Franzen, Jonathan
die
Privatschul-Jungs in seinem Wohnheim und die Verbindungsbrüder, die ihn unter
Druck setzten, gern eine MILF nannten (ein Akronym, das nach Joeys Ansicht wegen der Auslassung des T für «to» leicht schwachsinnig
klang). Obwohl er im Allgemeinen über einen sehr gesunden Schlaf verfügte,
hatte es während seiner Zeit bei den Monaghans gelegentlich Nächte gegeben, da
er in Connies Bett mit merkwürdigen angstvollen
Vorahnungen seiner selbst aufgewacht war, in deren Verlauf er zum Beispiel
unwissentlich und voller Entsetzen ins Bett seiner Schwester stieg oder Blake
versehentlich mit dessen Druckluftnagler einen Nagel in die Stirn jagte oder,
das war das Seltsamste, als aufragender Kran auf einer bedeutenden Werft an den
Großen Seen mit seinem horizontalen Glied schwere Container vom Deck eines
Mutterschiffs schwenkte und sanft auf einem kleineren, flacheren Schubleichter
absetzte. Diese Traumbilder folgten häufig Momenten eines unstatthaften
Verbundenseins mit Carol - ein kurzer Blick auf ihren nackten Hintern durch die
fast geschlossene Tür zu ihrem und Blakes Schlafzimmer, das verständnissinnige
Zwinkern, das sie Joey bei einem Rülpser Blakes am Esstisch zuwarf, die
ausführliche und explizite Begründung, die sie ihm (untermalt von anschaulichen
Geschichten aus ihrer eigenen unbekümmerten Jugend) dafür gab, dass sie Connie
die Pille nehmen ließ. Da Connie grundsätzlich außerstande war, über Joey
verstimmt zu sein, oblag es ihrer Mutter, ihre Verärgerungen zu registrieren.
Carol war Connies redseliges
Organ, ihre unverblümte Anwältin, und manchmal, an Wochenendabenden, an denen
Blake mit seinen Kumpeln unterwegs war, hatte Joey das Gefühl gehabt, den
Mittelpart bei einem virtuellen Dreier abzugeben, wenn nämlich Carols Mund all das herausschnatterte, was Connie nicht sagen wollte, und
Connie mit Joey dann schweigend all das machte, was Carol nicht machen konnte,
und Joey in den frühen Morgenstunden hochschreckte in dem Bewusstsein, in etwas
gefangen zu sein, was nicht ganz richtig war. Mom
I'd Like Fuck. «Und was soll ich
jetzt tun?», sagte er.
«Also,
erst mal möchte ich, dass du ein verantwortungsvollerer Freund bist.»
«Ich bin
aber nicht ihr Freund. Wir nehmen eine Auszeit.»
«Wie. Was
heißt das?»
«Das heißt,
dass wir mit Getrenntsein experimentieren.»
«Da hat
Connie mir aber was anderes gesagt. Connie sagt, du willst, dass sie studiert,
damit sie sich Verwaltungskenntnisse aneignet und bei dem, was du mal machst,
deine Assistentin sein kann.»
«Sieh
mal», sagte Joey. «Carol. Als ich das sagte, war ich zugedröhnt. Ich habe
versehentlich was Falsches gesagt, als ich von dem unglaublich starken Gras,
das Connie kauft, zugedröhnt war.»
«Glaubst
du, ich weiß nicht, dass sie kifft? Glaubst du, Blake und ich haben keine Nase?
Du erzählst mir da nichts Neues. Indem du versuchst, sie zu verpfeifen, beweist
du nur, dass du ein schlechter Freund bist.»
«Ich
wollte nur klarstellen, dass ich was Falsches gesagt habe. Und ich hatte nicht
die Möglichkeit, mich zu korrigieren, weil wir vereinbart haben, eine Weile
nicht miteinander zu sprechen.»
«Und wer
trägt dafür die Verantwortung? Du weißt, dass du für sie wie ein Gott bist.
Buchstäblich wie ein Gott, Joey. Sag ihr, sie soll die Luft anhalten, und sie
hält die Luft an, bis sie ohnmächtig wird. Sag ihr, sie soll sich in eine Ecke
setzen, und sie setzt sich in eine Ecke, bis sie vor Hunger umkippt.»
«Tja, und
wessen Schuld ist das?», sagte Joey.
«Deine.»
«Nein,
Carol. Es ist deine Schuld. Du bist die Mutter. Du bist diejenige, in deren
Haus sie lebt. Ich bin nur dazugekommen.»
«Ja, und
jetzt gehst du deinen eigenen Weg, ohne dich verantwortlich zu zeigen. Nachdem
du praktisch mit ihr verheiratet warst. Und Teil unserer Familie.»
«Stopp,
stopp. Carol. Ich bin hier im ersten Jahr am College. Weißt du, was das
bedeutet? Ich meine, ist es nicht seltsam, dass wir dieses Gespräch überhaupt
führen?»
«Ich weiß,
was es bedeutet, dass ich, als ich ein Jahr älter war als du jetzt, eine kleine
Tochter hatte und mich ganz allein durchschlagen musste.»
«Und wie
stehst du jetzt da?»
«Eigentlich
gar nicht so schlecht. Ich wollte es dir noch nicht sagen, weil es noch sehr
früh ist, aber wo du schon fragst: Blake und ich kriegen ein Baby. Unsere
kleine Familie ist dabei, ein bisschen größer zu werden.»
Joey
brauchte einen Augenblick, um zu kapieren, dass sie ihm gerade gesagt hatte,
dass sie
Weitere Kostenlose Bücher