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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Patrizier blickte so lange auf die Fingerknöchel hinab, bis Mumm
    die Hände wegzog.
    »Morgen wirst du beim Convivium der Zauberer zugegen sein«, sagte
    Vetinari. »Ich habe dir eine entsprechende Mitteilung geschickt.«
    »Aber ich…« Ein verräterisches Bild entstand vor Mumms innerem
    Auge und zeigte ihm hohe Papierstapel auf seinem Schreibtisch. »Oh«,
    sagte er.
    »Der Kommandeur der Wache führt die Prozession in vol er Parade-
    uniform an. Das ist ein alter Brauch.«
    »Was? Ich soll vor allen Leuten marschieren?«
    »Ja. Das ist sehr… staatsbürgerlich. Du weißt bestimmt, worauf es da-
    bei ankommt. Ein solches Auftreten demonstriert die freundliche Allianz
    zwischen der Universität einerseits und der Regierung von Ankh-
    Morpork andererseits. Diese Allianz besteht im Versprechen der Zaube-
    rer, al en unseren Bitten nachzukommen, vorausgesetzt, daß wir sie nie
    um etwas bitten. Wie dem auch sei: Es ist eine Pflicht, der du dich nicht
    entziehen kannst. Die Tradition verlangt es. Und Lady Sybil hat mir ver-
    sichert, daß du morgen mit strahlender Miene zur Stelle sein wirst.«
    Mumm holte tief Luft: »Du hast mit meiner Frau darüber gesprochen?«
    »Ja. Sie ist sehr stolz auf dich und glaubt, daß du zu erhabenen Dingen
    fähig bist, Mumm. Sie ist dir sicher ein großer Trost.«
    »Nun, ich… Ich meine, ich… ja…«
    »Gut. Oh, da wäre noch etwas, Mumm. Zwar habe ich bereits das Ein-
    verständnis der Assassinen- und Diebesgilde eingeholt, aber wir sol ten
    kein Risiko eingehen… Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du gewährlei-
    sten könntest, daß niemand mit Eiern oder so nach dem Prinzen wirft.
    So etwas verursacht stets viel Ärger.«

    Die beiden Seiten beobachteten sich aufmerksam. Sie waren alte Feinde.
    Schon oft hatten sie ihre Kräfte gemessen, im Kampf um Territorium
    Siege errungen und Niederlagen erlitten. Diesmal ging es um al es oder
    nichts.
    Knöchel traten weiß hervor. Stiefel scharrten ungeduldig.
    Hauptmann Karotte ließ den Ball einige Male hüpfen.
    »Also gut, Jungs. Versuchen wir’s noch einmal. Und diesmal keine Bal-
    gereien. William, was kaust du da?«
    Der geschickte Rippenstoßer schnitt eine finstere Miene. Niemand
    kannte seinen Namen. Kinder, mit denen er aufgewachsen war, kannten
    ihn nicht. Vermutlich wußte nicht einmal seine Mutter – wenn er ihr
    jemals begegnete –, wie er hieß. Aber Karotte war es irgendwie gelungen,
    seinen Namen herauszufinden. Wenn jemand anders so dumm gewesen
    wäre, ihn »William« zu nennen, hätte der Betreffende nach seinem Ohr
    suchen müssen. Und zwar in seinem eigenen Mund.
    »Ein Kaugummi, Herr Karotte.«
    »Hast du genug für al e mitgebracht?«
    »Nein, Herr Karotte.«
    »Dann sei bitte so nett und nimm es aus dem Mund. Und nun… Ga-
    vin, was steckt da in deinem Ärmel?«
    Schleimbeutel Gav versuchte gar nicht erst, die Wahrheit zu verbergen.
    »Ein Messer, Herr Karotte.«
    »Und ich wette, du hast genug Messer für alle mitgebracht, stimmt’s?«
    »Genau, Herr Karotte.« Schleimbeutel grinste. Er war zehn Jahre alt.
    »Leg’s zu den anderen auf den Haufen…«
    Obergefreiter Schuh blickte entsetzt über die Mauer. Etwa fünfzig Ju-
    gendliche standen in der breiten Gasse. Das Durchschnittsalter in Jahren
    betrug elf. Das Durchschnittsalter in Zynismus und gemeiner Bosheit
    belief sich auf 163. Zwar gibt es beim Fußball von Ankh-Morpork keine
    Tore im üblichen Sinne, aber in diesem Fall waren trotzdem zwei Tor-
    pfosten aus gestapelten Gegenständen errichtet worden – die überal im
    Multiversum gebräuchliche Methode.
    Ein Stapel aus Messern, der andere aus stumpfen Gegenständen.
    Die Jungen trugen die Farben der scheußlichsten Straßenbanden, und
    mitten unter ihnen stand Hauptmann Karotte. In der einen Hand hielt er
    eine stark angeschwollene Schweinsblase, die als Bal diente.
    Obergefreiter Schuh fragte sich, ob er Hilfe holen sol te. Aber Karotte
    wirkte erstaunlich ruhig und entspannt.
    »Äh… Hauptmann?« fragte er vorsichtig.
    »Oh, hal o, Reg. Wir veranstalten gerade ein freundschaftliches Fuß-
    bal spiel. Jungs, das ist Obergefreiter Schuh.«
    Fünfzig Augenpaare sprachen: Wir merken uns dein Gesicht, Bul e.
    Reg schob sich an der Mauer entlang, und die Augen sahen den Pfeil,
    der den Brustharnisch durchbohrt hatte und aus dem Rücken ragte.
    »Es hat sich ein Problem ergeben, Hauptmann«, sagte Reg. »Ich hielt es
    für besser, dir Bescheid zu geben. Viel eicht sol test du dich um die

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