Flashback

eine Sozialdemokratie aus Ihrem Land zu machen – gerade als die europäischen Staaten anfingen, unter der durch Sozialprogramme verursachten Schuldenlast zusammenzubrechen. Es folgten einseitige Abrüstung, der Abschied von der Weltpolitik, ein Verrat an alten Verbündeten, die rasche und bewusste Aufgabe
von Amerikas Stellung als Supermacht und ein völliger Rückzug aus der internationalen Verantwortung, die die Vereinigten Staaten von Amerika lange Zeit sehr ernst genommen hatten.«
    Nick blickte nach hinten zu seinem Sohn. Vals Mund stand leicht offen, und sein Gesicht war kreidebleich. Nick war klar, dass es den Jungen große Anstrengung kostete, sich nicht vor all den Leuten auf den Persertepppich zu übergeben.
    »Mr. Bottom?« Nakamuras Stimme wurde scharf. »Hören Sie mir zu?«
    Nick wandte sich wieder dem größenwahnsinnigen Milliardär zu, der sich nach vorn lehnte und die Hände auf der polierten Schreibtischplatte faltete.
    Schließlich setzte er seine Rede fort. »Die Wirtschaftskrisen, die zum Tod der Europäischen Union und zum Zusammenbruch Chinas führten – sowie zum gewaltsamen und überflüssigen Tod von sechs Millionen Juden und einer Million nicht jüdischen Bewohnern in Israel, die alle von Ihrem Land im Stich gelassen wurden, Mr. Bottom – waren nur weitere Schritte im zuerst bewusst herbeigeführten und dann unvermeidlichen Niedergang der Vereinigten Staaten von Amerika.«
    Ein langes Schweigen entstand. Schließlich hielt es Nick nicht mehr aus. »Was hat dieser Geschichtsvortrag mit dem allem zu tun? Und vor allem mit dem Grund, warum Sie mich engagiert haben, um den Mord an Ihrem Sohn aufzuklären?«
    Nakamura schloss die Augen. Dann setzte er ein schmallippiges Lächeln auf. »Wie gesagt, Mr. Bottom, das ist der Einsatz, der auf dem Spiel steht. Wir Industriellen in Japan vor knapp einem Vierteljahrhundert wussten, dass unsere Nation eines Tages die Lücke würde schließen müssen, die Amerika durch seinen selbst gewollten Niedergang hinterlassen hat. Es war keine Aufgabe, die wir mit Freuden begrüßt haben. Dafür waren die Erinnerungen an den Daitoa senso, der allgemein von Historikern als Zweiter Weltkrieg
bezeichnet wurde, einfach noch zu schmerzvoll. Wir, die Bürger von Nippon, zögerten zunächst, uns wieder als Shido minzoku zu betrachten – als Herrenrasse der Welt –, doch wir begriffen, dass wir diese Rolle annehmen mussten. Der erste Krieg in China vor fast einem Jahrhundert war eine Folge unserer Hybris – Militarismus, imperiale Hoffnungen, verfehlte Vorstellungen von Religion und dem Samuraikodex des Bushido. Doch der kommende Krieg, Mr. Bottom, ein Krieg, der viel umfassender und für den Feind schrecklicher sein wird als der Daitoa senso, wird kein Kura tanima, kein dunkles Tal sein wie damals. Es wird ein weltweiter Befreiungskrieg sein.«
    »Krieg gegen wen?« Nick wollte alles gehört haben, ehe er seinerseits sprechen konnte.
    Traurig schüttelte Nakamura den Kopf. »Gegen den militanten Islam, Mr. Bottom. Gegen die Hydra namens Weltkalifat. Die von fundamentalistischen Terroristen vorangetriebene Expansion des Islam im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert ist eine einzige Schande. Die Bürger, die dem kaiserlichen Sohn des Himmels von Dai Nippon dienen – der von der Sonnengöttin im Land der aufgehenden Sonne abstammt, wo alle acht Ecken des Universums unter einem göttlichen Dach vereint sind –, werden sich nicht von einer Wüstenreligion ins siebte Jahrhundert zurückwerfen lassen! Das wird nicht geschehen! Wir werden es nicht zulassen! «
    Nun hatte auch Hiroshi Nakamura die Stimme erhoben. Sie besaß zwar nicht die Rockkonzertwucht von Satos Organ, aber sie war so laut und fanatisch, dass Nick unwillkürlich einen halben Schritt zurückwich.
    Seine letzten Sätze sprach der Milliardär wieder in leisem Ton. »Also haben wir Unternehmensführer in Nippon unsere Keiretsu wieder in die Zaibatsu aus Kriegszeiten verwandelt, und seither dienen unsere Familienkonzerne dem Land nicht nur, sondern
sie bestimmen auch seine Geschicke. Daher sind wir zur Ehre des Samurai und dem wahren Kodex des Bushido zurückgekehrt. Und daher werden wir auch bald einen einzigen, allmächtigen Shōgun brauchen, der dem Kaiser in diesem totalen Krieg als Berater zur Seite steht.«
    Nick räusperte sich. »In diesem totalen Atom krieg.«
    »Natürlich«, erwiderte Nakamura wegwerfend. »Alle Daimyōs, selbst Ihr schwächlicher Freund Omura, stimmen darin überein,