Flitterwochen
gegen die Mücken einzusprühen. Schließlich konnten sie es sich, wie Sally sagte, auf keinen Fall leisten, daß ihr Hauptdarsteller am Abend der Aufführung mit geschwollenem Gesicht auftrat.
Unterwegs traf sie auf Tante Hester und Parsival, die von ihrem abendlichen Spaziergang zurückkamen, jetzt aber noch einmal kehrtmachten und sich Lee anschlossen.
»Ich dachte, ich müßte Lawrence wenigstens von den Mücken befreien«, sagte Lee, als sie die Zelttür öffnete.
»Ja«, antwortete Hester nachdenklich, »ich glaube, der junge Mann wird sich in Kürze über mehr als nur Mücken den Kopf zerbrechen müssen.«
Parsival, den der Spaziergang angeregt hatte und der seine neue Umgebung neugierig betrachtete, begann unter Grants Bett wie wahnsinnig nach Ratten zu suchen. Hester befestigte die Zelttür so gut sie konnte, während Lee sorgfältig die Wände zu besprühen begann. Plötzlich hörten sie ganz nahe eine leise ärgerliche Stimme.
»Aber warum? Du mußt doch die ganze Zeit meine Gefühle gekannt haben. Du hast mich gern gehabt. Was ist denn jetzt passiert?«
Es war Lawrences Stimme, und die beiden Frauen tauschten einen erstaunten Blick. Sie belauschten eine offensichtlich sehr private Unterhaltung.
Lee sah sich verzweifelt um; sollten sie jetzt schnell aus dem Zelt laufen oder war es schon zu spät? Bevor sie sich entschließen konnten, hörten sie die zweite Stimme. »Nichts ist passiert, Lawrence. Sei doch nicht so verärgert. Natürlich mag ich dich. Du warst so nett zu mir, aber... aber...«
»Aber was?«
Es entstand eine Pause, in der Kitty offenbar nachdachte. Lee und ihre Tante sahen sich betroffen an. Jetzt war es hoffnungslos. Sie konnten nur beten, daß die Sprechenden weitergingen, aber das verflixte Paar schien entschlossen, genau vor dem Zelt zu bleiben. Sie konnten sich nur ganz still verhalten, sich nicht bewegen und keinen Laut von sich geben.
Sie hatten sich eben mit albernen Zeichen darüber verständigt, als sie eine leichte Bewegung hörten und sich erschreckt umdrehten, um Parsival mit gespitzten Ohren und neu erwachter Aufmerksamkeit unter dem Bett auftauchen zu sehen. Von den Ratten enttäuscht, wollte er sich jetzt hinausstürzen und die Eindringlinge anbellen.
Hester handelte geistesgegenwärtig. Sie packte den kleinen Hund, hockte sich neben ihn auf den Boden und preßte seine Schnauze fest in ihrer kräftigen Hand zusammen. Für Lee wäre der Anblick ihrer Tante in dieser Stellung fast zum Verhängnis geworden, denn trotz ihrer Bestürzung überkam sie ein Bedürfnis zu lachen. Entsetzen über diese Regung, allgemeine Verlegenheit und heimliches Mitleid mit dem nichtsahnenden Lawrence, all das brachte sie durcheinander, und unglücklicherweise machten sich ihre Gefühle schließlich in einem leichten Schluckauf Luft. Ohne weitere Überlegung vergrub Lee das Gesicht in Lawrences Kopfkissen in dem Versuch, nicht zu hören, was draußen vorging.
Aber leider war Kittys angenehme Stimme sehr klar, und beide Lauscher hörten ihre Antwort auf eine Frage von Lawrence.
»Ja, aber gerne mögen heißt nicht lieben. Du bist ein netter Freund, mit dem man vergnügt sein und über die kleinen Marotten meines Onkels lachen kann, und du hast ein paar hübsche Bilder von mir gemalt. Sie sind fast so schön wie die Farbphotos, die Mutti zu Hause von mir gemacht hat, aber...«
»Photos!« Lawrence spuckte dieses Wort fast aus, aber Kitty fuhr unbekümmert fort.
»Aber Spaß allein ein ganzes Leben lang Tag für Tag reicht noch nicht aus, und wir würden nicht mehr zueinander passen, wenn du mein hübsches Gesicht einmal leid bist, und...«
»Was willst du eigentlich sagen? Um Himmelswillen, raus mit der Sprache, Mädchen. Warum bist du mir in der letzten Zeit aus dem Weg gegangen? Es ist doch nicht — es kann doch niemand anderer sein. Sag mir die Wahrheit. Hast du jemand in Schottland?«
»Nein, nicht in Schottland. Und ich mag nicht, wie du mich »Mädchen« nennst. Das ist nicht sehr höflich.«
»Nicht in Schottland. Dann, was zum Teufel…?«
An dieser Stelle überkam die Lauscher verschämte Neugierde. Lee hob den Kopf vom Kopfkissen und hörte zu. Miss Connor hielt auf dem Boden Parsival weiterhin fest die Schnauze zu, aber es bestand kein Zweifel, daß auch sie zuhörte. Ihre Blicke trafen sich fragend. War es möglich... ?«
Kitty war zutiefst beleidigt. »Du brauchst gar nicht zu fluchen. Und warum sollte ich nicht jemand anders mögen. Das Schlimme an dir, Lawrence,
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