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Forschungen eines Hundes

Forschungen eines Hundes

Titel: Forschungen eines Hundes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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können, die zu sehen mir oft mit Entzücken, übertriebe-
    nem Entzücken allerdings, vergönnt war, und hätte ich denn, wenn
    es sich mit mir nicht so verhielte, nicht viel mehr erreichen müssen.
    Und daß ich den Drang zu schweigen habe, bedarf leider keines
    besonderen Beweises. Ich bin also grundsätzlich nicht anders als
    jeder andere Hund, darum wird mich trotz allen Meinungsverschie-
    denheiten und Abneigungen im Grunde jeder anerkennen und ich
    werde es mit jedem Hund nicht anders tun. Nur die Mischung der
    Elemente ist verschieden, ein persönlich sehr großer, volklich be-
    deutungsloser Unterschied. Und nun sollte die Mischung dieser
    immer vorhandenen Elemente innerhalb der Vergangenheit und
    Gegenwart niemals ähnlich der meinen ausgefallen sein und, wenn
    man meine Mischung unglücklich nennen will, nicht auch noch
    viel unglücklicher? Das wäre gegen alle übrige Erfahrung. In den
    wunderbarsten Berufen sind wir Hunde beschäftigt. Berufe, an die
    man gar nicht glauben würde, wenn man nicht die vertrauenswür-
    digsten Nachrichten darüber hätte. Ich denke hier am liebsten an
    das Beispiel der Lufthunde. Als ich zum erstenmal von einem hör-
    te, lachte ich, ließ es mir auf keine Weise einreden. Wie? Es sollte
    einen Hund von allerkleinster Art geben, nicht viel größer als mein
    Kopf, auch im hohen Alter nicht größer, und dieser Hund, natür-
    lich schwächlich, dem Anschein nach ein künstliches, unreifes,
    übersorgfältig frisiertes Gebilde, unfähig, einen ehrlichen Sprung
    zu tun, dieser Hund sollte, wie man erzählte, meistens hoch in der
    Luft sich fortbewegen, dabei aber keine sichtbare Arbeit machen,
    sondern ruhen. Nein, solche Dinge mir einreden wollen, das hieß
    doch die Unbefangenheit eines jungen Hundes gar zu sehr ausnüt-
    zen, glaubte ich. Aber kurz darauf hörte ich von anderer Seite von
    einem anderen Lufthund erzählen. Hatte man sich vereinigt, mich
    zum besten zu halten? Dann aber sah ich die Musikerhunde, und
    von der Zeit an hielt ich es für möglich, kein Vorurteil beschränkte
    meine Fassungskraft, den unsinnigsten Gerüchten ging ich nach,
    verfolgte sie, soweit ich konnte, das Unsinnigste erschien mir in
    diesem unsinnigen Leben wahrscheinlicher als das Sinnvolle und
    für meine Forschung besonders ergiebig. So auch die Lufthunde.
    Ich erfuhr vielerlei über sie, es gelang mir zwar bis heute nicht, ei-
    nen zu sehen, aber von ihrem Dasein bin ich schon längst fest
    überzeugt und in meinem Weltbild haben sie ihren wichtigen Platz.
    Wie meistens so auch hier ist es natürlich nicht die Kunst, die mich
    vor allem nachdenklich macht. Es ist wunderbar, wer kann das
    leugnen, daß diese Hunde in der Luft zu schweben imstande sind,
    im Staunen darüber bin ich mit der Hundeschaft einig. Aber viel
    wunderbarer ist für mein Gefühl die Unsinnigkeit, die schweigen-
    de Unsinnigkeit dieser Existenzen. Im allgemeinen wird sie gar
    nicht begründet, sie schweben in der Luft, und dabei bleibt es, das
    Leben geht weiter seinen Gang, hie und da spricht man von Kunst
    und Künstlern, das ist alles. Aber warum, grundgütige Hunde-
    schaft, warum nur schweben die Hunde? Welchen Sinn hat ihr
    Beruf? Warum ist kein Wort der Erklärung von ihnen zu bekom-
    men? Warum schweben sie dort oben, lassen die Beine, den Stolz
    des Hundes verkümmern, sind getrennt von der nährenden Erde,
    säen nicht und ernten doch, werden angeblich sogar auf Kosten der
    Hundeschaft besonders gut genährt. Ich kann mir schmeicheln,
    daß ich durch meine Fragen in diese Dinge doch ein wenig
    Bewegung gebracht habe. Man beginnt zu begründen, eine Art
    Begründung zusammenzuhaspeln, man beginnt, und wird aller-
    dings auch über diesen Beginn nicht hinausgehen. Aber etwas ist
    es doch. Und es zeigt sich dabei zwar nicht die Wahrheit – niemals
    wird man soweit kommen –, aber doch etwas von der tiefen
    Verwirrung der Lüge. Alle unsinnigen Erscheinungen unseres
    Lebens und die unsinnigsten ganz besonders lassen sich nämlich
    begründen. Nicht vollständig natürlich – das ist der teuflische
    Witz –, aber um sich gegen peinliche Fragen zu schützen, reicht es
    hin. Die Lufthunde wieder als Beispiel genommen: sie sind nicht
    hochmütig, wie man zunächst glauben könnte, sie sind vielmehr
    der Mithunde besonders bedürftig, versucht man sich in ihre Lage
    zu versetzen, versteht man es. Sie müssen ja, wenn sie es schon
    nicht offen tun können – das wäre Verletzung der Schweigepflicht – ,
    so

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