Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flucht aus Oxford

Titel: Flucht aus Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
Vom Netzwerk:
daran, dass sie viel mehr Angst vor dir haben, als du vor ihnen, wenn sie uns erwischen.« Aber auch der Rabe hielt einen Augenblick in seinen Bewegungen inne. Sie lauschten beide.
    Wer auch immer da die Treppe heraufkam, versuchte, ebenso leise zu sein, wie sie es gewesen waren. Sie hörten, wie eine Diele leise knarrte und dann die leisen Schritte von jemandem, der auf Zehenspitzen über den Läufer schlich. Die Schritte hielten vor der Schlafzimmertür inne. Als die Tür sehr vorsichtig aufgestoßen wurde, streifte ein flüchtiger Dämmerschein über den Boden.
    »Wer ist da? Was wollen Sie?«, fragte eine Stimme.
    »Wer zum Teufel sind Sie?«, fragte der Rabe.
    In diesem Augenblick wurde unten eine Tür geöffnet. Die sich nähernden Stimmen und Schritte waren alles andere als leise.

7
    Am folgenden Morgen stellte Kate fest, dass sie sich zwingen musste, das Cottage zu verlassen und in Roz’ Auto zu steigen. Crossways war ihr zur Zuflucht geworden, zu einer Art Heiligtum. Wer wusste schon, was ihr passieren würde, wenn sie es verließ. Roz redete ununterbrochen auf sie ein, als ob sie ihr Zögern spürte und verhindern wollte, dass sie vor dem Ausflug nach Oxford kniff.
    »Warum heißt das Haus eigentlich Crossways?«, fragte sie. »Es gibt doch nur eine einzige Straße im Dorf. Die einzige Kreuzung ist die Abzweigung zur Gatts Farm.«
    Sie warteten, bis ein gelber Lieferwagen vorübergefahren war, und überquerten die Straße, um zu Roz’ Auto zu gelangen.
    »Wahrscheinlich gab es früher einmal einen Viehweg, der an unserem Tor entlangführte«, sagte Kate unbestimmt. »Bist du sicher, dass du wirklich die ganze Strecke bis nach Oxford fahren willst?«
    »Die zwölf Kilometer? Ich denke, die schaffe ich noch«, erklärte Roz. »Nun mach schon, Kate. Ich weiß, dass du dein Schlupfloch nicht verlassen willst, aber du hast einen Termin beim Friseur.«
    Vermutlich weiß sie, was ich empfinde, dachte Kate. Es ist ein wenig wie am ersten Schultag, als sie mich zur Schule brachte und mich dann den ganzen Tag allein ließ. Ich hatte entsetzliche Angst, und ich nehme an, sie war auch nervös.
    Als sie jedoch Oxford erreicht und den Wagen in einem sündhaft teuren Parkhaus abgestellt hatten, wurde Kate derart von den vielen Aktivitäten überrumpelt, die ihre Mutter geplant hatte, dass ihr gar keine Zeit mehr für Nervosität blieb. Kaum hatte sie ihren Friseurtermin absolviert, als ihre Mutter sie auch schon in ein Café schleppte.
    »Mit der neuen Frisur ist es mir wenigstens nicht mehr peinlich, mich in der Öffentlichkeit mit dir sehen zu lassen.«
    »Wenn du weiter so hässliche Dinge zu mir sagst, brauche ich zum Trost ein riesiges Stück Kuchen mit viel Zuckerguss.«
    »Warme Mandelcroissants«, entschied Roz. Zufrieden kauend saßen sie da und ließen die Welt hinter dem Fenster an sich vorüberziehen.
    »Mein Gott, welche Menschenmassen«, stöhnte Kate. »So viele Leute habe ich in den ganzen drei Wochen nicht gesehen, die ich jetzt schon in Gatt’s Hill bin.«
    »Das tut dir gut und bringt dich ein bisschen auf Trab«, erklärte Roz ermutigend.
    »Ich glaube, du hast recht«, gab Kate zu. »Ich habe schon jetzt das Gefühl, wieder mehr ich selbst zu sein. Möchtest du noch ein Mandelcroissant, oder sollen wir diese Dinger mit den Aprikosen versuchen?«
    »Gute Idee, das machen wir. Wir brauchen nämlich jede Menge Energie, um die nächste Etappe dieses Vormittags durchzustehen.« Nachdem sie aufgegessen hatten, zerrte Roz sie durch die Menge von Geschäft zu Geschäft. Kate hatte keine Chance, Trübsal zu blasen oder sich an Stellen zu erinnern, die sie früher – was nie wieder geschehen würde – mit Andrew besucht hatte.
    »Ich hatte ganz vergessen, wie sehr ich diesen Dieselqualm hasse«, stellte Roz fest, quetschte sich durch eine Gruppe Touristen, wich zwei Bettlern aus und zog Kate in die nächste Boutique. Zehn Minuten später verließen sie den Laden mit einer blauen Plastiktüte, die eine knallrote Bluse enthielt.
    »Das ist überhaupt nicht meine Farbe«, protestierte Kate.
    »Schwarz erst recht nicht«, konterte Roz und marschierte über die Fußgängerampel in den Covered Market. »Hier drin stinkt es wenigstens nicht nach Diesel«, stellte sie befriedigt fest und suchte einen grün und türkis gemusterten Pullover für ihre Tochter aus.
    »Zu knallig«, murmelte Kate.
    »Und dann nehmen wir noch diese Ohrringe da«, sagte Roz. »Nein, die größten, die Sie haben. Ja, die sind

Weitere Kostenlose Bücher