Flucht aus dem Harem
Butter.“
„Ach, Serena, der Pascha von Alexandretta ist weit weg. Bis dahin kann alles entschieden sein. Außerdem zweifle ich daran, dass er es überhaupt tun wird.“
Serena blickte Kate verständnislos an. „Der Pascha ist weit weg? Wie kommst du denn darauf? Er ist hier in London, das musst du doch wissen.“
Alle Erschöpfung fiel von Kate ab. „Hier? Das kann nicht sein, er …“
„Er war gestern mit dem Prinz von Wales in der Oper, du musst ihn doch gesehen haben. Ich habe ihn später auf dem Empfang beim Herzog von Langley getroffen.“
Kate starrte die Freundin so ungläubig an, dass Serena zögernd fortfuhr: „Eine Delegation aus Konstantinopel befindet sich zu diplomatischen Gesprächen in London. Ihr Wortführer ist ein gewisser Karim al-Zafar. Es wird gemunkelt, dass er der nächste Wesir des Sultans werden soll. Das ist er doch, oder? Der Name kam mir so exotisch vor, dass ich ihn mir gemerkt habe, als du mir vom Tod seines Bruders erzählt hast.“
Kate brachte noch immer kein Wort über die Lippen. Konnte es wirklich nur ein Zufall sein, dass Karim Pascha hier war? Sollte sie das glauben?
„Ich fand ihn sehr attraktiv“, redete Serena weiter. „Groß, dunkel, Augen wie glühende Kohlen, ein ausgesprochen sinnlicher Mund. Nicht so viel lasches Fleisch wie bei den englischen Männern, wenn du mich fragst. Ich könnte mir vorstellen, dass er überall Feuer hat.“
Bei diesen Worten löste sich Kate aus ihrer Starre. „Ja, er ist attraktiv, und er weiß es auch. Er kennt weder das Wort Nein, noch akzeptiert er es. Ihm ist nichts heilig, nicht einmal die Frauen aus dem Harem seines Bruders.“
Serena riss die Augen auf. „Willst du damit sagen, dass er dich verführt hat?“
Kate verzog angewidert das Gesicht. Bei der Erinnerung stieg Übelkeit in ihr auf. „Wenn du es so nennen willst. Er hat mir Kantharidin verabreicht und mich heimlich in seinem Zimmer eingeschlossen. Als die Wirkung einsetzte, habe ich ihn wie eine läufige Hündin angefleht, mich zu nehmen. Mein Körper lief Amok, ich hatte keine Wahl, obwohl ich jede demütigende Sekunde lang wusste, was ich tat. Und es auch nicht vergessen kann.“
Das war das Schlimmste daran – nicht vergessen können, wie sie in den Armen dieses Mannes gelegen und genossen hatte, was er mit ihr tat, auch wenn ihr seine Berührungen zuwider waren. Ihn zu beschwören, nicht aufzuhören, niemals aufzuhören, sondern immer fester und immer schneller in ihren Körper zu stoßen. Diese Nacht hatte nicht nur ihren Willen gebrochen, sondern auch ihr Selbstvertrauen, und die Angst, ihm irgendwann wieder derart hilflos ausgeliefert zu sein, hatte sich für immer in ihren Verstand gegraben.
„Mein Gott“, murmelte Serena. „Du meinst das Zeug, das man hier als spanische Fliege kennt? In „Delilah’s Castle“ hat man mir Bonbons angeboten, die damit versetzt waren.“
Kate nickte. „Ja. Zumindest habe ich es überlebt. Dieses Glück haben nicht alle, denen die Eunuchen etwas von dem Pulver in ein Getränk oder eine Speise rühren.“
Serena schüttelte sich. „Mein Gott“, wiederholte sie. „Was geschah weiter?“
„Von diesem Moment an ließ er mich nicht mehr in Ruhe. Er stellte mir nach, wann er nur konnte und ließ mich nicht im Ungewissen darüber, dass er unsere … Begegnung zu wiederholen beabsichtigte. Angeblich plante er, mich seinem Bruder abzukaufen, aber Ahmet hat dies abgelehnt. Aus welchen Gründen auch immer. Doch als Karim an die Macht kam, gab es niemanden mehr, der ihn abhalten würde, sich mir zu nähern.“ Sie atmete tief ein. „Deshalb bin ich geflohen. Das war der Hauptgrund. Ich könnte es nicht ertragen, dass er mich ein zweites Mal gefügig macht.“
Serena dachte nach. „Du meinst, dieser Karim ist wegen dir hier?“, fragte sie skeptisch.
„Ich weiß es nicht. Aber es erscheint mir seltsam, dass er ausgerechnet jetzt hier auftaucht. Er wusste, dass ich Engländerin bin, und an dem Tag, an dem ich verschwand, werden nicht unendlich viele Schiffe aus Alexandretta ausgelaufen sein. Er hat einfach zwei und zwei zusammengezählt. Wie lange ist er denn schon in London?“, fragte sie dann.
„Ein paar Tage höchstens. Der erste offizielle Auftritt war der Opernbesuch mit dem Prinzen von Wales.“
Kate überlegte fieberhaft. Wenn Karim ihr tatsächlich gefolgt war – und sich deshalb in die Delegation gemischt hatte –, wäre er längst bei ihr aufgetaucht, um seine Rechte geltend zu machen. Oder wollte er sie in
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