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Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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meinen eigenen Herzschlag.
    Tank-red, Tank-red, Tank-red, Tank-red …
    Hatte der Heilige, so wie Shakespeare, einen Fluch über sein Grab verhängt? Verflucht sei der, der meine Gebeine bewegt und so weiter?
    Hatte das den armen Mr. Collicutt umgebracht?
    Unwahrscheinlich. Selbst wenn die Geister der Toten tatsächlich jemanden umbringen konnten, bezweifelte ich doch sehr, dass sie es schafften, ihrem Opfer eine Gasmaske übers Gesicht zu stülpen.
    Trotzdem erschauerte ich beim Gedanken an Mr. Collicutt, der, wenn ich nicht völlig danebenlag, diesen Gang tot oder lebendig entlanggeschleift worden war.
    Ich machte mir gedanklich einen Knoten ins Taschentuch. Am Ostersonntag wollte ich für ihn beten.
    Jetzt verzweigte sich der Kriechtunnel auf einmal, und ich blickte von oben in eine noch größere Kammer hinein. Wie am anderen Ende hatte jemand Steintrümmer unter den Eingang gestapelt, sodass ich ohne große Schwierigkeiten auf den mit Schutt übersäten Boden hinuntersteigen konnte.
    Dieser Teil der Ganges endete hier.
    Ich ließ den Taschenlampenstrahl langsam umherwandern, aber abgesehen von mehr in die Steinmauern gekritzelten Namen und Initialen gab es nicht viel zu sehen.
    Die Kammer war leer.
    Abgesehen von zwei Eisenschellen, die aus der Wand ragten.
    Es waren Griffe, die links und rechts in die Schmalseiten eines Steinquaders geschraubt waren. Sie konnten keinem anderen Zweck dienen als dem, den Stein von der Stelle zu bewegen.
    Eine kurze Begutachtung bestätigte diesen Eindruck. Über dem Stein verlief ein rasierklingendünner Spalt, ebenso an beiden Seiten. Im Gegensatz zu den anderen Mauersteinen war dieser Quader ohne Mörtel in die Wand eingepasst.
    Er war dafür da, dass man ihn herauszog.
    Als ich den Spalt mit dem Finger nachfuhr, spürte ich einen Luftzug – einen Luftzug, wie ich ihn auch in der Gruft gespürt hatte, daran hegte ich keinen Zweifel.
    Wenn ich nicht komplett auf dem Holzweg war, befand ich mich hinter der Wand der Kammer, in der Mr. Collicutts Leiche versteckt gewesen war.
    Von hier aus hatte ihn der Mörder – oder, was wahrscheinlicher war, hatten ihn die Mörder – in die verschlossene Gruft befördert.
    Anfangs war es nur ein bloßer Hauch, der meine Ohren umspielte. So verhielt es sich immer mit dem überempfindlichen Gehör, das ich von Harriet geerbt hatte: Geräusche waren zu Anfang nur eine Art hörbare Stille.
    Erst wenn ich mir ihrer richtig bewusst wurde, nahmen sie Gestalt an. So auch diesmal.
    Da redete jemand.
    Die Stimme klang wie eine Fliege, die sich in eine leere Flasche verirrt hat, ein dumpfes und zugleich blechernes Summen, das an- und wieder abschwoll, an- und abschwoll.
    Einzelne Worte waren nicht zu verstehen, ich vernahm nur das Brummen der Insektenstimme.
    Reflexartig knipste ich die Taschenlampe aus.
    Und stand im Stockfinstern.
    Mir fiel sofort auf, dass durch den Mauerspalt Lichttupfen zu mir hereindrangen.
    Ob hinter der Wand auch der Schein meiner Taschenlampe zu sehen gewesen war? Eher nicht, denn die Gruft wurde ja mit Glühbirnen beleuchtet.
    Aber wer hielt sich mitten in der Nacht in der Krypta auf? Es mussten mindestens zwei Leute sein, denn ein Einzelner würde wohl kaum mit sich selbst reden.
    Ich legte das Ohr an den Spalt und konzentrierte mich.
    Vergebens. Der Spalt über dem Stein hatte einen eigenartigen Filtereffekt. Es war, als hörte ich nur einen ganz schmalen Ausschnitt aus dem Frequenzbereich dieser Stimme – jedenfalls nicht genug, um die Worte unterscheiden zu können.
    Nach ungefähr einer halben Minute gab ich auf und machte mich an die nähere Untersuchung des Steinquaders, wobei ich mich auf mein Fingerspitzengefühl verließ.
    Er war ungefähr vierzig Zentimeter breit und dreißig Zentimeter hoch. Seine Dicke entsprach vermutlich der Dicke der Wand, die ich ebenfalls auf vierzig Zentimeter schätzte.
    Vierzig mal dreißig mal vierzig, das ergab achtundvierzigtausend Kubikzentimeter oder null Komma null vier acht Kubikmeter. Wie viel der Stein wohl wiegen mochte?
    Das hing natürlich von seiner relativen Dichte ab. Aus den Tabellen in Onkel Tars Handbüchern wusste ich, dass Gold eine relative Dichte von über neunzehntausend Kilogramm pro Kubikmeter hatte, Blei etwas mehr als elftausend.
    St. Tankred war für die Schönheit seines Sandsteins bekannt, der, wenn ich mich recht entsann, eine relative Dichte von fast zweieinhalbtausend Kilogramm pro Kubikmeter besaß. Demnach war der Steinquader zwischen hundertzehn und

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