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Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie

Titel: Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet - The Sweetness at the Bottom of the Pie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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genetigt, ihn in die Kiche hinunter zu bringen, woer jetzt ligt. Sie werden hieraus selber urteilen, dass er sehr heruntergekommen ist.
    Nachdem Ihr Newö, den Sie als einen Leerer recommandirten, meinem Bapa dieß angedan und mit baren Füsen auf seinem Leib herumgesprungen hate und auch schempfte mit was ich die Beschreibung meiner Feder nicht beschmutzen mag, so grif er Mama auf eine firchderliche Weise an, schleuderte sie zu Boden und schlug ihr den Kam einige Zol tief in den Kopf, ein klein wenig weider und es were in den Schedel gegangen. Wir haben ein medizinisches Zerdifikat, das, wenn dieß geschehen wäre, der Schildkrot das Hirn verletzt haben würde.
    Und jetzt hört euch den nächsten Absatz an:
    Dann wurde ich und mein Bruder die Opfer seiner Wut und wir haben seitdem ser viele schmerzen ausgestanden, was uns zu der peinlichen Vermutung leitet, dass wir irgendwo innerlich Schaden genommen haben, besonders da euserlich keine Spuren der Gewaldsamkeit sichtbar sind. Ich muss die ganse Zeit über, das ich schreibe, immer laud aufschreien …«

    Für mich hörte sich das wie ein klassischer Fall von Zyankali-Vergiftung an, aber ich hatte keine Lust, die beiden dummen Ziegen an meiner Erkenntnis teilhaben zu lassen.
    »Ich muss die ganse Zeit beim Schreiben laud schreien«, wiederholte Daffy. »Stellt euch das bloß mal vor!«
    »Das Gefühl kenn ich.« Ich schob meinen Teller weg und ging, ohne mein Frühstück auch nur angerührt zu haben, langsam die Treppe zu meinem Labor hoch.
     
    Immer wenn ich durcheinander war, zog ich mich in mein Sanctum Sanctorum zurück. Hier, zwischen den Flaschen und Reagenzgläsern, gestattete ich mir den Luxus, in dem zu schwelgen, was ich insgeheim den »Geist der Chemie« zu nennen pflegte. Entweder vollzog ich Schritt für Schritt die Entdeckungen der großen Chemiker nach, oder ich zog andächtig einen Band von Tar de Luces kostbaren Büchern aus dem Regal, etwa die englische Übersetzung von Antoine Lavoisiers Chemische Elemente, erschienen 1790, dessen Blätter aber noch nach hundertsechzig Jahren so fest wie Metzgereipapier waren. Ich erfreute mich an den altmodischen Namen und Bezeichnungen, die nur darauf warteten, von den Seiten gepflückt zu werden: Antimonbutter … Arsenblumen.
    »Übel riechende Gifte«, nannte sie Lavoisier, aber ich suhlte mich im Klang ihrer Namen wie ein Schwein im Kurbad.
    »Königsgelb!«, sagte ich laut, kostete die Worte aus und labte mich trotz ihrer giftigen Wirkung daran.
    »Venuskristalle! Boyles dampfende Flüssigkeiten! Ameisen öl!«
    Aber diesmal wollte es nicht klappen. Meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Ich musste an Vater denken und daran, was ich gesehen und gehört hatte. Wer war dieser Twining - der »olle Teebeutel« -, der Mann, von dem Vater behauptet hatte, er und der Fremde hätten ihn umgebracht? Und
warum war Vater nicht zum Frühstück erschienen? Das bereitete mir richtig Bauchschmerzen. »Frühstücken hält Leib und Seele zusammen!«, pflegte er nämlich zu verkünden, und ich hatte noch nie erlebt, dass er diese Mahlzeit ausgelassen hätte.
    Auch der Auszug aus Dickens, den uns Daphne vorgelesen hatte, ging mir im Kopf herum: die Stelle mit den blauen und grünen Flecken. Hatte sich Vater mit dem Fremden geprügelt und konnte wegen seiner Blessuren nicht bei Tisch erscheinen? Oder hatte er innere Verletzungen davongetragen, wie sie Fanny Squeers beschrieb: Verletzungen, die keinerlei äu ßere Gewalteinwirkung erkennen ließen? Vielleicht war der Rothaarige ja daran gestorben. Das würde erklären, warum ich kein Blut gesehen hatte. War Vater womöglich ein Mörder? Gar ein zweifacher?
    Mir schwirrte der Kopf, und um mich wieder zu beruhigen, fiel mir nichts Besseres ein als Das Große Wörterbuch der Englischen Sprache. Ich holte mir den Band mit dem Buchstaben »V«. Was hatte mir der Fremde ins Gesicht geröchelt? Richtig: » Vale «!
    Hastig blätterte ich die Seiten um: vakant … Vakuum … Vakzination … da war es - Vale: Gehab dich wohl, Auf Wiedersehen, Adieu. Imperativ des lateinischen Verbs valere: wohl ergehen.
    Merkwürdig, dass ein Sterbender so etwas zu jemandem sagt, den er gar nicht kennt.
    Ein plötzlicher Lärm in der Eingangshalle ließ mich hochfahren. Jemand drosch auf den Gong ein, und zwar nicht eben zimperlich. Die große Metallscheibe, die aussah wie aus dem Vorspann eines Kinofilms von J. Arthur Rank, war schon seit Menschengedenken von niemandem mehr betätigt worden, was

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