt hätte.
Sie ging zu dem Tisch, auf dem jetzt die dampfenden Tassen standen, und hob ein Schlüsselbund auf. »Ich bin gleich zurück«, sagte sie zu den beiden anderen Frauen. Eine davon war blond und wirkte sehr jung. Die andere war um die fünfzig, dunkelhaarig und hatte dieselben eigentümlich wulstigen Lippen wie Gerd Diepeschrath. Das mußte Angelika Diepeschrath sein, die Mutter. Ihr Blick war furchtsam, unsicher. Die große Frau dagegen war eindeutig der Boß hier. Morgana, der die Hexentruhe gehörte. Wahrscheinlich hätte sie aber den Ausdruck Bossin lieber gehabt.
Wir verließen den Laden und überquerten die Straße. Die große Frau untersuchte die Rückseite des Smart und fand
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