Fleisch ist mein Gemüse
Abendandacht. Wir saßen also eines Sommersonntagnachmittags in meinem unfassbar heißen Zimmer unter dem Dachboden, und uns beiden war klar, dass es heute passieren würde. Ich trank ein Bockbier nach dem anderen.
Bock
bier passte natürlich sehr gut. Frauke hatte ich eine Flasche des damaligen Modegetränks Pernod besorgt und sogar an Eiswürfel gedacht. Alles lief nach Plan, und kurze Zeit später begannen wir, uns zu küssen und auszuziehen. Die Sache war in Bewegung geraten, nichts schienuns mehr aufhalten zu können! Als ich dann jedoch mit entblößtem Oberkörper auf dem Bett saß, musterte sie mich eine Spur zu lange und sagte dann: «Du bist ja vielleicht
weiß
.»
«Findest du?» Mir fiel überhaupt nichts ein.
«Das gibt’s ja nicht. Gehst du denn nie in die Sonne? Das ist ja schon
peinlich
.»
Gott, wie schrecklich. Wie kann man so etwas nur sagen. Emotional verroht, die dumme Kuh. Frauke kam aus einem sozial schwachen Umfeld und war es gewohnt, die Dinge immer direkt auszusprechen. Menschen zutiefst verletzen und sich mit
Ich bin eben bloß ehrlich
herausreden, das hatte ich gern. Na ja, Augen zu und durch. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und schraubte weiter an ihr herum. Widerwillig machte sie mit, und schließlich begannen wir doch noch
damit
. Nach wenigen Minuten hörte sie jedoch auf, sich zu bewegen.
«Du, hallo!»
«Ja?»
«Wart mal eben.»
«Wieso?»
«Wir müssen jetzt aufhören.»
«Hä, wieso das denn?»
«Ich muss um sieben wieder zu Hause sein.»
Frauke wohnte noch bei ihrer Mutter. Sie zog sich schnell an und verschwand.
Tschüs dann – Ja, mach’s gut
. Ich bin vor Verzweiflung fast ohnmächtig geworden. Sie rief nie wieder an, und ich habe mich auch nicht bei ihr gemeldet. Ein Fitzelchen Stolz hatte ich schließlich auch noch in meinem bleichen Körper. Ich habe sie viele Jahre später noch zweimal in der Talksendung
Jörg Pilawa
wieder gesehen. Der Einblendung entnahm ich, dass sie jetzt Heilpraktikerin war. An das Thema kann ich mich nicht mehr erinnern, auf jeden Fall hat sie irgendwas in dem Sinne gesagt, dass sie sich nicht
die Butter vom Brot
nehmen lassen wolle, und schon gar nicht von den Männern. Das wussteich ja nun schon. Das andere Mal saß sie im Publikum. Sie meldete sich zu Wort, um unter den wohlwollenden Blicken des Talkmasters eine Frau zur Räson zu bringen, die ihrer Meinung nach einfach nur stinkend faul war und nicht arbeiten
wollte
. Ihre Meinung kam beim Publikum gut an.
Na ja, Schnee von gestern. Die einzige aktuelle Option war Busenmaike, die ich regelmäßig anrief, um sie bei Laune zu halten. Ich scheute aber ein Treffen und lebte die Begegnung lieber in meiner Phantasie aus. Doch irgendwann schlug sie vor, mich an einem der kommenden Wochenenden zu besuchen. Dakonnte ich natürlich schlecht nein sagen. Ich putzte das Zwergenhäuschen heraus und holte Maike vom Harburger Bahnhof ab. Sie machte ihrem Namen alle Ehre, ihr Busen schien nochmal ein Stück größer geworden zu sein. Auch sonst schien sie etwas zugelegt zu haben, besonders im Gesicht. Ich hatte irgendwas zu essen vorbereitet, das war’s dann aber auch schon mit Vorleistungen. Noch nicht mal zu einem Gläschen Imiglikos beim Griechen habe ich sie eingeladen. So saßen wir auf dem Sofa und tranken, sie wenig, ich viel, wie es sich gehört. Es dauerte ewig, in die richtige Stimmung zu kommen. Verstohlen blickte ich ab und an zu ihr hinüber. Sie hatte wirklich einen mächtigen Busen, und mich beschlich zwischendurch immer wieder große Mutlosigkeit. Doch Maike wusste, was sie wollte, und saß es einfach aus. Gegen vier Uhr morgens war ich endlich so weit. Nach fahrigem Genestel auf der Wohnzimmercouch ging es ab nach oben. Maike sah nackt noch einmal
ganz anders
aus, als ich mir das vorgestellt hatte. Halb Mensch, halb Busen. Das war eindeutig zu viel. Ich kam da einfach nicht gegen an, betrunken hin, betrunken her. Ich schloss die Augen und versuchte, an etwas Schönes zu denken, mir fiel aber nur die Bemerkung ein, die Niels einmal anlässlich der bevorstehenden Hochzeit einer gemeinsamen Bekannten geäußert hatte. Sowohl sie als auch ihr zukünftiger Mann waren ausgesprochene Ladenhüter. O-Ton Niels: «Ich kann nicht verstehen, wie sich zwei derart hässliche Menschen gegenseitig geil finden können.» Ich fand diese Bemerkung damals
menschenverachtend
, gleichzeitig hatte sie sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt. Jetzt war mal wieder der passende
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