Flandry 4: Ehrenwerte Feinde
richtigen Mann habe ich nie gefunden«, flüsterte sie. »Inyanduma wäre solch ein Mann, seht Ihr, trotz all seiner Jahre. Da ist nur Derek Umbolu – wie Ihr mich alles offenbaren macht, Terraner! –, und er ist zu stolz, um über seinem Stand zu freien.« Sie holte tief Luft und stieß voll Verzweiflung hervor: »Aber ich bin keine Jungfer mehr und will nicht warten, bis die Entropie vollendet ist, ehe ich wieder als Frau fühle!«
Flandry hätte etwas murmeln und sich eilig davonstehlen können. Doch im Rauschen seines Blutes erinnerte er sich daran, dass er ein Agent des Kaisers war und dieses Mädchen im Süden etwas getan hatte, was man vor ihm geheimhielt.
Er küsste sie.
Erst reagierte sie scheu, dann mit einer Gier, die ihn fast verzehrte. Lange saßen sie unter dem Mond, ohne Worte zu gebrauchen, bis Flandry mit dumpfer Überraschung feststellte, dass die Flut an seinen Zehen leckte.
Tessa erhob sich. »Komm in mein Haus«, sagte sie.
Das war der Augenblick, in dem er den Schuft mit dem Reptilienblut geben musste … oder vielleicht einen halb kühlen, halb liebenswürdigen Ritter, er war sich furchtbar unsicher. Flandry blieb sitzen, sah zu Tessa hoch, wo sie von Sternen gekrönt stand, und sagte:
»Es tut mir leid. Es geht nicht.«
»Fürchte mich nicht«, sagte Tessa mit einem Lachen nah an der Grenze zum Schluchzen. »Du kannst gehen, wann immer du willst. Ich will keinen Mann, der nicht aus freien Stücken bleibt. Aber ich tue mein Bestes, um dich zu halten, Dominic, Liebster.«
Flandry suchte nach einer neuen Zigarette. »Meinst du etwa, mir wäre etwas anderes lieber?«, fragte er. »Aber auf diesem Planeten läuft ein Ungeheuer frei herum, da bin ich fast sicher. Ich möchte dir nicht nur ein paar Stunden schenken, in denen ich mit den Gedanken halb bei der Arbeit bin. Danach …« Er ließ den Satz unbeendet.
Tessa stand scheinbar eine Ewigkeit einfach nur reglos da.
»Es geht auch um Nyanza«, sagte Flandry flehend. »Wenn es außer Kontrolle gerät, könnte es das Ende eures ganzen Volkes bedeuten.«
»Aye«, bestätigte Tessa tonlos.
»Du könntest mir helfen. Wenn dieser Einsatz beendet ist …«
»Also … Was wolltest du wissen?« Sie löste ihr Gesicht von seinem Blick.
Flandry entzündete die Zigarette und blinzelte durch den Rauch. »Was hast du im Kraal getan?«
»Ich bin mir nun gar nicht mehr so sicher, ob ich dich wirklich liebe, Dominic.«
»Willst du es mir sagen, damit ich weiß, womit ich rechnen muss?«
Sie seufzte. »Rossala rüstet. Man baut dort Kriegsschiffe, Geschütze, Torpedos – nichts Nukleares, zumal uns dazu die Anlagen fehlen, aber mehr, als das terranische Gesetz uns zugesteht. Ich weiß nicht wieso, doch das Gerücht spricht vom versunkenen Uhunhu. Der Scheich hütet seine Geheimnisse wohl. Doch es wird von Freiheit geraunt. Es mag wahr sein oder auch nicht. Um unserer Brüder auf ganz Nyanza willen suchen wir keinen Zwist mit dem Imperium, aber … auch wir wappnen uns, falls Rossala die alten Kriege neu beginnen will. Ich habe einem Bündnis mit dem Kraal den Weg geebnet.«
»Und wenn Rossala nicht euch angreifen, sondern gegen Terra rebellieren will?«, fragte Flandry. »Was macht eure wiederbewaffnete Allianz dann?«
»Das weiß ich nicht zu sagen. Ich bin nur eine Nyanzanerin. Hast du noch nicht genug erfahren?«
Sie riss sich den Helm über den Kopf und sprang von der Kante. Flandry sah sie nicht wieder auftauchen.
VII
Der Kommodore hatte die exotischen Meeresfrüchte eines ganzen Planeten zur Auswahl und servierte seinem Gast zum Frühstück importiertes Beefsteak. Flandry machte zwischen den Gezeitentümpeln einen Morgenspaziergang im böigen, salzigen Wind und wartete grimmig und verstimmt darauf, dass die Ereignisse in Bewegung gerieten.
In seiner schillernden weißen Kleidung fiel er ins Auge, wie er allein auf einem Felsvorsprung stand, während die Brandung ihm um die Füße spülte. Ein Harpunenschütze hätte aus dem Wasser aufwärts feuern und ungesehen verschwinden können. Flandry nahm den Blick nicht von den blauen und grünen, weiß bemützten Wogen jenseits der Wellenbrecher. Seine Gedanken verweilten mürrisch bei Tessa Hoorn – gottverdammt, auf dem Heimweg würde er einen Umweg über Morvan machen, eine ganze Woche in der Vergnügungsstadt verbringen und alles als Spesen abrechnen. Was nutzte dieser Kampf, um eine zerfallende Zivilisation davor zu bewahren, dass sie bei lebendigem Leib gefressen wurde, wenn
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