Flammentod
meldet. Und denken Sie dran - wir haben nicht viel Zeit.«
Verwirrt verließ ich das Büro.
Ich ließ den Wagen auf Vogts Kundenparkplatz stehen und nahm den Vorderausgang des Bürohauses, der zur Schloßstraße führte. Ich erinnerte mich, wie ich vorgestern hier herumgekurvt war und einen Parkplatz gesucht hatte. Eine Konsultation des Stadtplans zeigte mir, daß die Kadettenstraße parallel weiter oben am Berg verlief.
Ich ging die steile gepflasterte Allee hinauf, die schnurgerade auf das große Tor zuführte, das ich vorgestern bereits gesehen hatte. Als ich oben angekommen war, blickte ich mich um, doch es war kein anderes Gebäude zu entdecken, auf das die Adresse gepaßt hätte. So spazierte ich zwischen den beiden schmiedeeisernen, verzierten Torflügeln hindurch, die besonders imposant wirkten, weil die Pfeiler mit steinernen Adlern geschmückt waren. Ich gelangte auf einen weiten, kiesbestreuten Platz. Dahinter erhob sich eine u-förmige weiße Fassade mit zwei Seitenflügeln, die sich mir wie Arme zuzustrecken schienen. Dunkle Schiefertürme reckten sich in den Himmel wie schwarze Kapuzen. Ein Meer von Fenstern blickte mir entgegen. Der Eindruck war pompös, aber mit einem drohenden Unterton.
Vor dem rechten Flügel parkten ein paar dunkle Limousinen. Alles Wagen der berühmtesten Münchner und Stuttgarter Autohäuser. Dazwischen kauerte ein Fremdkörper - ein mir wohlbekanntes Geländemotorrad. Es wirkte in dieser Umgebung wie ein Punk auf dem Wiener Opernball.
Die Hofseite des linken Flügels war mit Menschen in festlicher Kleidung bevölkert. Die Szene wirkte wie eine dieser Reich-und-schön-Reportagen aus der »Bunten«. Sektgläser blinkten in der Sonne, Gelächter brandete herüber, die Türen des Seitenflügels standen offen. Dort schien eine Firma in heiterem Flair zu tagen.
Vor dem Eingang schossen in einem kreisrunden Springbrunnen schaumige Fontänen in die Höhe; der feine Wassernebel brach sich in der Sonne in allen Regenbogenfarben. Auf dem steinernen Sims des Beckens saß eine junge Frau mit blonden Haaren, die mit einem Handy telefonierte. Ich wußte nicht, ob sie zu der Veranstaltung gehörte. Wenn doch, war sie nicht ganz korrekt gekleidet. Sie trug salopp hochgekrempelte Jeans und schwarze glänzende Stiefel. Auf dem Schoß hatte sie eine rote Mappe, auf denen ich die weißen Buchstaben E, M und I erkannte. Als ich vorbeikam, beendete sie gerade das Gespräch. Ich nutzte die Gelegenheit, sie zu fragen, was das hier war. Sie sah mich an, als sei ich von einem anderen Stern gekommen.
»Das hier ist das Grandhotel Schloß Bensberg«, erklärte sie. Da klingelte ihr Handy wieder, und ich setzte meine Wanderung fort.
An einem Säulenportal vor dem Eingang begrüßte mich ein lächelnder Angestellter in Livree. Sein Tonfall war so verbindlich, als hätten wir eben noch zusammen einen draufgemacht. Er hielt mir die Tür auf, und ich betrat die Lobby. Mein Blick fiel auf einen schwarzweißen Steinfußboden, vergoldete Sitzmöbel und weiter hinten eine Bar. Ein schwarzglänzender Konzertflügel ragte ins Blickfeld. Ich suchte die Rezeption und fand sie hinter einigen Vitrinen, in denen diamantbesetzte Colliers die Sicht behinderten. Im Vorbeigehen erhaschte ich einen Blick auf die Preisschilder. Die vorderen Ziffern konnte ich nicht erkennen, aber hinten waren die kleinen Papptäfelchen mit einer Menge gequetschter Nullen vollgemalt.
Ich erkundigte mich nach Frau Ahrens, und man versicherte mir lächelnd, daß ich schon erwartet werde. Sofort war ein weiterer Livrierter zur Stelle.
»Hier entlang«, sagte er freundlich, und ich schlug den gewiesenen Weg ein. Er brachte mich zum Aufzug und drückte auf den Aufwärtsknopf. Als die Kabine kam, verabschiedete ich mich höflich, doch der Page stieg mit ein und begleitete mich über verschiedene Flure bis zur Tür von Juttas Zimmer - die Nummer 228. Dort drückte er auf eine Messingklingel und trat einen Schritt zurück.
Trinkgeld, dachte ich. Ich suchte nach meiner Geldbörse, doch bevor ich sie gefunden hatte, öffnete Jutta schon die Tür. Ihre grünen Haare hingen in nassen Strähnen wie Algenbüschel auf die Schultern. Sie trug einen dicken weißen Bademantel, den sie vorne mit der rechten Hand zusammenhielt und aus dessen Tasche sie mit der linken einen Zehnmarkschein zog. Sie drückte dem Pagen stumm das Geld in die Hand; der Mann bedankte sich und machte sich auf den Rückweg. Kaum hatte er uns den Rücken zugekehrt, ließ Jutta
Weitere Kostenlose Bücher